Teil III Kapitel 26 Zu Besuch bei Pater Giovanni Scalese

Dienstag, 10. April nach 18 Uhr

Shool in a Box

Vor dem Abendessen saß Hanes im Park auf seinem Lieblingsplatz zwischen den Buchsbaumhecken und Weiden. Auf seiner linken Seite war der große Springbrunnen 10 Meter von ihm entfernt. Die beiden Grills von Oliver sah er 15 Meter weiter auf seiner rechten Seite vor einer langen Buchsbaumhecke stehen. Diese Grills brachte schon so einiges an guten Gesprächen und angenehmen Unterhaltungen.

Eliza kam zu ihm und setzte sich an den weißen rechteckigen Tisch dazu „Ich hatte vorhin dein Gespräch mit dem Pater mitgehört. Ich bin katholisch. Wenn du zu dieser Kirche fährst, dürfte ich mitfahren?“ Er sah einen flehenden Blick in ihren braunen Augen. „Natürlich kannst du mitfahren. Es ist dein Recht auch mal frei zu machen. Lass uns morgen fahren. Ab Donnerstag bin ich wieder für ein paar Tage weg.“ „Ich habe schon mitbekommen, was du neben diesem Wahnsinnsjob noch alles tust. Solche Menschen gibt es selten. Dürfte ich dir eine persönliche Frage stellen?“ „Natürlich.“ „Danke. Wie gehst du mit all diesem um? Ich meine, du trägst eine Waffe, kannst Männer tot schlagen und Menschen erschießen. Dann baust du für Kinder eine Zukunft auf. Diese zwei Dinge sind so konträr, wie sie es kaum sein können.“
Hannes verzog den Mund „Dann hast du auch die drei Blätter gelesen – ging ja sehr schnell rund im Haus. Ich wollte diesen Job nie. Nun mache ich ihn schon seit einigen Jahren. All dieses Kämpfen, der Terror und Tod hat in mir vieles sterben lassen. Trotzdem war in all den Jahren der Keim von meinem Traum in meinem Herzen. Ich hatte immer mal wieder kleiner Projekte in West- oder Zentralafrika für Kinder gemacht. Ich entwickelte sogar ein Schulkonzept, welches UNICEF mittlerweile in fast allen Länder an der Armutsgrenze einsetzt. Es ist ein ganz simples Projekt, welches aber den Lehrern und Schüler keine großen Kosten entstehen lässt. Quasi Bildung für wenig Geld in einer Box. UNICEF nanne dieses Projekt: Scho…“ „School in a Box?“ Fiel ihm Eliza ins Wort. Hannes nickte langsam. „Unglaublich! Für dieses Projekt spende ich jedes Jahr Geld. Das ist wirklich deine Idee?“ „Eigentlich die von meiner verstorbenen Frau und mir. Wir waren Anfang der 90er Jahre in Kambodscha, in einer Provinz nahe der Grenze zu Vietnam. Armut, Hunger und Tod erlebten wir dort fast täglich. Mangelernährung, Unterernährung und auch andere Krankheiten Die Menschen hatten kein Geld und andere Sorgen. Plötzlich tauchten zwei junge Weltverbesserer auf und wollten deren Kinder Bildung beibringen. Wie? Ohne Hefte, ohne Bücher und ohne Bleistifte? Wir kauften schon genügend Hefte und Stifte von unserem eigenen Geld. UNICEF war in vielem sehr unflexibel oder dauert zu lange. Patricia kam die Idee, Tafeln zu benutzen – Tafeln, wie wir sie früher in jedem Kinderzimmer hatten. Mit einem Mitarbeiter aus unserem Team schnitten wir Holztafeln zu und lackierten diese mit schwarzer Farbe. Kreide gibt es auf der ganzen Welt. So fing alles an. “School in a Box“ passte bei meiner Frau in den Geländewagen. Bücher für Kinder hatten wir bergeweise in Phnom Penh oder in Svay Rieng gekauft. So konnten die Kinder mit einfachsten Mittel wenigsten das Alphabet und Zahlen lernen, oder auch kleinere Texte schreiben und auch lesen.“

