Happy End der Facetten

Grillabend am 16. Juli

Nun schreibe ich den letzten Bericht über die 16-tägige Odyssee meiner kleinen Mimi.

Als am 30. Juli um 19.25 Uhr Mimi an der Klippe am Breitenstein abstürzte, blieb mir für einen Augenblick das Herz stehen. Durch einen Busch, welcher einen Meter unterhalb der Klippe an einem Felsvorsprung wuchs, sah ich Mimi nicht mehr. Ein Mann, der auf der anderen Seite der Absturzstelle saß, rief mir zu, dass er Mimi sehen würde. Ich rannte zu ihm und sah Mimi im Gebüsch hängen. Ich lief wieder zurück zu der Abladestelle und rief Mimi zu, dass ich da bin. Wie sollte ich zu ihr kommen, ohne selbst abzustützen? Konnte ich es wagen den einen Meter auf den Felsvorsprung zu springen? Wie sollte ich durch das Gebüsch an Mimi kommen?
Der Mann auf der anderen Seite rief, dass Mimi abrutscht. Ich lief wieder zu ihm und sah Mimi am Felsen hängen. Was nun? Wie konnte ich zu Mimi kommen? Was sollte ich tun? Ich rief immer wieder zu Mimi, dass ich da bin. Ich hoffte, sie bleibt dort hängen, bis ich irgendwie Hilfe organisieren konnte. Um kurz nach 19.30 Uhr sah ich, wie Mimi den Kopf nach links drehte und in den Abgrund sah. Dann fiel sie den Fels herunter.

Mimi hängt an der Felswand

Gelähmt von diesem Anblick fragte ich den Mann, wie ich nach unten kommen kann. Er sagte mir, dass es von dem Plateau nach links eine Möglichkeit gäbe. Ich bat ihn mit mir zu kommen, denn ich kannte diese Gegend nicht. Der Mann ging vor und ich mit meiner Hündin Mira hinter. Da ich nur für die Aussicht zu genießen auf das Plateau ging, hatte ich Badelatschen an. Diese erwiesen sich in dem unwegsamen und steilen Gelände als nicht gerade Vorteilhaft – so ging ich über die Hälfte der Strecke zur Absturzstelle barfuß.

Unterhalb vom Breitenstein

Das Gestrüpp wurde immer dichter und wir kamen langsam voran. Der Mann wollte immer wieder aufgeben und ich drängte ihn zum weitergehen. Wir waren noch ungefähr 50 Meter von der Absturzstelle entfernt und querliegende Bäume machten den Weg immer schwieriger. Ich drängte den Mann, dass er doch bitte weiter gehen sollte. Nach weiteren 10 Metern meinte er, dass es nicht mehr weiter gehen würde, ohne selbst in Gefahr zu kommen.
Ich war verzweifelt und rief nach oben, wo ein Mann und eine Frau standen, ob sie an der kleinen Säule stehen würden. Der Mann sagte, dass diese gute 10 Meter weiter nach rechts von ihm sei.
Ich ging barfuß weiter und musste wegen Geröll und Dornen mir einen anderen Weg suchen. Nach 6 weiteren Metern rutschte ich ab und fasste nach einem Baumstamm. Dieser brach ab und ich rutsche mit den Knien einige Meter über Geröll und lose Erde nach unten. Ich wollte und musste zu Mimi. Der Mann sagte, dass es absolut keinen Sinn machen würde weiter zu gehen. Schweren Herzens musste ich die Suche nach Mimi berechnen.

Erschöpft, durstig und blutend saß ich auf der Wiese vom Breitenstein und war hilflos.
Was sollte ich nun tun? Ich kannte niemanden in der Gegend und wusste auch nicht, wie ich an Mimi kommen konnte. In meiner Verzweiflung rief ich die Polizei an und fragte nach Informationen, die mich in irgendeiner Weise unterstützen könnten.
Um 21.30 Uhr kam ein Streifenwagen vorbei und der Polizist sagte mir, dass man von der rechten Seite besser heran kommen könnte. Da es in wenigen Minuten dunkel werden würde, machte ein neuer Rettungsversuch keinen Sinn. Der Polizist gab mir den Tipp, auf einer Facebook Seite von Kirchheim einen Aufruf zu schreiben.

Mit Mira am 2. Juli unterhalb vom Breitenstein. Mira steht gerade. So schräg ist das Gelände.

Um 22.15 Uhr war ich nochmals an der Klippe vom Breitenstein und sah ein Unwetter aufziehen. Meine Gedanken waren bei Mimi und ich fühlte mich nutz- und hilflos.
In jener Nacht schüttete es vom Himmel, was an Regen nur hernieder kommen konnte. Wie geht es in diesem Moment Mimi? Hat sie einen Unterschlupf gefunden? Ist sie verletzt? Lebt sie noch?
Tausend Gedanken ließen mich nicht schlafen.
Am späten Abend schrieb ich auf jener Facebook Seite noch einen Hilfeaufruf.

