Teil II 13 Ostern in Thionville Teil 2 April 1990

April 1990
Thionville, Frankenthal, Dietikon

Hannes bereitete das Frühstück vor.
Bei Kaffee und Baguette saß er mit Clodette im Garten. Bei ihren Gesprächen wollte er sie so gerne fragen, wie lange sie solche Unterhaltungen nicht mehr geführt hatte. Er merkte schon, dass mit jeder Minute Gespräch mehr Last von ihr fiel. Sie erzählte ihm von dem Mobbing an ihrer Schule. Von Schüler – wie auch von den Kollegen.
Wie grausam Menschen mit Worte oder Nichtbeachtung sein konnten, hatte er nie für möglich gehalten. Wer durch Mobbing schon Suizidgedanken hatte, wusste wohl wirklich sonst keinen Ausweg mehr.

„Ich sitze hier mit einem fremden Mann und erzählte mein Leben. Du hörst mir seit über zweieinhalb Jahren ruhig und aufmerksam zu.“ „Warum auch nicht? Ich sah bei Patricia nur die Notizen über dich. Ich konnte mir Mobbing in einem solchen Umfang gar nicht vorstellen. Ich habe schon gemerkt, dass du lange solche Gespräche nicht geführt hast. Traute mich aber nicht danach zu fragen, du hast es eben schon selbst beantwortet. Ich kann und werde dir versprechen, dass du dies bei uns niemals erleben wirst.“
„Dankeschön.“ „Clodette, dafür gibt es nichts zu denken. So etwas werde ich nicht zulassen! Was du mir erzählt hast, ist für mich eine völlig neue Erfahrung. Wenn du schon Suizidgedanken hast oder hattest, musst du die Hölle erlebt haben.“ Clodette nickte und wischte sich ein paar Tränen weg.

Claude und Patricia kamen aus der Küche in den Garten. Sie grüßte Clodette und gab Hannes einen Kuss.
„Guten Morgen, Prinzessin. Cleo lief zu weit über die Felder und zum anderen war Clodette schon wach, sonst wäre ich noch mal ins Bett gekommen. Wir hatten uns gut unterhalten. Nun lasst uns frühstücken, ich habe Hunger. Oder sollen wir auf deine Eltern warten?“ „Non, wir fangen an zu frühstücken.“

Nach dem Frühstück knuddelte Clodette mit Cleo, es tat ihr gut den Hund zu schmusen und zu streicheln. Was musste diese Frau über Jahre erlebt haben?
Bis jetzt hatte Patricia die ganze Bandbreite an unterschiedlichsten Menschen in ihrem Team. Was wird Leatitia de Perrin für ein Leben gehabt haben?
Mittlerweile war Hannes so weit, dass er der Meinung war, die Bewerber für solche Einsätze haben alle schwerste Erfahrungen hinter sich. Konnte dies alles gut gehen? Nolan hatte massive Selbstzweifel. Hudson Rhys musste aus seinem Umfeld – besser gesagt aus seinem Milieu heraus. Levi Flacks hat eine große Bürde mit der Obdachlosigkeit zu tragen. Adelina hat es durch ihren Glauben nicht einfach und Clodette hatte so einiges durch Mobbing erfahren. Was wird noch auf sie zukommen? Sollte der Klassenkasper von einst nun noch Psychologe werden? Auf was hatte er sich hier eingelassen? Auch wenn er mit den Kollegen von Patricia nichts zu tun hatte, führte er die Gespräche mit diesen Leuten. Er hatte Levi Flacks eingestellt, Clodette schüttete ihm ihr Herz im Garten von den Lefévre’s aus. Claude erzählte ihm am Ostersonntag auf Ostermontag über sein Leben, ohne das er danach gefragt hatte.

Nach dem Frühstück lernte Clodette mit Patricia schon etwas khmer in ihrem Zimmer. Hannes wollte die beiden Frauen nicht stören, so ging er mit Claude und Cleo spazieren.
Claude tat jede Minute mit ihm sichtlich gut, er erzählte so vieles was seit Jahren in seinem Herz war und was ihm in all den Jahren so quälte. Beide waren gleichalt und trotzdem so unterschiedlich.
Hannes hatte nie solche Erlebnisse in seinem Elternhaus gehabt. Natürlich gab es mal Streit mit der Mutter oder Vater, dies war nichts gegen jenes was Claude erzählte. Wie sollte er damit umgehen? Oft konnte oder wollte er gar nicht antworten, zu sehr beschäftigte ihn dies alles. Claude wartete oder erwartete eine Antwort – einen Rat oder Hilfe von ihm.

„Was du mir nun die letzte Tage erzählt hast, kann ich vieles nicht nachvollziehen. Ich bin nur ein Dorfkind – ein dummer Junge, der irgendwie in das Leben von Patricia gestolpert ist. Du hast es an ihrem Geburtstag erlebt, wie die Mädels mich ansahen oder ignorierten. Ich denke, denen habe ich in den letzten Monaten gezeigt, für was der dumme Deutsche ohne Abitur fähig ist. Auch dich haben sie gemieden, obwohl du so lange bei ihnen in der Schule warst. Du hast Patricia und Franziska gehört was sie zu dir sagten, dies war auch so gemeint! Auch ich danke dir für deine Freundschaft und deine Offenheit. Ich werde für dich da sein, wann immer du mich brauchst. Denk nicht an das was war, denk an das was kommt. Studiere die Geologie dieser Welt und du wirst sehen, wo sie dich hinbringen wird.“

Claude sah Hannes wortlos an. Sie setzten sich an die Promenade der Mosel und schauten den Schiffen nach.
„Claude, ich hatte mit 14 Jahren angefangen von einer besseren Welt zu träumen. Das ich nun in Kambodscha bin, war mit vor sechs Monaten noch nicht klar. Nun leite ich zwei Teams und habe die Gesamtleitung. Dies wollte ich niemals machen, ich bin oder war nur der Klassenkasper in der Schule gewesen. Wo immer unsere Wege uns hinführen, wir sollten bereit sein für neues. Das ich einen verrückten Franzosen als Freund haben werde, hätte ich auch niemals gedacht. Meine Welt war nur das kleine Nahetal, heute ist es Thionville und Kampang Rou. Heute sind es Menschen aus sechs Ländern, mit denen ich arbeite und alle sehr schätze. Deine Idee mit den Einhundert Jahren alten Karten war genial, dies sind Momente die immer im Herzen bleiben werden. Mach du dein Ding. Geh deinen Weg und schau nicht zurück. Patricia hatte mir im Herbst in Nancy einen klugen Satz gesagt: Vorwärts ist keine Richtung, sondern eine Lebenseinstellung.“

Claude nahm ihn in die Arme. „Du bist schon eine coole Kartoffel. Du sagst immer, dass du dumm bist, dass bist du nicht! Deine Worte treffen immer auf den Punkt. Ihr beide gebt mir so unglaublich viel an Freundschaft, an Zeit und Geduld.
Vor Patricia habe ich den allergrößten Respekt, dass sie mir ihrer Krankheit dies alles so schafft. Du hast bestimmt besseres zu tun als mir seit Tagen zuzuhören.“ Hannes nickte. „Das ist richtig. Ich kann aber vieles über das Telefon oder Fax klären, trotzdem bist du mir wichtig. Alles an Arbeit kann warten. Diese Woche habe ich frei. Nächste Woche muss ich nach Deutschland und anschließend in die Schweiz. Selbst wenn ich die in dieser Woche geplant hätte, hätte ich diese Termine verschoben. Ich mag dich sehr und daher ist es mir wichtig, dass wir zusammen sind. Lass uns heute Abend Billard spielen. Auch dies hatte ich früher nur sehr sporadisch gespielt, mit dir hat sich dies für mich auch geändert.“ „Wir sind schon ganz schön verrückt“ Claude wuschelte Hannes durch die Haare.