Eliza stand der Mund offen „Da sitzt ein Mann mir gegenüber, für den dies alles selbstverständlich ist. In all den Jahren, wo ich dieses Projekt unterstütze, habe ich nie deinen Namen gelesen.“ „Naja, was soll ich
sagen? Ich hatte in den 90er auch für UNICEF gearbeitet und so wurde unsere Idee dann von UNICEF aufgegriffen. Bei einer solchen Idee muss nicht zwangsläufig der Name des Ideengebers gegannt werden. Hattie Walker ist deine und meine Chefin und nebenbei eine sehr gute Freundin von mir. Wir kennen uns seit Januar 1990. Sie hatte damals ein halbes Jahr früher bei UNICEF angefangen und war in Phnom Penh im Büro. Auch ihr ist diese Idee bekannt. Sie hatte von den ersten Prototypen Fotos in einem Militärzelt in Kampang Rou gemacht. Du kannst mir dies ruhig glauben. Als diese Idee entstand, hatte meine Kuh Sangkhum ihren Kopf auf meinen Oberschenkel liegen.“ „Hannes, ich glaube dir. Ich bekomme schon mit, was du für Kinder tust und wie du dich engagierst. Ein Flugzeug und gepanzerte Autos setzt du für die Zukunft von Kindern ein. Da müssen andere Menschen erst einmal hinkommen.“ „Naja, ich habe das große Glück, dass Direktor Evans mich machen lässt, was ich will.“ „Stimmt. Dies habe ich in der Ausbildung in Fort Lee auch mitbekommen. Direktor Evans hält sehr viel von dir und du bist wirklich ein Ritter der Humanitären Hilfe.“ „Wie kommst du jetzt darauf?“ „Nila hatte uns vor zwei Wochen die Geschichte von Istanbul erzählt. Eine Videokonferenz mit einer Kronprinzessin, erlebt man auch nicht alle Tage.“ „Stimmt. War auch für mich eine völlig neue Erfahrung. Glaub mir, mir schlug das Herz bis zum Hals.“ „Was du am Tag unserer Ankunft sagtest stimmt wirklich, wir können stolz sein in diesem Team zu arbeiten und ich bin stolz dich zu kennen. Ich werde auch dein anderes Projekt unterstützen, dies ist für mich Ehrensache.“ „Dankeschön. Das bin ich nicht alleine. Viele stehen für dieses Projekt.“ „Ich habe etwas anderes gehört. Du bist dieses Projekt – nur du.“ „Okay. Dies ist die Meinung von Nila. Komm, lass uns essen gehen.“

Die Küche im Hotel war sehr international ausgerichtet, denn nicht alle Gäste mochten die afghanische Küche oder waren einfach zu engstirnig für etwas neues.
Hannes wollte an diesem Abend Ashak, afghanische Lauch-Tortellini, essen. Er mochte diese Durcheinander von der persischen, indischen sowie der osmanischen Küche. Eliza wollte auch Ashak probieren.

Mercan, eine der sieben Köchinnen im Hotel lächelte immer, wenn er zu ihr kam. Sie wusste schon, dass sie ihm eine größere Portion auf den Teller legen konnte.
Mit Eliza setzte er sich an eine Tischgruppe an der Wand von dem großen Speisesaal. Er mochte die Mitte nie. Ob dies mit seinem Beruf zusammen hing oder einfach nur eine Macke war, konnte er nicht sagen.

Heelan, die Tocher von Sahill dem Hausmeister, brachte eine große Kanne Tee an den Tisch. Mittlerweile war es im Hotel bekannt, dass Hannes in diesem Tee baden könnte. Ein Glas Tee? Lächerlich! Ein so großes Glas gab es gar nicht. Obwohl – die Kaffeetasse von Roger wäre eine Option.

Dokumentationen für einen Wettbewerb

Alessia kam mit Giannina und ihrem Tonmannn Fiorenzo in den Speisesaal und Hannes winkte ihnen zu. Eine große Runde am Tisch, war immer für Gespräche gut. Er stelle ihnen seine Kollegin Eliza Novak vor. Nun wurde die Unterhaltung auf englisch weiter geführt.
„Ich soll dir einen Gruß von Gregory Flinn sagen“ sagte Alessia als sie sich an den Tisch setzte. Mit großen Augen sah Hannes Alessia an „Danke“ sagte er nach einer Weile.
„Es ist schön dir beim denken zuzuschauen. Heute Mittag hast du von Gregory und seinen Reportagen gesprochen. Nun, ich bin Journalistin. Und so viele Journalisten, die Gregory Flinn heißen wird es in Australien wohl nicht geben – gibt es auch nicht. Nach unserem Billardspiel hatten wir im Internet nach ihm recherchier und auch was er für Reportagen und Dokumentationen gemacht hat – sehr beeindruckend! Ich schreib ihm eine Mail und als er kurz darauf geantwortet hatte, rief ich ihn an. Gregory schwärmt von dir in den allerhöchsten Tönen.“ „Schön, es freut mich, wenn er so über mich spricht. Ich mag ihn auch sehr. Sein Team war sehr pflegeleicht, alles passte in dieser einen Woche zusammen. Es waren und sind sehr nette und angenehme Menschen. John und Melvin hatten sogar Sabine, unsere Psychologin, rekrutiert um einige der Dokumentationen zu synchronisieren.“ „Ja, auch dies weiß ich. Das Interview mit einem Bodyguard bei der älteren Frau und ein Interview von dem Frauenhaus hätte er für einen Wettbewerb eines Renommierten Journallistenpreises in den USA eingereicht.“ Hannes fiel die Kinnlade herunter, bei dem was er von Alessia hörte.
„Nein! Um Gottes Willen. Nein! Nicht das Frauenhaus! Die Mädchen und Frauen sind unter Lebensgefahr dorthin geflohen. Entschuldigt mich bitte, ich muss Gregory anrufen. Das darf er nicht tun!“
Alessia hielt ihm am Arm fest „Jetzt komm! Setzt dich wieder hin und komm auf die Erde zurück!“ 
Hannes sah mit entsetztem Blick Alessia an „Frauenrechte sind nicht in jedem Land dieser Welt willkommen – deine Worte!“ „Ja, ja. Hannes, meine Worte. Dieser Preis wird in den USA verliehen. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass in einem Bergdorf in Afghanistan jemand ABC, CBS, CNN oder FOX schaut. Gregory ist wahrlich Profi genug um nicht die Identität von dem Mädchen oder den Ort zu nennen – selbst mir hat er nichts gesagt! Gregory hat einen unglaublichen Respekt vor dir.“ „Meine Güte! Alessia! Ich bringe übermorgen die Kinder an einen anderen Ort, einige Frauen werden hier im Hotel medizinisch versorgt. Das geht nicht. Das kann er nicht tun! Wenn jemand diese Mädchen erkennt, brennt hier dir Luft!“


