Teil I 2 Fréjus. Die Momente vergehen zu schnell

Tausend Farben sind auch ein rot.
„Ich habe von einer wunderschönen Nacht gesprochen, nicht von Sex.“

Patricia lag eng neben ihm am Strand. Bei einem älteren Franzosen der einen Sonnenschirmverleih am Parkplatz zum Strand betrieb, mietete Patricia einen quietschtgelben Schirm und eine große Strandmatte. Sie hatte sich sein großes Badetuch umgelegt und ihr T-Shirt und Minirock gegen Bikini getauscht. Als sie ihm sein Handtuch zu warf, sah er ihren fast nackten Körper. Patricia hätte locker ihr Geld als Model verdienen können.
Sie legte sich auf ihrer linken Seite und stürzte sich mit ihrem Arm auf der Strandmatte ab. Mit ihrer rechten Hand streichelte sie seine Brust.
„Einen Menschen wie dich zu kennen, ist ein großes Geschenk. Du bist aufmerksam, gebildet und sehr nett. Du passt nicht in diese Clique. Die sind alle nicht so reif wie du. Die sehen ihn dir den Clown, den Spaßmacher. Sie sehen aber nicht deine Gedanken.“ Hannes schaute sie mit fragenden Blick an. „Oui, ich sehe etwas ist in dir. Etwas was du nicht kennst. Vor dem du Angst hast und dies wahrscheinlich schon dein Leben lang. Du bist bei mir ein völlig anderer Mensch als in der Clique. Ich merkte dies schon, als ich dir in den Wald folgte. Es waren andere Gespräche, ein anderes Verhalten und ein anderer Mensch.“ Patricia hatte so recht, mit dem was sie sagte. Hannes suchte Antworten und wusste noch nicht einmal die Fragen.

„Allez Monsieur, baignons-nous dans la mer.“ Sie zog Hannes hoch und gemeinsam liefen sie ins Meer. Der heiße Sand brannte an den Fußsohlen.
Das Wasser hatte fast Badewannen Temperatur, trotzdem tat das Wasser bei dieser Hitze gut. Sie schwammen soweit ins Meer, wo Patricia noch stehen konnte. Umgeben vom Mittelmeer umarmten sie Hannes und küsste ihn lange.
Nach einer Halben Stunde im Wasser war es Zeit in den Schatten zu gehen. Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel.
Unter dem quietschtgelben Schirm cremte er Patricia den Rücken ein und küsste sie auf ihr rechtes Schulterblatt. Hand in Hand lagen sie auf dem Bauch und genossen diesen Augenblick.
Patricia küsste ihn links in den Nacken und Hanner wurde wach. „Habe ich geschlafen?“ „Ja. Hast du. Allez Monsieur, lass uns für die Nacht ein Zimmer suchen.“ „In der Hauptsaison in Saint-Maxime? Du bist mutig. Ich denke, außer die Sitze im Auto bei Backofen Temperatur wird uns nicht viel übrig bleiben. Dafür hätten wir aber auch Meerblick gratis.“ „Ich bin Französin und keine Touristin. Ich werde schon etwas für uns finden. Wenn nicht, bleibt immer noch das Auto.“