Zu Hause angekommen war Patricia und Clodette nicht da. Franziska sagte, sie seien nach Metz gefahren um Sprachbücher zu kaufen.
„Okay. Hat sie etwas gesagt, wann Leatitia de Perrin vorbei kommen wollte?“ „Ich habe 14 Uhr gehört. Claude, was möchtest du zum Mittagessen haben? Jeden den ich frage sagt: mir egal. Du entscheidest jetzt.“ „Klöße und Gulasch? So richtig gutes deutsches Essen.“
Hannes lachte laut.
„Très bien. Hannes, könntest du dann noch schnell zum Metzger fahren? Das Fleisch reicht nicht für so viele Leute.“

Mit Claude fuhr er noch „schnell“ zum Metzger. Schnell war der Einkauf erledigt, aber die vielen Fragen von Marie, der Frau vom Metzger, waren doch etwas viel. Hannes unterhielt auch die vier Frauen und zwei Männer in dem Laden mit seiner und Patricia’s Arbeit in Kambodscha.

Endlich wieder in der Küche von Franziska, entschuldigte er sich für das zu spät kommen.
„War mir schon klar gewesen. Ich werde auch ständig von den Leuten angesprochen. Uns läuft ja nichts davon.“

Claude war schon beschäftigt die Kartoffeln zu schälen. Hannes musste lachen, weil er immer „Deutsche Kartoffel“ zu ihm sagt.
Bernhard rief aus dem Arbeitszimmer, dass Frau Leatitia de Perrin am Telefon sei und sie nach dem Weg frage, sie hätte sich verfahren. Hannes nahm das Telefon in der Küche, um das Gespräch weiter zu führen. Er fragte sie, wo sie jetzt sei und was sie links oder rechts von sich sah.

„Yutz. Sie sind in Yutz. Ich bin in 10 Minuten bei Ihnen.“ Claude warf ihm sein Autoschlüssel zu. „Fahr mit meinem Auto. Ich helfe Franziska.“

Mit Leatitia im Schlepptau fuhr Hannes in die Einfahrt. Auch ihr erster Blick galt diesem wunderschönen Haus.
Patricia war immer noch nicht da. So würde er sich mit Leatitia unterhalten müssen, bis Madame Lefévre es einrichtete nach Hause zu kommen.
Er stellte ihr Franziska vor. Der Küchenmeister, Claude Moreau, tat es selbst.
Da es in der Küche doch etwas eng wurde, ging er mit ihr ins Arbeitszimmer zu Bernhard. Dort lagen auf dem Boden und dem anderen Schreibtisch noch die ganzen Karten von Claude. Bernhard war immer noch am abpausen und völlig fasziniert von der Genauigkeit und Alter der Karten. Hannes erklärte Leatitia die Karten und auch seine und Bernhards Arbeit in Kambodscha.
„Das Haus ist so groß und trotzdem haben wir nun keinen Raum, wo wir uns unterhalten können. Komm, dann gehen wir ins Zimmer von Patricia.“

Leatitia war auch vom inneren des Hauses begeistert. Mit gleichen Augen musste er wohl damals geschaut haben, als sie die große halbrunde Treppe in den zweiten Stock gingen.
Zum wiederholten Male erklärte er ihr, dass die Lefévre’s ganz und gar nicht dem entsprachen, was diese Villa auf sie für einen Eindruck machte.
„Glaub mir, ich dachte im Sommer letzten Jahres genau so. Du wirst heute unglaublich liebenswürdige Menschen kennenlernen. Patricia ist nach Metz gefahren, sie wollte noch Sprachbücher kaufen. Gerne können wir uns unterhalten oder du redest später mit Patricia, du hast ja gesehen, dass ich eine andere Arbeit in Kambodscha mache als ihr. Durch die Größe von dem Projekt bin ich nicht ständig vor Ort.“
Hannes zeigte Leatitia die vielen Fotos von Kampong Rou und erklärte den „Europa Platz“. „Werden die Kinder alle in einem Zelt unterrichtet?“ „Zur Zeit ja. UNICEF ist nicht so schnell, wie Patricia Gas gibt. Mein Team in Kambodscha macht sich schon Gedanken, in welchen Ortschaften Schulen gebaut werden können und auch wie. Sobald wir Zusagen über die Gelder haben, geht es los. Die UNICEF Direktorin für Kambodscha hat schon Zelte und Inventar organisiert, so ist wenigstens etwas vor Ort. In dem Gebiet wo wir sind, gibt oder gab es seit Jahren keine Schulen mehr. Auf dieses Foto vom „Europa Platz“ in Kampang Rou ist die Schule von Patricia. Eigentlich wäre das große Zelt für sie. Wir mussten aber ganz schnell zuerst ein Hospital schaffen. Daher organisierte ein Offizier vom Militär noch zwei Zelte.“ „Ich habe mir so einiges über Kambodscha schon besorgt und angelesen. Ich habe auch eine Landkarte von Kambodscha gekauft und schaute mir schon die Gegend an. Ein Sprachbuch habe ich vor zwei Wochen auch schon gekauft, auch wenn ich diesen Job nicht bekommen sollte.“

Hannes schüttelte den Kopf und sah diese sehr schmale mittelgroße Frau mit ihrem Kurzhaarschnitt fragend an.
„Warum solltest du diesen Job nicht bekommen? Du bist heute hier um über alles weitere zu sprechen. Wir werden Ende Mai nach Kambodscha fliegen, wenn du dir diese Aufgabe zutraust, bist du dabei. Jede Unterstützung die Patricia bekommen kann, ist gut für diese Region. Es fehlen Hunderttausend Lehrer in diesem Land.“
Leatitia sah Hannes mit großen Augen an „Müssen da nicht andere darüber entscheiden?“ „Wer?“ „Ich weiß nicht. UNICEF oder meine Zeugnisse, Lebenslauf oder sonstige Dinge.“ „Nein. Du entscheidest. Kein Zeugnis, kein Lebenslauf und UNICEF schon mal gar nicht.“ „Soll heißen, dass ich den Job habe?“ „Leatitia, nichts spricht dagegen. Ich habe zwar mit euch wenig zu tun, aber Patricia setzt das mit euch um, was mein Traum ist. Ich bin bei einer anderen Organisation angestellt und kann nicht beides machen.“ „Wie dein Traum…?“

Hannes erzählte ihr von seinem Traum, Bildung für Kinder und das Patricia dies ohne große Worte im Januar umgesetzt hatte.
„Rede mit Patricia, sie wird dir das gleiche sagen.“ „Wow, dass war ja ein cooles Vorstellungsgespräch.“ „Darf ich fragen, welche Gründe du hast um nach Kambodscha zu gehen?“ „Hier ist mein Lebenslauf, da steht alles drin.“