Eliza sah Hannes an und hielt seinen Arm fest „Ich muss Alessia recht geben. Dieser Preis wird – wenn Gregory ihn bekommen sollte, weit entfernt verliehen.“
Hannes schüttelte den Kopf „Ich habe die Verantwortung für 32 misshandelte Kinder und Frauen. Dies ist kein Kinderkarussell! In 40 Stunden könnt ihr Misshandlungen, Verbrennungen, Spuren von Folter mit eigenen Augen sehen! Dafür braucht man keinen Preis zu bekommen!“
Hannes drehte sich um und ging im schnellen Schritt aus dem Raum.

In seinem Zimmer rief er Gregory an. Ihm war es egal, ob es bei Gregory Mitten in der Nacht war. Lange hörte er das tuten der Leitung. Jemand nahm den Hörer ab. „Gregory? Hannes hier. Tut mir leid, dass ich dich aus dem Bett hole, mir wurde eben von einer Frau Alessia Esposito gesagt, dass du das Interview von Ellaha bei einem Wettbewerb eingereicht hast oder wirst. Das kannst du nicht machen!“ „Hal…“ „Gregory, du weißt am aller besten wie gefährlich dies alles ist.“ „Han…“ „Bitte mach das nicht. Bitte!“
Ruhe in der Leitung. Hatte er überhaupt die richtige Nummer gewählt?
„Hallo…?“ „Ja, ich bin da. Hallo Hannes. Du gabst mir noch nicht einmal die Chance um zu antworten. Ich dachte mir, lass ich dich dann mal ausreden. Scheinst ja nun fertig zu sein.“ „Guten Morgen Gregory.“ „Guten Abend Hannes. Ich bewundere dich in deiner ganzen Art. Deinem Denken für die Menschlichkeit. Dies weißt du auch! Ich werde diese zwei Interviews in einer Sparte einreichen, die im Grunde nicht der Rede wert ist. Trotzdem möchte ich, wie auch du, diese Welt verändern und verbessern. Ich bekomme in Australien schon mit, was ihr so tut. Die Webseite spricht für sich. Was meinst du was hier los war, als ich diese Filme zeigte. Ich denke mich erinnern zu können, dass dich der Manager von Miranda Kerr angerufen hat. Wo blieb da dein Anruf mit diesem großen Entsetzten?“
Es entstand eine längere Pause und Hannes war am denken.
„Hannes, bist du noch da?“ „Ja, ich bin noch da.“ „Ich bin mit ein paar Freunden am organisieren, wie wir die Spenden zu dir nach Afghanistan bringen können.“ „Spenden? Zu mir?“ „Ja. Spenden. Geld und Unmengen an Kleider und Spielsachen.“ „Tut mir leid.“ „Ich verstehe all deine Sorgen und Ängste wahrscheinlich besser als jeder andere Mensch auf dieser Welt. Du hast uns unbeschadet aus Khost nach Kabul geschafft. Ich kenne dich und deine einstellung zu Menschen sehr gut. Wenn ich überhaupt Nominiert werde und diese Doku es zu einem der drei Plätze schafft, werde ich dieses Geld ohne zu zögern spenden. Ich wollte dich überraschen. Nie kompromittieren. Dafür achte ich dich viel zu sehr. Nun weißt du es eben schon früher. Ich werde auch wieder zu dir nach Kabul kommen.“

Es klopfte an seiner Tür.
„Gregory, Moment bitte.“ 
Alessia stand vor der Tür. „Komm herein. Ich bin noch am Telefon. Gregory, sag mir dein Problem. Ich werde eine Lösung finden.“ „Wir haben Spielsachen von Firmen bekommen, Kleider von Modehäuser, einen Berg an Schreibwaren. Drei Garagen beim Sender sind voll damit. Auch habe ich einen ordentlicher Geldbetrag von fast 100.000 Australischen Dollar bekommen. Ich habe die Webseite von „Help for Gardez“ gesehen – sehr ansprechend. Ist diese Samira Ansary die, bei der wir geschlafen haben?“ „Ja, sie ist neu im Team. Ein Anwältin mit Biss. Diese Frau lässt nichts anbrennen.“ „Gib mir bitte ihre Telefonnummer“ „Moment.“ 
Hannes gab ihm die Nummer von Samiras Handy, wie auch ihre private E-Mail Adresse.
„Gregory?“ „Ja.“ „Danke. Danke für alles. Tut mir leid, dass ich vorhin so reagiert habe.“ „Du bist menschlich. Da reagiert man so. Nun weißt du, dass auch ich dich unterstütze.“ „Danke, mein Freund. Gute Nacht.“