Vom Strand fuhr Hannes zurück nach Saint-Maxime. Langsam und immer schauend, wo eine Pension oder Ferienwohnung sein könnte.
Sie hatten über zwanzig mal angehalten und nach einer Unterkunft für die Nacht gefragt. Überall bekamen sie eine Absage. Hannes wollte nicht den ganzen Nachmittag mit der Suche nach einer Unterkunft verbringen. Die Zeit mit Patricia war ihm zu wertvoll. Nach gefühlten eineinhalb Stunden wollten beide die Suche aufgeben.
„Noch einen Versuch. Okay? Wenn wir dann nichts finden bleibt dein Auto für diese Nacht unsere Herberge.“ Hannes nickte stumm. Er hatte bei Pension Nummer 15 schon aufgegeben.
„Fahr bitte hier rechts in die Straße. Ich habe eben einen kleinen Wegweiser zu einer Pension gesehen.“ Hannes fuhr so, wie Patricia ihm sagte. Langsam fuhr er durch Saut du Loup und schaute auch nach einem Schild, Wegweiser oder was auch immer die Menschen benutzen um auf ihre Herberge aufmerksam zu machen. „Hannes, rechts rein. Da hinten sehe ich ein Schild.“
Bei dieser minimalen Geschwindigkeit in dem Gassen von Saut du Loup stand die Hitze in dem Wagen. Trotz dem geöffneten Scheiben an allen vier Türen war es eine unerträgliche Hitze. „Arrêtez. Attendez. C’est ici.“ Hannes stoppte den Wagen und Patricia stieg aus. Sie ging die schmale Sandsteintreppe hoch und klopfte an der Tür. Hannes sprach ein Stoßgebet zu Himmel, denn bei dieser Hitze würden sie diese Nacht im Auto kaum schlafen können.
Eine ältere Frau mit blauem Kleid und einem Kopftuch in der gleicher Farbe, sprach mit Patricia. Je länger das Gespräch wurde umso weniger Chancen rechnete sich Hannes aus. Endlich kam sie die Treppe herunter und wedelte mit einem Stück Papier. „Wir haben Glück. Hannes, wir haben Glück! Die Frau gab mir die Adresse von ihrem Schwager. Er hätte Platz in seinem Haus, ist aber in Fréjus.“ „Wow! Wie weit ist Fréjus entfernt?“ „Etwas über 20 Kilometer. Wir müssen Richtung Nizza fahren. Also in die Richtung wo der „La Tomata“ Strand ist.“ Patricia hörte wie Hannes die Luft ausblies. „Was?“ „Wie was? Bist du dir sicher, dass wir dort schlafen können?“
„Mon Dieu, sie hatten es mir doch gesagt. Okay, ich frage sie nochmals. Ist dann Monsieur zufrieden?“ Eine Antwort brauche Hannes nicht zu geben, denn Patricia war schon aus dem Auto gestiegen. Sie lief erneut die Treppe hoch und klingelte wieder. Patricia fragte die nette Dame, ob diese ihren Schwager anrufen könnte. Denn sie seien nun schon fast zwei Stunden auf der Suche nach einer Unterkunft. Beide gingen ins Haus und Hannes stieg aus dem Backofen auf vier Reifen. Es setzte sich auf die Sandsteintreppe und spürte die kühle von der Hauswand – welch Wohltat bei dieser Hitze.

Patricia kam aus dem Haus und bedankte sich nochmals bei der Frau für die Umstände. „Allons à Fréjus. Monsieur Hannes. Oder braucht der Herr noch eine schriftliche Bestätigung mit Unterschrift von einem Notar?“

Nun fuhr Patricia den Wagen und Hannes konnte diese grandiose Landschaft der Côte d’Azur genießen.
Patricia musste in Fréjus zweimal nach dem Weg fragen.