Eines der vielen Suchplakate

Freitagmorgen kurz vor 5 Uhr

Es regnete immer noch in strömen und ich wartete auf den neuen Tag. Um 5.30 Uhr machte ich mich erneut auf die Suche nach Mimi. Mit zwei Spanngurten und ordentlichen Schuhen machte ich mich auf zur Absturzstelle. Es goss in strömen und war mit 14 °C recht kühl. Ich band die beiden Gurte zusammen und warf diese über die Klippe, um von unten einen Anhaltspunkt zu haben. Das eine Ende band ich der Sitzbank fest und machte mich mit meiner Hündin Mira auf den Weg.

Es war an diesem Morgen sehr diesig und ich wusste nicht, wo der Weg war, den mir der Polizei am Vorabend sagte. 15 Meter von der Sitzbank entfernt dachte ich, dass es dort runter gehen würde. Der Boden war klatschnass und ich rutsche aus. Im letzten Moment sah ich, dass dies nicht der Weg war.
Der Regen hörte nicht auf und viel heller wurde es auch nicht.
Um kurz vor 6 Uhr fand ich dann endlich den Weg, den der Polizist meinte. Im Wald war es um diese Uhr noch recht dunkel und durch den vielen Regen, war der Untergrund sehr rutschig. Meine Gedanken waren bei Mimi und ich musste irgendwie zu ihr – egal wie. Über querliegende Bäume musste ich Mira drüber heben und wenn ich einige Meter nach unten rutsche, rief ich Mira zu mir. Irgendwie mussten wir beide uns zur Absturzstelle schaffen.
Immer wieder rief ich nach Mimi und horchte auf jedes Geräusch. Durch den Regen hörte ich kaum etwas.

Irgendwann nach 7 Uhr zog Nebel auf und ich hatte keine Orientierung an der Felskante, noch im Wald. Wo war diese verfluchte Absturzstelle?
Klatschnass saß ich im Wald und rief immer wieder nach Mimi. Mein Verstand sagte mir, dass ich alleine keine Chance habe, um Mimi zu finden.

Um 8.20 Uhr war ich am Lkw und zog erstmal neue Kleidung an. Ich stelle die Heizung auf 31°C, damit mir wieder warm wurde. Via Internet suchte ich nach Hilfe. Ob nun Feuerwehr, Verbandsgemeinde, Tierrettung, Forst oder auch Tierheim.
Alles brachte mich kaum weiter und der Verzweiflung näher. Irgendwann um 9 Uhr nahm ich den Rat vom Tierheim in Kirchheim an und wählte die 112. Ich erkläre die Situation und wurde schließlich mit der Bergrettung verbunden – also nochmals alles erkläre.
Um 9.30 Uhr kam dann endlich ein Mann von der Bergrettung. Ich erklärte ihm schnell die Situation und ging mit ihm an die Absturzstelle. Der Mann war nicht gerade motiviert viel zu tun und ich der Verzweiflung nah. Es regnete immer noch und ich wusste mir keinen Rat mehr. Der Mann von der Bergrettung sagte zu mir, dass es zu gefährlich sei, die Klippe herunter zu kommen und wenn, dann erst am Samstag – eventuell, und dann würde mich der Einsatz 1000 € kosten. Mit der Aussage, dass der Abgrund hier am tiefsten sei und die Katze sowieso tot sei, fuhr er unverrichtieter Dinge weg und ich war alleine mit meinen Sorgen. Mein Chef wusste von diesem Unfall schon seit dem Vorabend und er sagte, ich soll noch vor Ort bleiben. Was sollte ich bei Regen und alleine viel ausrichten?
Völlig verzweifelt fuhr ich um 11 Uhr vom Breitenstein nach Plochingen zum laden.

Auf den 350 Kilometer bis nach Hause konnte ich mich kaum auf den Verkehr konzentrieren. All meine Gedanken waren bei Mimi und was ich tun könnte. Am Nachmittag rief ich meine Nachbarin an und erzählte ihr von dem Unfall. Sie meinte, ich soll erstmal nach Hause kommen.

Gegen 16 Uhr war ich zu Hause im Hunsrück und erzählte meiner Nachbarin nochmals von dem Unfall. Sie sagte, dass wir morgen nach Mimi suchen werden.
Ich packte alles zusammen, was ich für meine Sicherheit bei einem erneuten Rettungsversuch brauchte. Ich druckte Suchplakat aus und war für den Samstag gerüstet.