Alessia sah ihn an „Na? Wieder auf der Erde angekommen?“ „Scusa per l’inconveniente.” „Welche Unannehmlichkeiten?  Das du aus dem Speisesaal gestürmt bist? Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie du dich fühlst. Mir ist die Situation von Kinderehen nicht fremd. Du hast mich vorhin gar nicht aussprechen lassen. Gregory hat im Journalismus einen guten Namen. Was ich von dem Gespräch noch mitbekommen habe, hast du Menschen mit einer unglaublichen Macht an deiner Seite. Da hatte ich als 17-jährige doch von dem richtigen Mann geträumt.” „Lass uns Billard spielen.”

Hannes baute das Spiel in dem Meeting Point vor seinem Zimmer auf und Alessia begann die Partie. Nach einigen Minuten fragte sie ihn „Du willst morgen in eine katholisch Kirche fahren?“ „Ja, in Kabul gibt es eine Kirche auf dem Geländer der italienischen Botschaft. Sind etwa 13 Kilometer von hier entfernt. Ich bin noch nicht einmal katholisch oder ein Kirchgänger, trotzdem brauche ich hin und wieder den Kontakt zu Gott.“ Alessia legte den Queue auf den Tisch „Das musst du mir mal erklären.“ „Okay, dann setzen wir uns.“

Auf der organgenen Rundcouch an diesem Meeting Point erzählte Hannes ihr von seiner Faszination von Kirchen oder Mittelalterlichen Gebäude.
„Willst du ein Bier trinken?“ Alessia sah in irritiert an „Ein Bier? Hier in Afghanistan?“ „Ja. Genau hier in Afghanistan.“ „Gerne“

Hannes ging die paar Meter in sein Zimmer und kam mit zwei Dosen Budweiser Beer zurück.
„Ist zwar kein Moretti oder Peroni und auch nicht gerade die Krönung der Braukunst – aber besser als nichts.“ „Du bist schon eine Marke“ lachte Alessia.

Hannes erzählte ihr von seinen Gesprächen mit Gott in der Basílica i Temple Expiatori de la Sagrada Família, in Barcelona oder in Santiago de Compostela. Er erzählte ihr von Kambodscha, was er am Mittag noch nicht gesagt hatte. In welchem Umfang ihr Traumprinz dort Ortschaften – ja sogar ganze Landschaften verändert hatte und welches Elend er sah.

„Welches Bild hast du nun von mir? Sind deine Träume geplatzt wie ein Luftballon?“ Alessia sah ihm tief in die Augen „Im Gegenteil! Ich konnte nur das Träumen, was mir bekannt war, oder das was ich dachte. All diese Erzählungen von meinem Vater über dich, sind nicht im Ansatz das, was du bist! Durch seine Erzählungen von den fernen Länder und Kulturen, hatte ich angefangen Journalismus zu studieren. Ich bin heute immer noch so neugierig auf Länder und Kulturen wie mit 17 Jahren. Leider sind Nachrichten über Krieg, Bomben und Tod es, was die Leute interessiert – oder auch nicht. Das Gespräch mit Gregory war sehr angenehm. Dieser Mann hat mir in zwei Stunden so viel über dich erzählt, dass es für mich mehr als eine Ehre ist, hier bei dir mit einer Dose Bier zu sitzen. Ich würde heute mit dir gerne zur Kirche fahren.“ „Sehr gerne, ich kann nicht so viel italienisch. Pater Scalese sagte nur, dass es eine internationale Gemeinde sei. In welcher Sprache er die Messe hält, sagte er mir nicht.“ „Wie komme ich nach Gardez? Ich würde gerne dort weiter machen, wo Gregory aufhörte.“ „Gute Frage. Ich fahre am Donnerstag dort hin. Ich nehme die Direktorin mit zu diesem Frauenhaus und wir schaffen die Kinder nach Gardez. Wenn du und dein Team bei mir mitfahrt, kann ich keine Kinder mitnehmen.“ „Verstehe ich.“ „In dem Frauenhaus wird es nichts mehr zu filmen geben, denn dies wir in 36 Stunden Geschichte sein. Im Übrigen hatte Stacey und Gregory dort genügend gefilm.“
„Wer ist diese Stacey?“

Hannes erzählte Alessia das Leben und die Arbeit von Stacey Peters.
„Bevor du nun das schlaue Internet fragst, kann ich dir sagen, dass Stacey einen Pulitzer-Preis bekommen hat.“ „Woher weißt du dies alles über sie?“ „Naja, Stacey und ihr Mann Chris sind seit 14 Jahren meine Freunde.“ „Okay. Dies erklärt einiges. Wie kommen wir nun nach Gardez?“ „Am einfachsten buche ich dir einen unserer Busse und ein halbes Team – also drei Personen.“ „Mach dies bitte.“