An der Adresse angekommen, saß ein älterer Mann mit Baskenmütze vor dem kleinen Steinhaus. Das Haus war übersät mit Blumen in Lila, rot, blau und gelb. Die hellblaue Bank war das I-Tüpfelchen vor dem Haus. Patricia stelle sich und Hannes vor. Der alte Mann erhob sich mühsam und sagte „Herzlich willkommen in Fréjus“, auf deutsch. „Setzt euch bitte. Kommt erst einmal an und dann könnt ihr euer Zimmer sehen.“ Hannes traute seinen Ohren nicht, was er eben gehört hatte. Der alte Mann nahm mit seiner Art, die Geschwindigkeit aus dem Tag. Es schien, als ob die Zeit still stand. „Ich habe schon lange kein deutsch gesprochen, verzeiht mir, wenn ich nicht mehr alle Wörter weiß.“
Er erzählte ihnen, dass er aus Königswinter bei Bonn stammte. Nach dem Krieg hatte er hier seine große Liebe gefunden und seit dieser Zeit lebt er in Fréjus.
Diese Umgebung, die Ruhe, das Haus und die Geschichten von dem Mann, waren so angenehm, dass beide sich in die Vergangenheit versetzt fühlten.
Nach über einer Stunde erhob sich der Mann und bat, dass sie ihm folgen sollten. Es ging die Sandsteintreppe hoch ins Haus. Dort war es angenehm kühl. Ein wunderschöner Steinboden wie in einer Kathedrale lag hinter der Eingangstür. Links sah Hannes einen kleine Raum, der das Wohnzimmer zu sein schien. Rechts fiel der Blick in eine Küche, wie Hannes es noch nie gesehen hatte. Alles war mit unglaublich viel Liebe eingerichtet. Es war Nostalgie pur. Ölbilder an den Wänden von Landschaften, Personen und Häuser, die sehr filigran gearbeitet waren und beim betrachten jeden sofort zur Ruhe kommen ließen. Im Haus ging es eine Steintreppe hoch in den ersten Stock, selbst das Geländer war aus Steinen gemauert. Vorbei an zwei Türen aus dunkelbraunem Holz, Vasen auf dem Boden und drei weiteren Ölbilder, öffnete der Mann eine Tür. Licht fiel durch Buntglasfenster und gab dem Raum das Gefühl, als ob man in einer anderen Zeit sei. Ein dunkelbraunes Holzbett mit Stoffdecke und seitlichem Vorhang. Ein kleiner Tisch in der Farbe wie das Bett und zwei Rundsessel mit rotem Polster passten hervorragend zu dem Interior.
„Wow!“ Mehr konnten beide nicht sagen. „Dies wäre euer Zimmer. Seid ihr damit einverstanden?“ „Monsieur, bien sûr. C’est beau! Natürlich, es ist wunderschön!“ „Je sais. Kommt, ich zeige euch das Bad.“
Es überraschte nicht, dass das Bad in Architektur und Interior, wie das gesamte Haus und Zimmer war. „Wenn ihr nun alleine sein wollt, ich bin unten in der Küche.“

In ihrem Zimmer standen beide wie unter Hypnose und ließen jeden Quadratzentimeter auf sich wirken. Patricia gab Hannes einen Kuss „Solche Momente bleiben immer.“ „Oui, Madame. Solche Momente bleiben für immer“ wiederhole Hannes.
Beide gingen hinunter in die Küche. Der Mann saß am Küchentisch und trank Kaffee „Setzt euch zu mir. Wenn ihr Kaffee wollt, nehmt euch Tassen aus dem rechten Schrank am Herd. Entschuldigt, wenn ich mich nicht so gut bewegen kann.“

Patricia suchte zwei Tassen und setzte sich an den Tisch. Der Mann erzählte vom Krieg, von dem Leid und dem Tod seiner Frau. Er lebe alleine in dem Haus, die Kinder seien weit weg und Besuch bekommt er sehr selten. Er fragte nach dem Grund der Reise an die Côte d’Azur. Patricia erzählte ihm von der Idee mit dem Lagerfeuer und Wein am Strand. Der Mann schaute Hannes und Patricia mit seinen wasserblauen Augen an und ein lächeln von ihm machte sein Gesicht noch liebenswürdiger als es ohnehin schon war.