Leatitia reichte ihm eine Mappe mit einigen Blätter drin. „Interessiert mich nicht was auf einem Blatt Papier steht. Du kennst die Gründe, warum Patricia, ihr Vater und ich in Kambodscha sind. Du hattest mit 14 bestimmt nicht diesen Traum wie ich.“
Leatitia nickte. Sie nahm tief Luft und sah ihn lange an. „Mit 14 Jahren hatte ich den Traum wegzulaufen und zu sterben. Weg von allem, weg aus dieser Welt. Ich bin in einem Kinderheim aufgewachsen, kenne keine Familie, kenne so vieles nicht, was andere Kinder hatten und habe so viel schlimmeres erlebt. Ich hatte in den Jahren zwei Pflegefamilien – war nicht besser als im Heim, eher noch schlimmer.“ Ihr kamen die Tränen. „Du musst es mir nicht weiter erzählen, tut mir leid.“ „Ich schon in Ordnung. Du hast recht, ein Blatt Papier ist nicht das gleiche wie persönliche Worte. Im Kinderheim gab es kaum Zuneigung von den Erzieherinnen, oft Schläge für Nichtigkeiten oder weil sie einen schlechten Tag hatten. Hat man etwas der Heimaufsicht gesagt wurde das Essen gestrichen oder Schläge – oder beides. In der ersten Familie wurde ich wie Dreck behandelt. Ich musste putzen, das Haus in Ordnung halten und war kaum zum spielen mit anderen Kinder draußen. Vier Jahre war ich dort. Oft packte ich meinen Rucksack und lief weg. Zu Hause gab es dann wieder Strafe. Nie wurde nach dem Grund gefragt. In der siebten Klasse brach ich irgendwann zusammen und kam ins Krankenhaus, anschließend in die Psychiatrie. Dort wurde mir endlich zugehört. Ins Heim musste ich nicht mehr. Ich kam zu einer anderen Familie. Mit 13 Jahren…“ Leatitia weinte immer mehr. Franziska rief, dass das Essen fertig sei. „Jetzt nicht. Wir kommen später.“
Leatitia schluckte die Tränen herunter. „Mit 13 wurde ich zum erste Mal von meinem Pflegevater missbraucht. Danach immer öfter. Wehrte ich mich, wurde ich geschlagen. Mit 15 lief ich weg und wollte sterben. Eine ältere Frau fand mich an den Bahngleisen und nahm mich mit zu ihr. Ich hatte große Angst. Ich traute keinem Menschen mehr. Lange brauchte sie bis ich ihr vertraute. Bei ihr erfuhr ich zum ersten mal Liebe, Geborgenheit und Vertrauen. Mit 23 hatte ich eine banale Verkehrskontrolle die Polizisten prüfen meinen Ausweis, ich war seit Jahren als vermisst gemeldet und wurde anschließend bei den Behörden wie eine Verbrecherin behandelt. Auch meine „Mutter“ bekam viele Probleme. Es hat niemand interessiert wie es mir 15 Jahre lang ergangen war, selbst eine Anzeige wegen Kindesmissbrauch gegen den Pflegevater wurde eingestellt. Meine Studium wurde mir aberkannt, weil ich schließlich als Vermisst gemeldet war. So hat der Staat mir auch noch ins Kreuz getreten. Wir waren zu zwei Instanzen vor Gericht gezogen, bis mir wieder meine Studium und Führerschein zugesprochen wurde. Letztes Jahr ist Elise, meine „Mutter“, verstorben. Ich habe keinen Halt, keine Verwandtschaft und auch sonst niemand der für mich da ist. Für was soll ich Kinder in diesem Land unterrichten, wenn der Staat mir mein Leben so sehr zerstört hat? Verstehst du, warum ich weg will?“
Hannes nickte langsam. Zum sprechen fehlten ihm die Worte.
„Wenn du dich jetzt dagegen entscheidest würde ich es auch verstehen.“
Er schüttelte immer wieder den Kopf und versuchte seine Gedanken zuordnen. „Tut mir leid, dass ich ganz schön geflasht bin. Wenn du bereit bist, geht Ende Mai der Flieger. Humanitäre Hilfe beginnt nicht erst in Kambodscha.“

Patricia kam mit Clodette ins Zimmer und beide hatten zwei Stapel Bücher auf den Armen. Sie stellten sich Leatitia vor und bat doch bitte nun endlich zu Tisch zu kommen.

Am Tisch erzählte Patricia welche Bücher sie gekauft und welche sie noch bestellt hatte. Erst in der dritten Buchhandlung in Metz wurden ihre Wünsche für diese Bücher erfüllt.
„Ma Chérie, wie weit seit ihr beide gekommen?“ „Leatitia wird eure neue Kollegin. Ich hab sie eingestellt. Alles weitere könnt ihr besprechen. Ich bin ja nur der Baggerfahrer.“ „Très bien. Du bist mehr, mein Schatz. Du bist mehr.“

Nach dem Essen sprach er mit Franziska über das Gespräch von Leatitia. Er braucht jemand zu reden. Hannes wusste nicht, wie er mit so etwas umgehen konnte oder sollte.
„Mon dieu! Was für ein Leben! Ich war bei dem Gespräch von Levi Flacks und Clodette dabei, wie du in beiden Fällen reagiert hast, war unglaublich groß. Ich kann mir vorstellen, wie es jetzt in dir aussieht und wie dich das Leben von Leatitia beschäftigt. Auch dein Umgang mit Claude zeichnet dich aus! Wie gehst du mit all dem um? Ich würde sagen, bleib immer der der du bist. Bernhard hat mir von diesem Nolan erzählt, bei ihm machst du doch eigentlich das gleiche wie du es auch bei Leatitia machen wirst. Du fördert und unterstützt Menschen.“
„Nolan ist in meinem Team, bei ihm habe ich mehr Einfluss als bei Leatitia. Da ist Patricia die Chefin. Sollte ich ihr das sagen, was nicht in dem Lebenslauf von Leatitia steht?“ „Warte ab. Zur Zeit sind die Frauen unter sich. Vielleicht reden die mehr miteinander, als du es schon weißt. Was ihr beide tut, ist unglaublich groß. ODHI hat mit dir die Absolute richtige Entscheidung getroffen. Ich stehe immer noch zu dem was ich Bernhard am Telefon sagte.“
Hannes war bei diesen Worten von Franziska förmlich vor den Kopf geschlagen und sah sie mit großen Augen an. „Du weißt dies schon länger?“ „Natürlich. Bernhard hatte zuvor lange und oft mit mir telefoniert. Auch wenn ich nicht in Kambodscha war, kannte ich jeden Schritt von dir. Stephane ist genauso im Bild.“ „Du liebe Güte!“ „Mach dich nicht immer so klein. Patricia vertraut dir blind. Ihre wenigen Freunde vor dir, können dir im Ansatz nicht das Wasser reichen! Hannes, durch ein Abitur ist man kein besserer Mensch. Ich habe auch die letzten Monate mitbekommen, wie über dich in Thionville gesprochen wird. Ja, da sind einige Schulfreundinnen von Patricia neidisch auf euch. Patricia wird in den Himmel gehoben und du bist nur das Anhängsel. Ich habe es klargestellt, wer was in Kambodscha voran gebracht hat! Natürlich bin ich auf meine Tochter stolz – auf dich aber auch! Du gehörst in dieses Haus und da lasse ich nichts auf dich kommen. Wir Deutsche Kartoffeln müssen doch zusammen halten.“
Sie nahm ihn in die Arme und streichelte seinen Rücken. „Was wollt ihr heute noch machen?“ „Ich weiß nicht. Wir wollten heute Abend noch Billard spielen gehen.“ „Très bien. Claude braucht dich. Dies habe ich beim kochen gemerkt. Ich denke das diese ganze Umgebung für Clodette und Leatitia auch ein Befreiungsschlag ist. Ihr beide macht schon alles richtig.“

Bernhard war mit Claude in eine Druckerei gefahren, um die Karten zu kopieren. Die Frauen waren im Gespräch bei Patricia im Zimmer. Was sollte er nun machen? Er legte sich auf das Chisselon im Erker. Sein Hirn fand bei den Worten von Leatitia keine Ruhe. Was er die letzten Tage alles erzählt bekommen hatte, war mitunter ganz schön heftig. Hatte er ein solch falsches Bild von dieser Welt? Hätte ihm dieses Leben von Leatitia jemand aus einem Schwellenland erzählt, hätte er dies für normal gehalten, aber nicht in einem so kultivierten Land wie Frankreich. Sein Kopf tat weh von denken.
Cleo kam zu ihm ins Zimmer und legte sich vor das Chisselon. Hannes streichelte den Labrador und irgendwann schliefen beide ein.