Hannes schaltete den PC in diesem Meeting Point an, loggte sich ein und buchte für Donnerstag ein Bus mit drei Personenschützer.
„Das spanische Team ist gut. Liegt nun an dir ob du drei Männer oder drei Frauen als Personenschützer möchtest.“ „Dies ist mir egal. Ich war in vielen Länder ohne Personenschutz. Ich war oft viel zu leichtsinnig!“ „Ja, hinterher sieht man vieles mit anderen Augen. Ich schreibe der Teamleiterin, Sofia Gonzales, dass sie dies Entscheiden kann. Ist das okay für dich?“ „Ja, du bist der Chef.“ Er nickte.

 
Mittwoch 11. April. 9.15 Uhr
Zu Besuch bei Pater Giovanni Scalese

Nach dem Frühstück kamen Alessia, Fiorenzo und Giannina in sein Büro. Von der vielen Technik an den zwei Wänden und den unglaublich vielen Monitoren, Telefone und sonstigen elektronischen Dingen auf den Tischen, waren die drei italiener fasziniert.
„So sieht es bei uns in der Redaktion nicht aus.“ „Kann ich mir vorstellen. Eure Redaktion wird auch keinen Zugang zu militärischen Satelliten oder Geheimdiensten haben. Komm, lasst uns fahren.“

Hannes meldete die Gruppe bei sich in der Abteilung und an der Rezeption ab.
Die fünf gingen durch den Park zur Werkstatt. Natürlich war dieses Gebäude auch ein Gesprächsthema. Hannes erklärte, dass er dieses Gebäude entworfen hatte, wie auch den Burgfried über der Tankstelle.

Alessia stieg vorne bei ihm im Auto ein und schaute sich nochmals die Werkstatt und die Tankstelle an, als er von dem Betonplatz der Werkstatt auf den Weg der Umfahrt fuhr.
„Der Traumprinz baute ein Schloss. Hannes, ich habe vor 14 Jahren schon die richtigen Träume gehabt. Ich hatte heute Früh mein Vater angerufen und ihm von dir erzählt. Er konnte lange nicht glauben, dass du es wirklich bist. Es ist unglaublich, dass mein Vater noch so viel von dir wusste, obwohl ihr euch nie begegnet seid. Er würde sich freuen, wenn er dich mal sehen würde. Ich soll dir einen lieben Gruß von ihn sagen.“ „Dankeschön. Via Skype sollte dies kein Problem sein.“ „Er meinte es eher persönlich. Mein Vater läd dich ein, uns auf Capri zu besuchen.“

Hannes grinste Alessia breit an und fing an zu singen

Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt
Und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt
Ziehen die Fischer mit ihren Booten aufs Meer hinaus
Und sie legen im weiten Bogen die Netze aus
Bella, bella, bella, bella Marie, bleib‘ mir treu
Ich komm‘ zurück morgen früh‘
Bella, bella, bella, bella Marie, vergiss‘ mich nie

Eliza lachte laut, als Hannes diesen alten Schlager von Rudi Schuricke sang. Die drei Italiener kannten dieses alte Liedgut aus den 1940er Jahren nicht, so erklärte Hannes den Text von diesem Lied.
„Du bist schon ne Marke“ lachte Alessia.
„In der Blauen Grotte war ich schon oft gewesen“ Hannes machte ein Petzauge zu Alessia und sie sah in irritiert an. So erzählte er seinen Mitfahrern von der „Blauen Grotte“ in seinem Heimatort, welche in den 1950er und 60er Jahren ein Ausflugs- und Tanzlokal war und Anfang der 80er Jahre eine Dorfdisco wurde.

Das Verkehrschaos in Kabul war wieder der blanke Horror in Kabul. Die Asmay Road, am Zoo vorbei, war mal wieder völlig dicht.
„Hier links seht ihr den City Amusement Park, ein Freizeitpark mit ein paar Fahrgeschäften und einem schönen Park.“ Die vier Mitfahrer konnten gar nicht glauben, dass es einen solchen Park in Kabul gab.
Am Dayar-e-Kabul, der Kabul Fluss, konnte man die Unweltverschutzung von dieser Stadt schwimmen sehen.
„Meine Güte, wie dies hier alles aussieht!“ Sagte Eliza als sie den Müll an Plastik und Unrat auf dem Fluss schwimmen sah.