„Nun, Feuer um diese Jahreszeit ist verboten – Wein trinken nicht.“ „Jetzt sind wir an der Côte d’Azur und bräuchten noch eine Flasche Wein. Wissen Sie wo wir eine Flasche kaufen können?“ Fagte Patricia. „Mein Kind“ sagte der Alte und nahm die Hand von Patricia „in meinem Keller liegt Wein. Ich war auch so frisch verliebt wie ihr. Wenn es nur an einer Flasche Wein liegen sollte, helfe ich doch gerne. Schau, im Flur ist eine Tür, geh in den Keller und such‘ dir eine Flasche aus. Das Licht ist rechts an der Wand.“ Patricia schaute den Mann fragend an. „Ich bin zu alt für die Stufen. Geh. Du bist ein gutes Kind.“

„Ein Saint-Émilion von 1943! Mein Kind, du weißt was du willst!“

Es dauerte lange bis Patricia aus dem Keller kam.
„Monsieur? Im Keller liegen Weine aus Bordeaux und dem Piemont die mehr als 50 Jahre alt sind! Ich kann doch keine Flasche nehmen die 1000 Franc kostet! Non! Je ne peux pas faire ça! Non, Monsieur.“ „Deine Schönheit steht deiner Klugheit in nichts nach und du weißt was eine Flasche kostet. Ich trinke so viel Wein nicht mehr. Für meine Beerdigung brauche ich den Wein nicht zu lagern. Also geh und nimm was du heute Abend mit deinem Freund am Strand trinken möchtest, bitte. Hannes, erzähle mir von Deutschland. Wie hat sich Deutschland verändert oder verbessert?“
Hannes erzählte, wie zur Zeit die politische Lage sei und sich vieles in Richtung Osten bewegt. Der kalte Krieg scheint dem Ende zuzugehen. Die Brücken für Frieden seien in alle Richtungen offen und er hoffe, dass alles auch friedlich bleibt. Indem Hannes am erzählte war, sah er, wie der Blick von dem alten Mann an ihm vorbei ging. Hannes drehte sich um und sah Patricia am Türrahmen gelehnt mit einer Flasche Rotwein in der Hand. Was für eine wunderschöne Frau, dachte er. „Monsieur?“ Patricia kam mit der Flasche an den Tisch und zeigte sie dem Mann.
„Ein Saint-Émilion von 1943! Mein Kind, du weißt was du willst. Wenn ich dich um einen weiteren gefallen bitte dürfte. Könntest du für uns kochen? Meine Knochen sind zu alt.“ „Monsieur, j’aimerais beaucoup ça!“ „Merci beaucoup, ihr könnt Peter zu mir sagen. Hannes, würdest du mich nach draußen begleiten, ich möchte noch den Tag vor dem Haus genießen“ an Patricia gerichtet sagte er „Es müsste genügend im Haus sein um ein Abendmahl für einen solch schönen Anlass zuzubereiten.“

Hannes saß mit Peter vor diesem wunderschönen Haus und genoss die Wärme an diesem späten Nachmittag. Die Luft war vom Meerwasser erfüllt und in der Ferne hörte man die Brandung.
„Halte sie fest. Für immer! Sie liebt dich aus tiefstem Herzen. Ich sah es vorhin, als sie mit der Weinflasche in der Tür stand. Ein solcher Blick ist mehr als Liebe! Meine Louise schaute mich 1951 genau so an. Ich kam aus der Gefangenschaft und wusste nicht mehr wo meine Heimat war. Deutschland war zerbombt. Frankreich lag in Schutt und ganz Europa war zerstört! Zerstört durch Irrsinn und Wahn! Ich sah zu viele Menschen sterben um überhaupt noch weinen zu können. Meine Familie hat den Krieg nicht überlebt, so war ich ohne Heimat und auch Haltlos. Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte und bin einfach nur gelaufen. Gelaufen durch Gebiete in denen der Krieg immer noch zu sehen war. Wir hatten ganze Arbeit geleistet! Da drin sind die Deutschen unschlagbar. Wochenlang bin ich gelaufen. Weg von dem Krieg. Weg von den vielen Toten die ich sah. Weg von der brutalen Zerstörung. Hier in dem Ort saß ich, einige Meter weiter unter einem Baum und heulte. Ich wusste nicht warum. Heimatlos zu sein? Keine Identität zu haben? Das alleine sein oder weil ich die Bilder aus meinem Kopf löschen wollte?“ Hannes hörte Peter aufmerksam und regungslos zu.
„Louise fand mich am Abend und wir hatten die ganze Nacht geredet. Ihr Mann ist im Krieg durch eine deutsche Granate gefallen. Sie hatte keinen Hass auf mich. Als die Sonne langsam aufging, schaute sie mich mit dem gleichen Blick an, wie deine Patricia. Bis zu ihrem Tod vor vier Jahren waren wir zusammen. Wir hatten schlimme Zeiten und auch gute Zeiten in unserer Ehe. Immer hoch und runter, trotzdem bestand unsere Liebe.“
Peter erzählte dies alles, als ob Hannes sein Sohn sei. Einfühlsam, mit Ruhe und im Vertrauen.