Franziska stellte das Kaffeegeschirr im Zimmer auf den Tisch und Hannes wurde wach.
„Ich wollte dich nicht wecken. Entschuldigung. Für im Garten Kaffee zu trinken ist es zu frisch.“ „Alles gut. Mein Hirn fuhr vorhin eine Achterbahn. Leatitia ist 26 Jahre alt und über die Hälfte ihres Lebens hatte sie nichts erlebt, was für mich selbstverständlich ist oder war. Du hast meine Eltern kennengelernt, du bist wie eine Mutter zu mir. Bernhard hat mich wie seinen Sohn aufgenommen und dann höre ich so etwas von Leatitia. Was wir beide von Claude wissen, ist ein Kinderkarussell gegen das von Leatitia. Ich habe Angst das Clodette und Leatitia auf uns bauen, was wir vielleicht nicht schaffen werden.“
Franziska setzte sich zu ihm auf das Chisselon und streichelte seinen Arm. „Seit du in dieses Haus kommst, machst du dir unentwegt Gedanken um andere. Erst war es dieses Haus, dass du nicht hier her gehörst. Dann Patricia, Claude und nun Clodette, Leatitia und Levi. Mach dir auch mal Gedanken um dich. Warum bist du vorhin eingeschlafen? Du bist permanent am Denken, komm doch mal zur Ruhe! Nimm dir Zeit für dich. Mach doch einen Tag mal etwas ohne Patricia, ohne Gedanken über Baumaschinen, Wasserleitungen oder andere Menschen. Deswegen bist du nicht egoistisch. Deine Sorge um Patricia ist Beispiellos und ich kann mir keinen besseren Schwiegersohn vorstellen als dich. Du musst niemand etwas beweisen! Deine Menschlichkeit spürt jeder in deiner Nähe, sogar meine Mutter.“ „Dankeschön. Deine Mutter hab ich an Ostern vermisst, weiß sie nicht das wir da sind?“ „Doch. Ich habe sie gebeten erst im Mai zu kommen. Ich wollte die Zeit mit euch alleine verbringen.“

Wie schon zu erwarten war, wollte auch Leatitia noch ein paar Tage in Thionville bleiben. Zimmer zum schlafen gab es in der Villa Lefévre genügend.

Am Abend fuhren sie in die Stadt zum Billard spielen. Die drei Frauen hatte nicht viel Lust auf Billard, sie wollten lieber Cocktails trinken. So hatte Claude und Hannes das Spiel für sich alleine. Da die drei Frauen unmittelbar neben dem Billardtisch saßen, konnte auch immer wieder ein kurzes Gespräch stattfinden. Nach zwei Spielen beschloss Patricia, dass es doch schöner wäre an das Moselufer zu gehen. Auch wenn Clodette die älteste war, tat ihr der Abend mit der „Jugend“ sehr gut. Auch Leatitia war von den letzten Stunden sehr angetan und freute sich auf Kambodscha.

Spät wurde es bis Hannes und Patricia ins Bett gingen.
„Ma Chérie, wie findest du Clodette und Leatitia?“ „Ich würde sagen, sie passen sehr gut in dein Team. Ich habe aber auch Angst, dass beide etwas in dir oder uns sehen, was wir nicht erfüllen können. Ich gehe mal davon aus, du kennst von beiden den Lebenslauf besser als ich.“ „Ja, kenne ich. Leatitia sagte mir auch, wie geschockt du warst. Schatz, wir haben in Kambodscha so viel geschafft, wir haben unglaublich gute Menschen in den Teams, wir werden auch die Herausforderung von den vier Lehrer meistern. Ich erreichte den Fabio Wyss nicht. Na ja, vier haben wir. Es geht besser voran, als ich dachte. Ich werde morgen Laureen anrufen und ihr die vier Namen schon mitteilen.“ „Mach dies. Laureen soll sich auch mal Gedanken über die Mobilität ihrer neuen Mitarbeiter machen. Drei Autos brauchst du auf jeden Fall. Du kannst nicht ständig mit meinem Auto fahren, ich muss, dank eurer Gesamtleitung, nun etwas mehr und auch weiter fahren.“ „Wie wäre es, wenn wir ein Auto für uns kaufen?“ „Der Gedanke kam mir auch schon. Wir werden ja doch länger dort bleiben und Sinn machen würde es. Ich hab ja ein Pickup von der Firma.“ „Très bien. Dann lass uns in Phnom Penh nach einem guten Auto suchen.“
Hannes sah sie mit großen Augen an und war von der Entscheidung von Patricia etwas geschockt. „Mit deiner Geschwindigkeit muss man auch erst einmal mithalten können.“ „Oui. Müsste dir doch langsam bekannt sein.“
Die Geschwindigkeit und Durchsetzungskraft von Patricia war ihm nur zu gut bekannt, auch das sie in dieser Nacht nicht eher zufrieden war, bis sie das bekommen hatte, was sie wollte und brauchte.

Früh am Morgen fuhr er mit dem Rad zur Bäckerei. Inès begrüßte ihn sehr herzlich, als er zur Tür herein kam. Sie kam sofort um die Theke und drückte ihn fest.
„Guten Morgen Hannes, schön dich zu sehen. Setzt dich, Kaffee kommt sofort.“ „Inès, ich war das letzte mal vor sechs Tagen und nicht vor sechs Jahr bei dir.“ „Je sais J’attends toujours avec impatience de vous voir.“ „Ich freue mich auch, dich zu sehen. Euer Brot hat mir so sehr gefehlt.“ „Nimm zwei Tassen Kaffee und geh zu Clément in die Backstube. Er macht noch Croissants. Lass dir gleich welche geben. Nun geh schon, er freut sich auf dich.“

Hannes ging mit zwei Tassen Kaffee im Laden um die Ecke, durch den Flur, in das angebaute Backhaus. Die Wärme von den Holzöfen schlug Hannes mit voller Wucht entgegen – Ankunft Kambodscha, dachte er.
Clément freute sich über seinen Besuch. Zusammen tranken sie Kaffee und Clément erklärte ihm wie er gutes Brot in Kambodscha backen könnte und schrieb ihm zwei Rezepte auf. Hannes bedankte sich für die Rezepte, er müsse nun aber zurück fahren, sonst hätten die Gäste nichts zum Frühstücken.
Hannes hätte das Wort: Gäste, nicht erwähnen dürfen. Clément wollte nun noch wissen welche Gäste im Haus Lefévre seien und auch noch die Gründe. Als Hannes ihm dies alles erklärte, packte Clément noch einige Croissants und Baguettes in die Tüte. „Clément, du bist schlimmer als ein Frisör. Du willst auch immer alles wissen. Ich bezahle dies natürlich alles bei Inès.“ „Untersteh dich! Hier ist die Tür. Bis Morgen.“ „Au revoir. Bis Morgen. Merci beaucoup.“

Beim nächsten Besuch in der Bäckerei wäre ein Lieferwagen besser als ein Fahrrad, dachte Hannes auf dem Rückweg. Mit drei großen Tüten Backware fuhr er die wenigen Kilometer zurück. An den Ampelkreuzungen biss er jedesmal in das herrlich duftende Baguette. Bis er zu Hause war, hatte er eines dieser genialen Backware schon gegessen.