„Links vor uns seht ihr den Zarnegar Park. Dieser Park ist recht gut angelegt. Aber auch dort sieht man, dass wenig investiert wird. Mit Geld, wie auch Ordnung und Sauberkeit.“ „Die Parkanlagen am Hotel braucht sich nicht zu verstecken“ sagte Alessia. Hannes nickte zustimmend „Der Park trägt die Handschrift von der Frau vom Direktors. Kennt ihr ihn überhaupt?“  Alessia schüttelte den Kopf. „Er ist Italiener. Ich kenne Marco und seine Frau schon einige Jahre. Marco war früher auch Bodyguard.“
„Ist seine Frau die große, schmale mit den unglaublich schönen Haaren.“ „Jep. Das ist Tamina. Sie kann auch italienisch.“

Endlich war die Ebn-e-Sina-Road erreicht – die Hälfte der Strecke. Hannes erzählte über seine Freundschaft zu Marco und Tamina. Bei diesem Verkehrschaos brauchte man lange Gesprächsthemen, um nicht verrückt zu werden.

Das Stadtteil Shahre Naow, ist für seine Vielzahl an Botschaften bekannt, hier sah man links und rechts der Hauptstraße sehr viele Gebäude, welche alle mehr gesichert waren als Fort Knox. In diesem Distrikt sah man auch sehr viele gepanzerte Fahrzeuge. Die Fahrer dieser Fahrzeuge hoben die Hand zum Gruß.

Im Stadtteil Warzir Akbar Khan sah man schon die Botschaft der USA. Panzer, Soldaten und Mauern so hoch wie manche Häuser nicht waren. Die Botschaft der USA war ein gewaltiger Gebäudekomplex, in dem nicht nur Botschaftsangehörige ihren Dienst taten.
„Leute, hier auf der linken Seite seht ihr die Botschaft der USA“ sagte Hannes zu seinen Mitfahrern.
„Meine Güte, was für ein Klotz“ sagte Giannina. „Ja. Ist riesig. Und auch kaum vorstellbar, dass dort nur VISA für die USA ausgestellt werden. In dem Block, den man von der Straße nicht sieht, ist der United States Intelligence Community, kurz IC genannt. Dies ist ein Gemeinschaftverbund zwischen verschiedenen ziviler und militärischer Nachrichtendienste. Auch ist in diesem Gebäude die CIA, die DIA oder NSA und der erst kürzlich geschaffene Nachrichtendienst der Air Force, der ISR. Mit einfachen Worten, viele Köche verderben den Brei.“ „Ich dachte die Adresse der CIA in Kabul ist die Silo Road“ sagte Alessia irritiert. „Nicht nur. In dem Ariana Hotel ist ein Büro von der CIA. Wie eigentlich in jeder Stadt von Afghanistan. In Kunduz ist das Büro der CIA in Sichtweite von unserem Hotel. Die USA hat natürlich mitbekommen, was wir in Kabul für ein Hotel gebaut haben. Es gab auch schon Anfragen, ob wir denen nicht ein paar Zimmer vermieten würden.“ „Und?“ Fragte Eliza neugierig. Hannes schüttelte den Kopf. Eliza sah Hannes fragend und fordernd im Innenspiegel an.
„Eliza, mach dir keine Gedanken. Natürlich wäre ein solcher Mieter ein Garant für eine finanzielle Basis in den nächsten Jahren. Malcolm würde sich nie den Teufel ins Netz setzen. Und zum anderen könnten wir uns im Hotel nicht so frei bewegen, wie wir es jetzt können. Jede Angestellte, jeder Hausmeister und jeder Gast müsste bis ins kleinste überprüft werden. Alle Daten müssten an die NSA übermittelt werden und noch vieles mehr. Auf all dies hat bei uns in der Firma niemand Bock.“

Endlich kam der Armoured auf die Great Massoud Road, dies war der Zubringer zum Flughafen.
Hannes sah schon auf der rechten Seite die große graue Mauer von der italienischen Botschaft und den Eingang mit den Wachgebäude mit Panzerglas.
Ein Wachmann trat auf den Armoured zu und Hannes öffnete das vierfach verstärke Seitenfenster vom Land Rover und zeige seinen Ausweis.
Alessia erklärte dem Wachmann auf italienisch, was der Grund für diesen Besuch sei. Der Wachmann winkte das Auto durch und sagte, wo er das Auto parken konnte.

„Ich hätte jetzt mit einer überprüfen aller Papiere und Personen gerechnet.“ „Eliza, ein solches Auto wird nicht kontrolliert. Vielleicht bei der Botschaft der USA. Die hätten womöglich noch den Motor ausgebaut. Meine Dokumente vom afghanischen Ministerium, mit der Erklärung meiner Person, zeigen schon ihre Wirkung. Ich darf in allen Öffentlichen Gebäude in diesem Land eine Waffe tragen. Ich zeigte dem Wachmann auch diese Bescheinigung. Hier auf dem Gelände werde ich diese nicht bei mir tragen müssen.“

Die Kirche auf dem Gelände der Botschaft war ein grauer quadratischer Betonklotz. Am Eingang war ein großes Fenster mit schmalen Betonpfeiler. Darüber hing ein Kreuz von eineinhalb Meter.
Beim betreten der Kirche bekreuzigten sich die vier. Hannes hielt dieses Ritual, als nicht katholik überflüssig.