Patricia hatte Schmorbraten vom Rind mit Klöße und Rotkraut gemacht und rief die Männer zum essen. Peter bat Patricia noch einmal in den Keller zu gehen um einen Wein auszusuchen. Sie kam mit einer Flasche Pomerol aus dem Jahr 1951 in die Küche.
Der Pomerol passte mit seiner sanften und vollen Frucht, hervorragend zum Schmorbraten. Sie tranken beim Essen einen Wein, der 38 Jahre alt war.
Das Gespräch am Tisch war angenehm. Peter bedankte sich bei Patricia für ihre Arbeit und sagte, dass sie sich bald auf dem Weg zum Stand machen sollten. Hannes spülte noch das Geschirr. Peter gab ihnen den Haustürschlüssel. Er wäre vermutlich schon im Bett, wenn sie zurück kommen würden.

Moment die immer bleiben werden

Beide ging Hand in Hand die zwanzig Minuten bis zum Strand. Sie gingen durch enge Kopfsteingepflasterte Gassen. Vorbei an Steinhäuser vor denen Leute an Tischen saßen. Der Wind vom Meer wehte in den Haaren von Patricia. Er roch ihr Parfüm und war noch nie so verliebt, wie in diesem Augenblick. Was er in den letzten Tagen erlebt hatte, konnte er immer noch nicht glauben. Patricia schaute ihn mit ihren braunen Augen an und er sah, dass sie glücklich war – er war es auch. Diese unglaublich schöne und kluge Frau an seiner Seite machte ihn zum glücklichsten Menschen auf der Welt.

Am Strand waren ein paar Gruppen von Jugendlichen. Auch einige Liebespaare saßen im Sand oder hatten die Füße im azurblauen Wasser. Patricia drehte sich zu ihm, gab ihm einen langen Kuss und sagte, „Hier. Hier ist unser Platz.“ Sie zog ihn an der Hand in den Sand. Patricia saß rechts von ihm und gab ihm einen Kuss. Sie streichelte liebevoll seine rechte Wange „Hannes, ich weiß nicht mehr was ich denken soll! Noch nie habe ich jemand getroffen, der so ist wie du. Du hörst zu, du weißt so viel und hast sehr viel Anstand. Ich liebe dich. Ja, ich liebe dich! Meine Mutter ging von Deutschland nach Frankreich und ich mache es umgekehrt. Ist schon verrückt. Wir sitzen an der Côte d’Azur und trinken gleich einen Wein, der tausend Franc kostet. Ein solcher Moment wird so schnell nicht wieder kommen. Wenn du nicht so empfindest, lasse ich die Flasche zu.“
Hannes griff in den kleinen Rucksack von ihr und holte die zwei Kristallgläser von Peter heraus. Ohne ein Wort zu sagen, entkorkte Patricia den Saint-Émilion von 1943.
Der Wein war trotz seines Alters immer noch fruchtig, leicht süß, nicht zu trocken und hinterließ auf der Zunge und Gaumen ein Feuerwerk an Geschmack.