Mimi am 28. Juni in Manheim

Erneut eine Nacht ohne Schlaf

Am Samstag, den 2. Juli ging mein Wecker um 4 Uhr an. Ich hatte vor Sorge um Mimi kaum geschlafen. Um kurz nach 5 Uhr fuhr meine 76-jährige Nachbarin und ich zuerst die 60 Kilometer in meine Firma, um die Suchplakate zu laminieren.
Auf dem Weg zum Breitenstein war ich auf alles gefasst. Ich brauchte eine Bestätigung, ob Mimi lebt oder tot ist.

Um 9.30 Uhr kamen wir auf dem Breitenstein an und befestige nochmals zwei Spanngurte an der Sitzbank. Mit Wanderschuhe, Skistöcke und Helm, Beil, Rosenschere, Beil und den Rucksack voll mit Wasser, Tragetasche für Mimi und noch so einiges mehr, machte ich mich mit Mira erneut auf den Weg, um nach Mimi zu suchen. Ich kam mit den Skistöcken erheblich schneller voran und rief immer wieder nach Mimi.
Endlich sah ich mein Zeichen von oberhalb der Klippe und suchte das Gebiet nach Mimi ab. Ich schaffte mich und meinen Hund über querliegende Bäume und schnitt Büsche und kleinere Sträucher ab.

In meiner persönlichen Schutzausrüstung war es unangenehm warm und die vielen Hindernisse durch Glassplitter, Bäume und Geröll machten mir ein vorankommen immer schwieriger. Immer wieder rief und suchte ich nach Mimi. Durch die vielen Glassplitter musste ich noch auf meinen Hund aufpassen. Wir beide kämpften uns immer weiter zur Absturzstelle und ich schaffte sogar den Weg gute 2 Meter über die Absturzstelle. Ich schicke dem Mann von der Bergrettung via zwei Fotos vor Ort. Ich schaffte dies alles ohne Bergrettung, abseilen und 1000 € – dies alles noch mit meinem Hund.

Mein Zeichen für die Absturzstelle

Jeden Quadratmeter unterhalb der Absturzstelle suchte ich nach Mimi ab.
Fast 6 Stunden war ich im Wald und sah bei jedem Schatten und Baumstumpf Mimi. Jedes Geräusch versuchte ich einzuordnen. Höre ich 20 Meter links von mir Mimi? Ich suchte das Gebiet hoch zur Felswand und in den Wald hinunter ab. Weiter nach links komnte Mimi wohl kaum sein; oder doch? Also suchte ich weiter bis ich die Stelle sah, an der ich am Donnerstag war.
Ich entscheid mich für den Rückweg, denn alleine war es unmöglich Mimi in einem so großen Gebiet zu finden.
Mira führte mich den Weg zurück. Ohne sie hätte ich mich verlaufen. Immer wieder setzte ich mich hin und rief und suchte nach Mimi.
Ich suchte die Felswand ab, wo Mimi sein könnte. Wo waren geeinigte Versteckte für sie. Ich musste weiter hoch zur Felswand. Je höher ich ging, umso steiler und lockerer wurde der Boden. Oft rutsche ich aus und fand mich 6 Meter weiter unten nach halt suchend wieder.

Nach 6 Stunden machte es wenig Sinn, alleine weiter zu suchen und so schafften Mira und ich uns zum Anfangspunkt zurück. Erst jetzt sah ich den Wanderweg durch den Wald.
In meiner Verzweiflung hing ich auf dem Wanderweg und auf dem Plateau noch Suchplakat für Mimi auf. Was hätte ich sonst noch tun sollen?
In Bissingen hing ich noch zwei Suchplakat auf und gab eines in der Bäckerei ab.
Ohne eine Spur von Mimi zu haben, fuhr ich mit meiner Nachbarin die 350 Kilometer zurück in den Hunsrück. Meine und unsere Gedanken waren bei Mimi. Mein Chef sagte mir zu, dass er mich für die kommende Woche so einplanen würde, dass ich nochmals zum Breitenstein fahren könnte.

Enttäuscht, niedergeschlagen und verzweifelt kamen wir am Samstag um 21 Uhr zu Hause an.

Sonntag, den 3. Juli

Der Morgen begann so, wie der Abend endete – mit Sorgen und Gedanken an Mimi. Ich war nun 350 Kilometer von ihr entfernt und wusste nicht mehr was ich noch tun sollte oder konnte.
Am Nachmittag fing auf Facebook entlich mein Hilfeaufruf an zu laufen und ich wurde von ein paar User in Tier-Gruppen in und um Kirchheim eingeladen. Durch die vielen Reaktionen musste ich viel zu dem Unfall schreiben und erklären. Gegen Mitternacht bekam ich eine WhatsApp von einem Mann, der mir sehr engagiert vorkam. Ich rief ihn an und er sagte mir, wen er wo kennt und etwas organisieren würde. Es fing endlich an sich etwas zu tun.