Die Kirche war recht schön eingerichtet. Bankreihen wie man sie aus jeder Kirche kennt, dann noch einzelne Stühle, ein großer Altar der von unzähligen Kerzen flankiert wurde und sogar ein Beichtstuhl.
An den Wänden hingen unter anderem Bilder von Jesus beim Abendmahl, der Kreuzigung, den guten Hirte oder verschiedene andere Bildnisse Christi. Dann gab es noch Bilder und Bildnisse von verschiedenen Heiligen aus der römisch-katholischen Kirche. Hannes kannte nur drei dieser Heiligen. Da war Achatius von Byzanz, Ägidius von St. Gilles und Katharina von Alexandrien. Alles starke Persönlichkeiten. Sie waren Helfer und Kämpfer für viele Menschen. Katharina ist sogar die Schutzpatronin der Schulen.

Hannes schaute sich diese Gemälde an und war fasziniert von den arbeiten der Künstler.

„Irgendwann hängt auch ein Bild von die an solchen Wänden“ sagte Eliza leise, als sie von rechts auf ihn zukam. „Ich bin nicht katholisch. Es reicht, wenn ein Schwert zum Ritterschlag in meinem Büro hängt.“ Eliza knuffte ihm gegen den Arm.
In der ersten Reihen saßen fünf Personen und in der zweiten Reihe auf der rechten Seite sah er drei Ordensschwestern sitzen.
„Nonnen in Afghanistan?“ Sagte Hannes leise zu Eliza und sie zog die Schultern hoch.

Die kleine Gruppe nahm in der dritten Bankreihe auf der rechten Seite platz. Hannes schaute sich um und lies die Bilder der Heiligen auf sich wirken. Gerne hätte er gewusst, wer diese Menschen waren und was sie geleistet hatten, um heilig gesprochen zu werden. Er war ein großer Fan von Nikolaus von Myra. Dieser Mann war in seinem handeln ein großes Vorbild für ihn. In seinen Gedanken vertieft war Hannes am beten für die Vergebung seiner Schuld. Er dachte an die Kinder, die Patricia und er in Kambodscha glücklich gemacht hatten und er dachte an Ellaha und Amira. Unbewusst fing er an zu weinen. „Nikolaus, du bist mein Held“ sagte er leise und wischte sich die Tränen weg.

Pater Giovanni Scalese betrat den Raum. Er war in einem schwarzen Talar gekleidet und begrüßte die Person in der Kirche und nickte freundlich den Neuankömmlinge zu. Offensichtlich waren die andere Besucher der Messe bekannt.
Pater Scalese ließ aus dem Lukasevangelium in italienisch. Wahrscheinlich waren Eliza und er die einzigen nicht Italiener.

Auch wenn Hannes nichts von der Predigt verstand, taten ihm die Worte von einem Pater gut.
Zum Schluß sprach Pater Scalese noch das Vater unser.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen

Es sind für viele nur Worte, für Hannes sind sie mehr. “Dein Wille geschehe“ Welcher? Der die Menschen zu beschützen, zu helfen oder von Angst, Furcht und Gewalt zu befreien? „Vergib mir meine Schuld.“ Schuld an dem Tod einiger Menschen, die er erschossen hatte? “Sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Hatte er dies nicht getan? Diese Worten aus dem „Vater unser“ quälten ihn schon seit Jahren und oft hatte er Gott um eine Antwort gebeten.

Nach der Messe saß die kleine Gruppe im Nebenraum der Kapelle. Hannes brannte vieles auf der Zunge, was er endlich geklärt haben möchte. Sollte er dem Pater diese anvertrauen? Er wusste nicht wo er anfangen sollte. Hannes nahm sein Portemonnaie aus der Hosentasche und reichte Pater Scalese einen kleinen Zettel auf dem in kindlicher Schrift auf französisch „Merci mon Sauveur“ stand. Pater Scalese sah ihn fragend an.
„Pater Scalese, dieses Zettelchen habe ich seit Jahren bei mir und hoffe, dass Gott mir diese Sünde vergibt. Auf diesem Zettelchen steht: Danke mein Retter; und stammt von einem vermutlich 14-jährigen Mädchen aus dem Sudan. Ich befreite dieses Mädchen in der Nähe der südsudanisischen Stadt Wad Madani von drei Männer der Miliz, die dieses Mädchen mit ihrem Kleinkind verschleppen wollten. Wenn ein Mädchen mit einem Kleinkind unterwegs war, konnte man davon ausgehen, dass dieses Mädchen ein Vergewaltigungsopfer war. Ich hatte jene mutmaßlichen Entführer erschossen – naja, eigentlich aus Hass und Wut regelrecht hingerichtet. Im Sudan brannte 2004 im wahrsten Sinn des Wortes die Luft. Es gab keinen Tag, an dem wir nicht für unsere oder anderer Menschen Sicherheit schießen und auch töten mussten. Es herrschte Anarchie in dem Land und niemand wusste, wer morgen der Feind ist.
Menschen wurden auf offener Straße ermordet. Kinder, Frauen und Männer lagen erschossen am Straßenrand oder in den ihren Dörfern, die niedergebrannt und verwüstet wurden. Hunderte tote Körper lagen erschossen, verstümmelt oder enthauptet vor ihrer Hütten. Der Geruch von Verwesung lag über den verwüsteten Dörfer.“