Er zog Patricia zu sich und umarmte sie. „Ich hoffe das dies kein Traum ist und ich nicht irgendwann erwache und keine Farben mehr sehe. Eine solch schöne und kluge Frau wünscht sich jeder Mann auf dieser Welt. Du kannst sie dir aussuchen. Schöne Männer, reiche und kluge Mä…“
„Arrêter! Qu’est-ce que ce sera? Stopp! Was wird das? Ich weiß was ich kann. Oh ja! Ich sitze mit dir nun tausend Kilometer von dem Ort entfernt, wo du diesem Vorschlag gemacht hast. Ich bin mit dir gefahren, obwohl du dachtest ich suche nur ein Taxi dass mich nach Hause fährt. Ich trinke mit dir einen Wein, den sich andere in ihrem Leben nicht leisten können! Ich sage dir das ich dich liebe und nun kommst du und redest davon, dass ich mir Männer aussuchen kann!“
Patricia war merklich böse und Hannes tat es leid, dass er seine Gedanken ihr sagte. Er hatte mal wieder ein Rendezvous voll gegen die Wand gefahren.
„Hannes, vielleicht habe ich schon ausgesucht.“ Patricia war bei ihren Worten leise und liebevoll. Sie gab ihm einen Kuss „Ein Gespür für ein Rendezvous hast du ganz bestimmt nicht. Monsieur, Monsieur, da müssen wir noch dran arbeiten.“

Patricia legte ihren Kopf auf seine Brust und schaute in den immer dunkel werdenden Himmel.
„Die Sterne leuchten für uns.“ „Oui, Madame. Je t’aime.“ „Solche Momente werden nie wieder kommen. Hannes, ich liebe dich.“
Sie lagen im Sand an der Côte d’Azur, tranken sündhaft teuren Wein und genossen die Augenblicke.
„Ist noch Wein da?“ Er nahm die Flasche aus dem Sand und füllte die Gläser auf. „Merci beaucoup.“ Patricia dreht ihren Kopf auf seiner Brust und gab ihm einen Kuss. „Der Wein ist so alt, wie meine Mutter. Soll dies ein Zeichen sein?“ Mit aufgerissenen Augen schaute er sie an. „Alles gut! Alles gut! Ich habe einen Witz gemacht. Im übrigen verhüte ich.“

Tausend Farben sind auch ein rot

Das Licht am Morgen brach sich im Buntglas des Fensters und der Raum schien in unzähligen Farben zu leuchten. Tausend Farben sind auch ein rot. Hannes beugte sich zu Patricia und gab ihr einen Kuss. Verschlafen öffnet sie ihre Augen. „Schau.“ Patricia sah dieses einmalige Licht im Raum.
„Mon dieu, c’est sympa!“ Sie zog Hannes an sich und drückte ihn fest und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Merci beaucoup, für diese tolle Nacht.“ Mit diesem Worten stand sie auf und ging ins Bad. Als er das Wasser von der Dusche hörte, klopfte er und fragte ob er eintreten darf. „Entree. La douche est assez grande.“

Das Wasser lief ihnen vom Kopf an über den Körper und hatte eine angenehm Wärme. Die Sonnenstrahlen zauberten auch im Bad ein Meer aus Farben.
„Lass mich los, ich möchte Frühstück für uns machen. Ich möchte Peter eine Freude bereiten.“ Sie gab Hannes einen Kuss und ging aus der Dusche.