Die Frauen hatten im Esszimmer schon alles für das Frühstück vorbereitet. Sieben Personen warteten nur auf ihn.
„Oh Maurice, auch schon wach? Wie kommt es, dass die Jugend vor der Sonnenwende unter uns weilt?“ Hannes konnte sich diesen Spruch nicht verkneifen. In gleichem Augenblick kam die Freundin von Maurice ins Zimmer.

„Salut, ich bin Annabell.“ „Salut Annabell, du bist die von der Feuerwehr?“ „Feuerwehr?“ „Alles gut.“ Hannes grinsten und knuffte Maurice gegen den Arm.

Hannes entschuldigte sich für das zuspät kommen, Clément ließ ihn nicht eher aus der Backstube, bis er mit allen Details zufrieden war. „So ist Clément eben. Er mag dich sehr“ sagte Franziska und lächelte.
„Prinzessin, was ist heute geplant?“ „Ich rufe später Laureen an und wir wollen noch Khmer Vokabeln lernen. Warum?“
„Nur so. Ich möchte später den Rat deiner Mutter befolgen und einfach mal weg fahren. Mit Claude irgendwo hin.“ Claude grinste breit. „Cool. Wie wäre es mit Luxemburg, Nancy, Trier oder Saarbrücken?“ „Was immer du willst. Ich hab ja kein Auto. Du fährst und ich entspanne.“

Auf dem Weg zum Auto kam Leatitia ihnen nach. „Hannes…?“ Er drehte sich zu ihr um „Danke, dass du mir gestern so zugehört hast.“

Am Ende waren sie nicht in Luxemburg, Nancy, Trier oder Saarbrücken – sie waren in der Eifel. An dem Gemündener Maar. Dies ist das nördlichste der drei Dauner Maare, in unmittelbarer Nähe des Dauner Ortsteils Gemünden in der Eifel. Mit Claude unterhielt er sich über Vulkane, Geologie und das der letzte Ausbruch von einem Vulkan in der Eifel erst 13.000 Jahre her war – also für Geologen erst Gestern.
Sie fuhren über Mayen nach Andernach zum höchsten Kaltwassergeysir der Welt. Etwa alle zwei Stunden steigt eine beeindruckende Wasserfontäne bis zu 60 Meter hoch in den Himmel, angetrieben durch vulkanisches Kohlenstoffdioxid.

Spät am Abend waren sie wieder in Thionville. Im Freizeitraum war die Familie Lefévre und der Besuch beim Tischtennis spielen. Hannes hatte nun auch mal Zeit sich mit Annabell zu unterhalten. Das Mädchen machte einen sehr freundlichen Eindruck.
„Maurice schwärmt in den höchsten Tönen von dir. Nun konnte ich mich selbst davon überzeugen. Du bist schon cool. Schade, dass wir uns so wenig sehen werden.“ „Oh, danke. Ja, wir sind nur noch bis Ende Mai in Frankreich.“

Am Donnerstag morgen fuhr Hannes wieder zu Inès und Clément Backware kaufen. Diesmal hatte er einen Rucksack dabei.
Nochmal eine Tasse Kaffee bei kurzen Gespräche im Laden und dann zurück zum Frühstück.
Für den Nachmittag hatte sich Stephane Dilbert angekündigt. Hannes war es seit dem letzten Abend schon etwas flau im Magen, als er wusste das Stephane kommen würde. Was wollte oder sah der Gebietsleiter für Südostasien in ihm? Zwischen Baggerfahren, Vermessen und der Gesamtleistung über ein 24 Millionen Dollar Projekt lag ein Himmelgroßer Unterschied. Er war doch immer nur der Klassenkasper gewesen.

Nach dem Frühstück sprach Hannes mit Bernhard darüber. Hannes fand diese Schnapsidee von den zwei Teams nicht gerade lustig.
„Hannes, es war und ist keine Schnapsidee. Es wurde in den Teams besprochen und alle waren dafür. Ich möchte Franziska nicht immer so lange allein lassen. Das Haus macht schon genug Arbeit. Zum anderen ist Maurice in einem schwierigen Alter, da hat es die Mutter auch nicht immer leicht. Ich bin ja auch noch da. Ich komme auch wieder nach Kambodscha, nur nicht im Mai und dann auch keine drei Monate. Ich helfe dir wie ich kann, du hast Asger bei dir. Arthur ist auch da. Im Büro in Kâmpóng Trâbêk hast du Eliane und Roman Welter. Sie sind sehr erfahren und wissen was sie tun. Du wirst nicht ins kalte Wasser geworfen. Vieles machst du doch sowieso schon. Den Rest schafft ihr zusammen. Ich fahre noch mit dir zur Weltbank und stelle dich den Leuten vor.“ „Auch du liebe Güte.“ „Das ist nicht dramatisch. Die wollen hin und wieder Berichte über den Fortschritt der Bauabschnitte und den Kosten für Material, Arbeiter und Vorplanung.“ „Wenn es mehr nicht ist! Ich habe in meinem Leben so etwas noch nie gemacht. Ich habe noch nicht einmal einen Computer.“
„Hast du früher französisch oder khmer gesprochen? Dich mit Gouverneure unterhalten? Menschen Baggerfahren beigebracht? Oder Ärzte geholfen?“ „Nein.“ Bernhard legte den Kopf zur Seite. „Merkst du was? Du bist nicht dumm. Ich zeige dir wie du Tabellen am Computer anlegst, dies ist alles nicht so schlimm. Die meiste Arbeit macht sowieso das Büro in Kâmpóng Trâbêk. Du musst nur ein paar Bauberichte und Protokolle schreiben.“ Sagte ein Bauingenieur. Hannes wusste nicht, was er darauf noch erwidern sollte, für Bernhard war die Sache entschieden.

Um 14 Uhr kam Stephane Dilbert vorbei. Im Grunde sagte Bernhard am Vormittag schon das gleiche. Stephane wollte das Projekt mit dem Bohrer noch genauer erläutern haben. Claude konnte dies über die Topographischen Karten am besten erklären. Die Antwort von Stephane für einen Bohrer war genau so viel wert, wie ein Pfund Butter in der Sonne.
„Stephane, Nein! Du bist mein Chef und du bestellst dann den Bohrer, ich kann nicht auf gut Glück ein solches Teil bestellen.“ „Bei Elf Baumaschinen ging es auch. Einen solchen Bohrer können wir auch in anderen Regionen einsetzen, die Kosten und Arbeit bekomme ich schon in den Griff. Es muss nur jemand dieses Bohrer bedienen können. Cees kann und sollte dies dann machen.“ „Cees?“ Hannes riss die Augen auf. „Ja. Du sagtest, wenn ein solcher Bohrer kommt, er ihn dann auch bedienen müsste.“
Hannes nickte, dies hatte er gesagt. „Seit du in Frankreich bist, ruft er fast täglich an und fragt nach dem Bohrer.“ Hannes reichte Stephane sein Mobiltelefon. „Ruf ihn an! Sag du ihm wer einen Bohrer kauft. Dann lässt er dich in Ruhe.“ Stephane griff das Telefon und wählte die Nummer von Cees. „Salut Cees, Stephane hier. Ich habe eine gute Nachricht für dich. Bernhard, Hannes und eine Geologe, kamen zu dem Entschluss einen Bohrer zu kaufen. Ja, ja hast richtig gehört. Hannes kümmert sich um einen Bohrer…. Ja, hat er mir gesagt….
auch das. Ja, ja.“ Hannes dachte, ihm fällt der Kopf ab, was er hörte. „… kamen zu dem Entschluss…“ Da hatte der Gebietsleiter für Südostasien noch nicht einmal den Mumm Cees die Wahrheit zu sagen. „…Schnellstmöglich. Natürlich…ja, ja….Karten?….Jede Menge… gute Karten ….ja, ja. Habe ich gesehen, sieht gut aus. …wie du meinst. Selbstverständlich. Au revoir, Cees.“
Hannes blies hörbar die Luft aus. „Weist du was du bist? Ein Feigling-Chef.“ „Dafür aber ganz gut.“ „Dann bleib gleich hier. Ich rufe jetzt nach Thailand an und frage Natthathida Aningaen wie weit ihre Recherchen für einen Bohrer sind, du Feiglinge-Chef.“