Hannes sah die Fassungslosigkeit seiner Zuhörer in ihren Gesichtern stehen.
„Naja, jedenfalls brachte ich mit meinem Kollegen, Scott Johnson, jenes völlig entkräftigte und abgemagerte Mädchen mit seinem Kleinkind in unser Camp damit beide medizinisch versorgt werden konnten. Nach drei Wochen Aufenthalt und Versorgung von einem Team aus Ärzte und Krankenpflegerinnen, überreichte mir meine heutige Kollegin, Haylie Mc Farland, dieses Zettelchen.“
Hannes machte eine Pause, denn ihm liefen die Tränen übers Gesicht. Eliza saß links von ihm, sie umklammert Hannes und weinte.

Als Hannes sich etwas gefangen hatte, erzählte er weiter. „Ich fragte jeden im Camp, wer das Mädchen als letztes gesehen hatte, oder ob es etwas gesagt hätte, wo es hin möchte. Niemand konnte mir Auskunft geben. Drei Tage und Nächte suchten mein Bodyguard, Marcel Chevalier, mit mir und einem Trupp AMIS-Soldaten nach diesen beiden Kindern – leider ohne Erfolg. Pater Scalese, dieses kleine Mädchen machte sich mit seinem Kind auf, eine Zukunft zu finden die es niemals haben wird.“

Alessia, Eliza und Giannina liefen die Tränen über ihre Wangen, Fiorenzo saß wie versteinert zwei Stühle neben Hannes und rang sichtlich um Fassung.

Pater Scalese brauchte lange bis er auf das antworten konnte, was er eben gehört hatte.
„Ist es eine gute oder böse Tat einen Menschen zu erschießen, der anderen Leid angetan hat? Es ist Ihr Beruf Mensch zu beschützen. Sind Soldaten böse Menschen, wenn diese Befehle ausführen? Ich sehe den Schmerz in Ihren Augen. Sie sind kein Mörder. Ein Mörder handelt aus niedrigen Motiven heraus, Sie beschützen mit Ihrem Können, Wissen und Erfahrung andere Menschenleben.“
Ob Gott dies auch so sehen wird, wenn Hannes irgendwann bei ihm an die Tür klopft?

Um dem Pater ein anderes Bild von Hannes zu zeigen, erzählten Alessia und Eliza das, was sie von ihm wussten.
Wieder ließ sich Pater Giovanni Scalese Zeit um zu antworten. Er sah Hannes mit einem Blick an, der großen Respekt zeigte. „Gott wohnt in Ihnen mehr, als Sie es wissen. Sie tun so viel gutes für Menschen und kämpfen seit vielen Jahren für Menschenrechte. Wir können an der Boshaftigkeit einiger Menschen nicht ändern – nur das Leid einiger anderen etwas mindern. Dies tun Sie aus Ihrem Herz heraus. Eine solche Menschlichkeit ist in unserer Zeit selten. Hören Sie nie auf an das zu glauben, was in Ihrem Herzen ist!“
Irgendwie hatte Hannes solche Worte schon öfters gehört.

„Sehen Sie, in der Bibel steht geschrieben: Ihr sollt einander vergeben; denn wer seinem Bruder dessen Verfehlungen nicht vergibt, der steht schuldig vor dem Herrn; denn auf ihm verbleibt die größere Sünde. Ich, der Herr, vergebe, wem ich vergeben will, aber von euch wird verlangt, dass ihr allen Menschen vergebt.“
Seine Begleiter bekreuzigten sich bei diesen Worten von Scalese und Hannes nickte zustimmend.

„Danke, Pater Scalese für Ihre Wort und Zeit für uns, wenn Sie möchten, lade ich Sie herzlich gerne zu uns in die Darulaman Road ein, um dort einen Gottesdienst abhalten zu können, denn es gibt ja auch Personenschützer, Journalisten oder Mitarbeitern einiger Firmen die an Gott glaubten.“ „Danke für ihr Angebot. Ein Hotel?“ „Pater Scalese, Sie brauchen sich über Ihre Sicherheit keine Sorgen zu machen. Unsere Anlage ist vermutlich besser gesichert als die Italienische Botschaft.“
Hannes erklärte dem Pater den Sinn und Schutz von dem Hotel und auch welches Konzept dahinter steht.

Auf der Rückfahrt von Great Massoud Road in die Darulaman Road hatten sie im Auto angenehme Gespräche über den Gottesdienst.
„Eine solche Messe habe ich noch nie erlebt. In einem der gefährlichen Länder der Welt, füllte ich mich Gott sehr nah“ sagte Eliza aus dem Fond des Wagens. Sie fasste Hannes an seine rechte Schulter „Deine Erzählungen über dieses Mädchen taten mir im Herz weh. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen achte ich dich noch viel mehr. Hannes, ich möchte mit deinem Leben nicht tauschen.“
Die drei Italiener im Fahrzeug nickten Eliza zu.