Patricia eilte in großen Schritten die Treppe hinunter und in einem Schwungvollen Bogen in die Küche hinein. Sie sah Peter am Tisch sitzen und ihr Elan war auf einen Schlag weg.
„Kind, ich bin alt, da braucht man nicht mehr so viel Schlaf. Komm, setzt dich doch. Der Kaffee ist gleich fertig.“
Es klingelte an der Tür. Der Bäcker brachte ein Korb voll Brot, Brötchen und Croissant. „Mon dieu! Wer soll das den alles essen?“ „Der Tag ist noch lang, mein Kind. War der Wein gestern Abend gut gewesen?“ „Exzellent. Ich werde Ihnen die Flasche selbstverständlich bezahlen.“ Peter schüttelte langsam den Kopf „Mein Kind, dass letzte Hemd hat keine Taschen. Ich bin durch die Flasche Wein nicht ärmer, sondern reicher geworden. Leben in diesem Haus war schon lange nicht mehr. Du bist Leben. Dein Freund ist Leben. Teilt bitte eure Zeit mit einem alten Mann bei einem guten Frühstück. Mein Kind, wenn ich doch noch um deinen Schwung bitten dürfte, könntest du vor dem Haus das Frühstück herrichten?“

Das Paradies in der Rue Jean Bacchi

Vor dem Haus war es um diese Uhrzeit sehr angenehm. Das Meer brachte frische durch die kleinen Gassen und so schmeckte das Frühstück noch viel besser.
„Ich möchte hier nie wieder weg“ bei diesen Worten sah sie Hannes an und hielt seine Hand.
„Warum sind Menschen immer so getrieben? Bleibt doch hier. Baut eure junge Liebe auf.“ „Okay Peter, Sie haben gewonnen. Heute ist Donnerstag. Da ist viel Reiseverkehr zurück nach Deutschland, Belgien und Niederlande. Da würden wir wahrscheinlich ab Avignon bis Dijon im Stau stehen. Dann bleiben wir bis Samstag.“ Als Patricia geendet hatte, strahlten die Augen von Peter.
„Ich müsste nur heute nach Hause telefonieren, damit meine Mutter Bescheid weiß.“ Mit einem grinsen nickte Peter ihr zu „Natürlich, mein Kind. Ich habe ein Telefon im Wohnzimmer stehen. Es ist der Raum gegenüber der Küche.“

Die Männer blieben vor dem Haus sitzen und hörten wie Patricia telefonierte.
„Sie erzählt von dir“ sagte Peter leise und klopfte ihm auf den Oberschenkel und hatte dabei ein sehr verschmitztes Lächeln. „Würdest du bitte noch zwei Espresso machen?“ Hannes erhob sich und ging in die Küche. Er schaute noch kurz ins Wohnzimmer und winkte Patricia zu „Sag deiner Mutter liebe Grüße von mir.“

Mit dem Espresso und zwei Gläser Wasser kam er aus dem Haus und setzte sich auf die wunderschöne Holzbank.
„Peter, ich weiß gar nicht wie ich Ihnen danken kann. Sie sind so großzügig. So liebevoll zu uns.“ „Hannes, sag du zu mir. Du bist auch großzügig und liebevoll. Du weißt es nur noch nicht. Glaubst du an Gott?“ Hannes zog die Schultern hoch und verneinte die Frage.
„Schade. Solltest du aber. Ich weiß wir mühen uns ab, kämpfen täglich und erleben Rückschläge. Da verliert man schnell den Glauben. Warum lässt Gott so viel Elend und Unheil zu? Warum ist es kein lieber Gott? Die Bibel ist voll von Schmerz, Trauer und Verzweiflung. Aber auch von Liebe, Sanftmut und Hoffnung. Ihr beide habt euer Leben noch vor euch. Macht etwas daraus.“
Hannes erzählt ihm von seinem Traum. Er möchte Kinder helfen und möchte Menschen helfen. Gutes tun. „Ich möchte Bildung für Kinder. Bildung ist wichtig für eine bessere Welt. Nur so kann es irgendwann einmal Frieden geben und Armut bekämpft werde. Ich kenne keinen Krieg, trotzdem lese oder sehe ich täglich so viel darüber. Du hast den Krieg und auch die Folgen erlebt. Nie wieder darf es so etwas in Europa geben! Ich sitze heute in Frankreich. In dem Land, wo auf beiden Seiten der Hass zu groß war. Ich liebe eine Französin. Wir müssen den Frieden bewahren!“

Ich habe von einer wunderschönen Nacht gesprochen, nicht von Sex

Patricia kam um die Ecke und fragte was sie später kochen sollte und ob es Ziele gab, die man heute besuchen könnte.