Über einen Caterpillar Händler in Nakhon Ratchasima wüsste sie, dass dort ein Bohrer stehen würde. Die Maschine hätte Ketten und könnte mit den Anbauteilen an Bohrer über 100 Meter tief bohren. Sie würde sich um Fotos bemühen und diese dann nach Frankreich faxen. Hannes reicht nach dem Gespräch das Telefon weiter an Stephane, er hatte ja schließlich auch den Scheck für die Baumaschinen erstellt. Natürlich könnte man bei einem solchen Auftragsvolumen auch etwas am Preis machen, sagte Natthathida Aningaen am Ende von dem Gespräch.

Die Woche verging wie im Flug. Mit Claude hatte Hannes unglaublich viel Zeit und Gespräche gehabt. Auch mit Clodette und Leatitia hatte er sich sehr gut unterhalten. Hannes hatte bei den beiden – wie auch bei Adelina und Levi ein sehr gutes Gefühl. Mit diesem Team konnte Patricia richtig Gas geben. Er schickte ein Fax nach Dietikon an das Obdachlosenheim, mit der Mitteilung, dass er am Montagabend um 18 Uhr in der Schweiz sei um Levi abzuholen.

Am Samstag Nachmittag fuhr Hannes mit dem BMW von Bernhard zu seinen Eltern. Zum einen war der Weg von der Nahe nach Frankenthal erheblich näher und zum anderen wollte er wenigstens noch ein paar Stunden bei seinen Eltern sein, bevor er wieder nach Kambodscha flog.

Am Samstagabend traf er sich noch mit zwei Schulfreunde in der „Grott“ zum Bier und Gespräche. Er wollte und konnte schließlich nicht mit seiner alten Heimat und Freunde brechen. Seine Freunde kannte er schon vom Kindergarten, trotzdem war es ein nicht alltägliches Treffen. Er sagte nichts, dass er die Gesamtleitung über ein so großes Wasserbau-Projekt in Kambodscha hatte. Er wollte nicht angeben oder sich hervorheben. Trotzdem machte seine Arbeit in Kambodscha in seinem Heimatort die Runde. Dies konnte nur von seinen Eltern kommen. So blieb nichts anderes als das zu sagen, wie es wirklich war. Seine Freunde waren über seinen Werdegang sehr überrascht, trauten ihm dies gar nicht zu. Woher auch? Er wurde ja immer nur als der Klassenkasper gesehen.

Am Montagmorgen frühstücke er mit seinen Eltern und sagte ihnen, was er an diesem Tag noch vor hatte. Bei dem Besuch in der Schweiz ließ er sehr vieles über Levi Flacks weg. Zum einen hatte er es ihm versprochen und zum anderen wusste er nicht, wie seine Eltern reagieren würden, wenn er einen Obdachlosen mit nach Kambodscha nehmen würde.

Am 23. April um 8.30 war er bei einem Unternehmen in der Pfalz, welches weltweit Pumpen lieferte.
Ludgar Möller war Anfang 50 und ein richtiger „Pälzer“. Ein Mann der es gerne gemütlich mochte und wahrscheinlich am liebsten bei dem Meeting ein viertel Weißwein getrunken hätte. Hannes und Ludgar waren sofort auf einer Linie. Er zeigte ihm Fotos von Kampong Rou und dem Wasserrad.
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du da eine Pumpe anbauen willst!“ „Glaub ich dir. Es geht aber. Was meine beiden Kollegen mit Hilfe von fünf Arbeitern gebaut haben, ist schon unglaublich. Bis wir mit der Hauptleitung so weit sind, vergehen noch Jahre. Wenn wir dieses Wasser mit dem Wasserrad pumpen können, hätte der Ort einen großen Vorteil. Leider kann ich dir keine genauen Angaben über die Leistung von dem Wasserrad geben. Da ist deine Erfahrung gefragt. Ich habe eine Berechnung erstellt, die ich nur anhand von der Größe des Rades, der Welle und der Fallgeschwindigkeit von dem Wasser Ansatzweise errechnen lässt. Wenn du sagst, eine Pumpe mit mehr KW würde auch funktionieren – umso besser.“ „Ich mache diesen Job nun schon seit 35 Jahre, was du vor hast, hat es in dieser Firma noch nie gegeben! Eine Hochleistungs-Pumpe mit einem Wasserrad zu betreiben, hat hier im Unternehmen einigen Ingenieure Kopfzerbrechen bereitet – mir übrigens auch. Warum nicht einfach mit Strom?“ „Habe ich dir schon am Telefon erklärt. Das Stromnetz ist in einem desolaten Zustand. Überall wird etwas abgegriffen und ein paar Kabel dabei gezogen und dadurch bricht das Netz immer wieder zusammen. Und zum anderen weil es fast keine Sicherungen gibt. Ich habe die Baupläne von meinem Schwiegervater dabei, ihr liefert auch die Pumpen für diese Hauptleitung. Da muss natürlich Starkstrom verlegt werden, dies ist im Aufbau. Dies braucht natürlich seine Zeit für die Hundertachtzig Kilometer Länge.“ „Verständlich. Wer verlegt den Strom?“ „So weit ich weiß eine Firma aus Kambodscha. Der Zulieferer ist eine Firma aus Taiwan. Ludgar, in dem Land ist alles so marode, dass ich den Auftrag von meiner Firma bekam neue Baumaschinen zu kaufen. Mit dem vorhandenen Schrott, sind wir im nächsten Jahrtausend noch nicht fertig.“ Ludgar konnte dies alles gar nicht glauben.