Hand in Hand gingen sie durch die wunderschöne Altstadt von Fréjus. Mittelalterliche und sogar noch Antike Bauten zeigen die Geschichte von diesem Ort.
„Ich habe eure Unterhaltung mitgehört. Ich saß auf der Treppe. Hannes, egal was dein Traum ist, ich bin bei dir!“ Hannes sah diese wunderschöne Frau an. Er streichelte ihre Wange und gab ihr einen Kuss „Lass uns jetzt die Zeit genießen und nicht an das denken was in der Zukunft mal sein wird, oder kann.“ „Mon dieu! Wovor hast du Angst? Ich laufe dir nicht weg. Ich habe meiner Mutter erzählt, wie sehr ich mich in dich verliebt habe und das wir Wein von 1943 getrunken haben und ich mit dir eine wunderschöne Nacht erlebt habe!“ „Du…. hast….was?!“ „Ich habe von einer wunderschönen Nacht gesprochen, nicht von Sex. Mon dieu!“ Sie verdrehte die Augen und zog ihn unsanft an der Hand zu sich, um ihm einen Kuss zu geben „Mon chérie, je t’aime“ sagte Patricia und umarmte ihn. „Allez, lass uns kaufen gehen. Ich möchte heute Abend richtig toll kochen. Fisch und ganz viel Gemüse. Ist das okay für dich, mon chérie?“

Peter saß mit einer Pfeife im Mund auf der Bank. Als er die vielen Tüten mit Obst, Gemüse, Käse und Fisch sah.
„Wer soll dies den alles essen?“ „Der Abend ist noch lang, Monsieur.“ Sie gab Peter einen Kuss auf die Wange. „Hannes, für Wein ist es noch zu früh. Geh bitte ins Wohnzimmer. Im Schrank steht Pernod.“
Patricia bereitete das Essen zu. Sie hüpfte in der Küche umher, sang und tanzte – oder irgendwie alles zusammen. So genau konnte Hannes es vom Flur aus nicht sehen. Hannes brauchte noch Wasser und Gläser für den Pernod. Patricia sprang auf ihn zu, küsste ihn links, rechts, umarmte ihn und küsste ihn wieder. „Wenn du Zeit hast, komm doch bitte mit nach draußen einen Pernod trinken.“ „Oui, Monsieur, Commander“ salutierte sie vor ihm und gab ihm ein klapps auf den Po.

Patricia hatte unglaublich gut gekocht. Am Abend wurden noch zwei Flasche Rotwein aus dem Jahr 1950 getrunken und Käse von Ziegen gegessen. Es war ein langer Abend mit vielen Gesprächen. Peter erzählte von seiner großen Liebe und was Louise für ein guter Mensch war.
Es war schon fast Mitternacht bis alle im Bett waren.

Der Morgen war wie der am Vortag auch, Lichtstrahlen erfüllten den Raum in weiche, sanfte Farben. Patricia lag mit ihrem Kopf bei Hannes auf der Brust und schlief noch. Er konnte und wollte nicht aufstehen. Sanft streichelte ihr wunderschönes Gesicht. Seine linke Hand lag auf ihrer Brust und er fühlte ihren Herzschlag. Er sah wie sie im schlaf ruhig atmete.
„Je t’aime ma belle princesse“ sagte er leise und streichelte dabei ihr Haar. „Je sais“ sagte sie verschlafen und öffnete ihre braunen Augen.

Hinterlasse einen Kommentar