Hannes erzählte ihm von dem Schrott an Bagger und das sein Tagesziel nicht annähernd erreicht wurde. Mittlerweile seien gute Arbeiter in den Teams und ein kleiner Lichtblick für eine höhere Geschwindigkeit da. „Ist kaum vorstellbar welche Probleme du hast. Was wird mit unseren Pumpen?““„Alles gut! Ich habe richtige Bagger gekauft die die Pumpen heben und in die Bauwerke einbauen können. Wann kommen die nächsten Pumpen?“ „Die Hälfte ist fertig, das Geld von der Weltbank ist überwiesen. Wir warten nur auf das Okay von jemand.“ „Aha. Dann gebe ich dir das Okay.“ Ludgar sah ihn an, als ob in diesem Augenblick in Frankenthal ein Erdbeben sei.
„Ja. Ich sage dir, schick die Pumpen auf den Weg. Bis die in Kambodscha sind, habe ich die Bauwerke für die Pumpen fertig. Lass mir noch zwei Monate Vorsprung, denn ich weiß nicht, wie sich die Bauzeit beim Monsun bemerkbar macht.“ „Hannes, du bist cool. Andere Projektleiter sind so etepetete und du sagst, gib mit zwei Monate Vorlauf. Da du nun die Gesamtleitung hast, werden wir öfter miteinander zu tun haben. Ich werde deine Wasserrad-Pumpe bauen. Ich halte dich auf dem Laufenden. Normal ist eine solche Pumpengröße bei uns Standard und auch schnell gebaut. Einziger Knackpunkt ist die Welle. Ich werde dir die Pumpe mit einen Getriebe versehen, dann sind wir beide auf der sicheren Seite. Wenn euer Wasserrad mehr Leistung bringt, kann die Pumpe es auch. Ist das ein Wort?“ „Absolut. Ludgar, absolut. Ich würde gerne mich mit dir weiter unterhalten, möchte aber um 18 Uhr in Dietikon sein um einen Lehrer für das Team von meiner Frau abzuholen. Vielleicht schaffe ich es im Mai noch einmal zu dir zu kommen, um mir die Pumpe anzuschauen.“ „Komm in drei Wochen dann ist die Pumpe fertig.“ „So schnell?“ „Standard. Bis eben auf die Welle und Getriebe. Schaffen wir schon.“

Die dreieinhalb Stunden mit Ludgar vergingen schnell und waren weitaus angenehmer als gedacht.
Auf dem Weg in die Schweiz rief er Bernhard an und sagte ihm, dass in einem viertel Jahr die Pumpen für den ersten und zweiten Bauabschnitt geliefert werden und auch ein Teil für Abschnitt drei. Dann rief er Asger an und erkundigte sich nach dem Stand von dem Bauabschnitt.
„Die Bagger kamen heute mit Tieflader in Kampong Rou an. Ich habe in Svay Rieng noch zwei Baggerfahrer gefunden. Arthur hat auch zwei neue Männer in seinem Team. Die Vertretung von Bernhard am ersten Abschnitt hat auch drei Fahrer. Wir haben auch nun gute Mitarbeiter aus der Umgebung von Kampong Rou. Das erste Pumpenhaus in unserem Abschnitt ist fast fertig. Die nächsten habe ich ausgemessen und könnten schon in zweieinhalb Woche mit den Fundamenten beginnen. Die neuste Lieferung von Wasserrohre kommen diese oder nächste Woche. Eliane macht mittlerweile gewaltig Druck bei den Zulieferer. Stephane hat ein Angebot bei dem Stromversorger für die Fundamente der Hochspannungsmasten eingereicht.“ „Wer soll die bauen?“ „Wir.“ „Dann fehlen uns wieder Bagger. Asger, finde ich nicht gut. Ich hatte am Donnerstag Stephane getroffen, davon hat er nichts gepfiffen, dieser Feigling-Chef. Mal Abwarten wer den Zuschlag bekommt. Danach kann ich immer noch mit ihm schimpfen. Sonst alles gut bei euch? Mit Nolan auch?“ „Läuft alles bestens. Nolan war mit Mareile für ein paar Tage weg. Tolle Geste von dir. Bist schon ein cooler Chef.“ „Ja. Danke. Musst mich nicht in den Himmel heben. Hättest du auch gemacht. Wir brauchen Nolan und aus diesem Grund will ich ihn aufbauen. Cees soll den Bohrer bedienen, wobei ich ihn und Luan gerne im Hochbau einsetzen würde. Hilf du mir weiter.“ „Aus diesem Grund bist du ja der Chef.“  „Danke. Deine Antwort und Hilfe war jetzt sehr ausführlich.“
Asger lachte ins Telefon. „Hudson Rhys ist noch gut.“ „Stimmt er ist so gut im Verlegen von Wasser- und Abwasserleitungen ihn möchte ich schon dafür weiter einsetzen.“ „Du hast recht. Ich schaue wenn ich hier von den Männer in den Hochbau schicken könnte.“ „Mein lieber Asger, bedenke bitte, dass viele Analphabeten sind.“ „Shit!“ Hannes nickte, konnte Asger durch das Telefon nicht sehen.

An Karlsruhe war er gut vorbei gekommen, noch gute 250 Kilometer bis Dietikon. Zeit genug um sich zu überlegen, wen er für die Hochbau Bauwerke einsetzen konnte. Er war ja der Chef. Bei diesem Satz hätte er Asger am liebsten in dessen Allerwertesten treten können. Gut, er hätte bei Asgers Körpergröße eine Trittleiter gebraucht, bei der Vorstellung musste Hannes schmunzeln.

Um kurz vor 17 Uhr war Hannes an der Abfahrt Efringen-Kirchen vorbei. Er rief in das Obdachlosenheim an und sagte wo er zur Zeit sei und das er in einer Stunde am Heim wäre. Er ließ sich noch den Weg beschreiben um nicht noch ewig suchen zu müssen.

Das Obdachlosenheim war im Osten der Stadt und ein herunter gekommenes Zweistöckiges Gebäude. Hellgrün gestrichen und von Außen ein Ambiente wie von einem Amboss. Wer streicht ein Haus Hellgrün?
Die Halbrunde Holztür erinnerte an ein Schulgebäude aus den Fünfzigern – der Flur auch. Es war ein altes Schulhaus. Kalte Fliesen auf dem Boden, die Wände mit Latex Farben in einer Mischung aus weiß, grün und gelb gestrichen. Es wurden wahrscheinlich die restlichen Farben zusammen geschüttet.

In dem Büro saß ein Sozialarbeiter mit einem langen grauen Pferdeschwanz. „Hallo und guten Abend, ich bin Hannes und möchte zu Levi Flacks.“ „Grüezi, ham Sie eine Identitätskarte bei si?“ „Äh…ein Pass?“ „Jo, sag i doch.“ Hannes zeigte dem alt 68er Hippie seinen Pass. „Aha, Düütsch. Ja der Flacks Levi is do. Er is bstimmt in da Speisekammer, or in sei Zimmer, kann och im Garden sei. Sinn Sie mit dem er mitrite noh Frankreich?“ Hannes nickte dem ewigen Studenten der Sozialpädagogik zu.
„Aha. Er hätt gsagt das öpper kommt.“ Hast du irgendwie eine zu große Tüte Gras geraucht? Wollte Hannes dem Strickpullover tragenden Typen fragen. „Ich hatte vor Ostern einige Faxe geschickt, haben sie die nicht gelesen?“ „Jo, do war i in Urlaub.“ Joints rauchen? Wollte Hannes fragen. „Aha, gut. Ich bin jetzt da um Herr Flacks abzuholen.“ „Jo, der is bstimmt in der Speisekammer…“  „Oder auf seinem Zimmer, oder im Garten. Ich weiß. Konnte Ihnen schon vor drei Minuten soweit folgen. Wenn Sie mir jetzt noch sagen, wo sein Zimmer ist, wäre ich Ihnen sehr verbunden.“ „Jo, im zweiten Stock.“
Auf eine genauere Eingrenzung der Örtlichkeit, brauchte Hannes kaum zu warten. „Merci, au revoir.“ „Uf Widerluege.“

Beim Aufstieg in den zweiten Stock dachte Hannes bei sich, lass in deinem Leben die Finger von Drogen, sonst wirst du so blöd wie der Typ.
„Levi!…Levi Flacks“ rief Hannes durch den Flur im zweiten Stock. Es gab nur zwei Möglichkeiten, entweder links oder rechts. Hannes ging auf Verdacht nach rechts. An der vierten Tür trat ein Mittelgroßer, blonder Mann aus dem Zimmer.
„Hier. Ich bin hier. Hallo Hannes, schön dich zu sehen. Du bist ja pünktlich.“ „Hallo Levi, ich wäre pünktlicher, wenn Jimi Hendrix an der Pforte weniger Stoff rauchen würde. Ist dies dein Zimmer?“ Levi nickte stumm.

Ein Raum in Hellgrün gestrichen mit vier Doppelstockbetten, einem Waschbecken mit einem Riss, der Wandspiegel war mehr matt als Spiegel und es roch modrig. Wie Menschen abgeschoben wurden, denen man alles nahm – in diesem Haus sogar die Würde, war schon sehr frustrierend.  „Verstehst du mich jetzt?“ „Levi, ich verstand dich vom ersten Moment, als du mir dein Leben erzählt hast. Ich habe gesagt, dass ich komme, nun bin ich da. Komm, wir gehen etwas essen und dann suchen wir uns eine Pension oder kleines Hotel für die Nacht.“ „Das ist sehr nett von dir, ich habe dafür kein Geld.“ „Ich weiß. Dafür ist es für mich selbstverständlich das ich dich einlade.“ „Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“

Hannes nahm die Tasche von Levi. „Komm. Raus hier!“ „Ja. Ich verabschiede mich noch von Dhani. Er ist ein guter Mensch und hatte gleiches Schicksal wie ich.“ „Natürlich, die Zeit haben wir noch.“

Zusammen gingen sie in den Garten um sich von Dhani Mathieu zu verabschieden. Als Hannes und Levi auf ihn zu kamen, war er gerade dabei eine Mauer zu mauern.
Dhani war ein großer schmaler Mann mit breiten Schultern und seiner Haut sah man an, dass er viel im freien gearbeitet hatte.
„Dhani, darf ich fragen was du hier arbeitest?“ „Ich baue eine Mauer. Ich möchte später den Garten etwas besser anlegen. Ohne Arbeit werde ich wahnsinnig.“ „Du kannst mauern?“ „Ja, ich kann mauern. Es ist mein Beruf. Ich hatte bis vor vier Jahren eine kleine Baufirma mit Fünfundzwanzig Arbeiter. Vor sieben Jahren hatte ich angefangen für ein großes Bauunternehmen als Subunternehmer zu arbeiten. Der ging in Insolvenz und alle kleinen Subunternehmer mit. Ich musste Zwanzig Leute entlassen und habe alles versucht zu retten was noch irgendwie möglich war. Zwei Jahre gekämpft um zu Überleben, das Finanzamt wollte noch Vorsteuern haben, ich war fast täglich auf dem Amt und hatte mit den Leuten gesprochen, meine Kontoauszüge gezeigt und alles offen gelegt. Ich konnte doch gar nichts mehr bezahlen. Meinen Eltern wollte das Finanzamt das Haus versteigern. Auf den Banken wurde mir auch nicht mehr geholfen. Nun bin ich Obdachlos.“

Wie brutal ist diese Gesellschaft, wenn man nicht mehr in deren Richtung läuft? Hannes konnte dies alles nicht begreifen. Mit 20 Jahren hatte er solche Erfahrungen nicht gemacht. Das Leben fing für ihn erst an. „Dhani, ich bräuchte einen guten Hochbauer in Kambodscha.“
Dhani sah ihn fassungslos an. „Ich weiß, dass Levi mit dir nach Kambodscha geht, er ist Lehrer. Was soll ich dort?“ „Meine Frau sucht Lehrer, ich bin bei einer anderen Organisation beschäftigt und bin im Tiefbau. Lass uns dies bitte an einem anderen Ort besprechen. Ich erklärte dir alles und dann entscheidest du. Ich gebe Levi eine Chance, warum auch nicht dir?“

In Altstetten fand Hannes ein griechisches Restaurant mit sogar einer kleinen Pension dabei. Die Zimmer waren geklärt und danach konnte das Essen bestellt werden. Er rief noch kurz nach Thionville an und sagte wo er sei und das er erst am nächsten Tag zurück kommen würde.

Levi hatte seine Faxe dabei, so konnte Dhani sehen, welche Arbeit und Stellung Hannes bei ODHI und in Kambodscha hatte.
„Dhani, ich habe dir alles gesagt, wir können diese Woche noch nach Reims zu ODHI fahren. Ich kann und werde es dir mit dem Gebietsleiter für Südostasien nochmal erklären, du hast die Möglichkeit mit meinem Schwiegervater zu reden, alles was ich dir gesagt habe ist die Wahrheit. Ich kann dir Zweitausend France im Monat anbieten, ist zur Zeit nicht das große Geld, dafür ist es dir. Das Hotel und Essen ist in Kambodscha für uns alle bezahlt.“ „Das hört sich wie im Märchen an.“ „Ich weiß. Levi dachte auch so. Ich habe ihm vor eineinhalb Wochen gesagt, dass ich ihn abholen werde – ich bin da. Du hast die Faxe gelesen. Ich habe euch die Fotos gezeigt. Mehr kann ich nicht tun, als euch meine Hilfe anbieten.“ „Ich weiß nichts über Kambodscha.“ „Es ist Mittelalter. Wir sind dabei diesem Land auf die Füße zu helfen. Auch weiß ich, dass die UN mit Hochdruck an Hilfe für dieses Land am arbeiten ist, wie und was genau, kann ich zur Zeit nicht sagen. Es tut sich etwas, dass weiß ich. Über zwölf Jahre nach dem Genozid von der Roten Khmer tut sich endlich etwas. Wir sind mit dem Wasserbau eines von elf Projekten der UN. Noch ist für euch nichts zu spät. Alles ist unverbindlich. Wir fliegen erst Ende Mai nach Kambodscha. Ihr beide habt immer noch genug Zeit es euch zu überlegen. Selbst wenn ihr in Kambodscha seid und ihr zurück wollt, ist dies kein Problem. Niemand wird gezwungen.“

Beim Essen stellte Hannes Dhani die Mitarbeiter von seinen Teams vor und sagte auch Levi noch einiges über Clodette und Leatitia.
„Du meinst es wirklich ernst?“ Fragte Dhani und sah Hannes in die Augen. „Absolut! In drei Monaten werden die Pumpen für die Hauptleitung geliefert, ich habe mir selbst einen Zeitplan gesetzt, der mit den wenigen Leuten schon verdammt knapp ist. Vor unserem Rückflug war ich in Thailand und habe für über eine Million US-Dollar Caterpillar Bagger gekauft – nur das Beste und Größte. Mit diesen Baumaschinen haben wir auf Jahre noch Arbeit in Kambodscha. Da meine Frau bei UNICEF ist, sind auch dorthin die Kontakte sehr eng. Wir wollen mindestens vier kleine Schulen bauen, arbeit habe ich für dich genug. Da du eine Firma hattest, weißt du besser als ich, wie man Arbeiter im Hochbau einsetzen kann. Ich bin nur Tiefbauer.“ Dhani nickte und reichte Hannes die Hand „Okay, ich komme mit. Levi ist ja auch dabei.“ „Danke. Noch etwas, keiner wird von mir deinen Lebenslauf erfahren. Dies habe ich auch Levi versprochen.“

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