Mira und Mimi im Lkw

Montag, 4. Juli

Nach nur eineinhalb Stunden schlaf stand ich auf und musste zur Arbeit. Meine Gedanken an dem frühen Morgen drehten sich nur um Mimi. Ihr Platz im Lkw war leer und mir tat es jedesmal einen Stich ins Herz, wenn ich mich in der Fahrerkabine umschaute.
Via Facebook, Messenger und WhatsApp bekam ich an dem Vormittag mitgeteilt, was wer vor Ort unternehmen würde, um Mimi zu finden. Es waren kleine Hoffnungsschimmer. Natürlich gab es auch jene, die alles irgendwie besser konnten. Von jenen Besserwisser war aber nie einer vor Ort gewesen.
Mir wurden Tipps von Spürhunde gegeben und ich rief jene an, die ich am Freitag oder Samstag entweder schon angerufen hatte oder mir bis dato unbekannt waren. In dem durcheinander von Tipps, Ratschläge und versuche vor Ort Mimi zu finden, wusste ich gar nicht mehr, wen ich schon angerufen hatte. Jedenfalls liefen all diese Tipps und Ratschläge von den Usern ins leere.

Das war Mimi beim Versuch sie einzufangen

Ein Lebenszeichen von Mimi

Via Facebook informierte ich in einigen Gruppen über den Stand der Suchaktion. Ich konnte nur jene Informationen schreiben oder weitergeben, die ich hatte. Einige User meinten mir dumme und Sinnfreie Kommentare oder Nachrichten schreiben zu müssen. Ich war nicht vor Ort und wurde für jene Suchaktion verantwortlich gemacht. Das solche dummen Meinungen für meine aktuelle Situation nicht gerade förmlich waren versteht sich von selbst.
Um 16.45 Uhr bekam ich einen anruf, dass ein Mann mit seinem Hund Mimi in 10 Meter Entfernung sehen würde. Es gab ein Lebenszeichen von ihr. Ich war überglücklich und rief eine Frau an, von der ich wusste, dass sie in Ochsenwang wohnt und bei der Suche dabei war. Was an diesem Abend passiert wusste ich nicht. Ich dachte Mimi sei in Sicherheit. Erst nach 22 Uhr wurde mir mitgeteilt, dass Mimi nicht eingefangen werden konnte. Für mich brach eine Welt zusammen.

Mittwoch, 6. Juli war ich wieder vor Ort

Mittwoch, 6. Juli

An diesem Tag lief irgendwie alles aus dem Ruder. Ich hatte endlich Leute, die vor Ort sein könnten und mir wurde nahegelegt, dass niemand nach Mimi suchen sollte. Viele gut gemeinte Tipps und Ratschläge wurden mir wieder vorgetragen. Ich sagte oder schreib immer, dass Mimi eine Wildkatze ist und sie einen völlig anderen Charakter als eine Hauskatze hat. Offensichtlich wussten andere besser über meine Katze bescheid als ich.
Gegen 18 Uhr war ich endlich vor Ort und ich traf auf dem Parkplatz Tanja und Daniel, die sich an der Suche nach Mimi bereits seit Montag beteiligt hatten. Beide hatten sich zurückgezogen, weil es ja hieß, niemand sollte nach Mimi suchen.
Von der Frau aus Ochsenwang wurde mir die Fundstelle von Mimi gezeigt und was sie nun an Maßnahmen ergreifen würde. Ich stimmte diesen alle zu, weil es nur und ausschließlich um Mimi ging – auch wenn ihre Maßnahmen sich für mich als völliger Schwachsinn darstellte. Vereinbarung von sogenannten K-9 Suchgruppen wurden nicht eingehalten. Es gab für mich mal wieder einen Rückschag und musste neudenken.
Ich sattelte die Zugmaschine ab und fuhr an die Fundstelle, damit Mimi das Motorengeräusch vom Lkw hörte. Bis weit nach Mitternacht ließ ich immer wieder den Motor laufen, in der Hoffnung Mimi würde aus dem Wald kommen.

Plötzlich wurden gegen Nachmittag via Facebook plötzlich Lügen über mich geschrieben. Ich war die zwei vorherigen Tage nicht vor Ort und hatte keinen Einfluss auf das was am Breitenstein unternommen wurde. In all meiner Hoffnung und Verzweiflung musste ich dann noch vieles klarstellen. Ich hatte ja auch sonst keine anderen Probleme, als jenem dummgeschwätz entgegen zu wirken.

Irgendwann gegen 1 Uhr versuchte ich etwas zu schlafen. Ich hatte die Fenstern am Auto offen und hörte jedes Geräusch im Wald. Um kurz vor 2 Uhr schlief ich völlig übermüdet ein.

Mit Mira auf der Suche nach Mimi

Donnerstag, 7. Juli

Um 5 Uhr war ich schon wieder wach und war eine halbe Stunde später im Wald. Ich ging wieder den Weg bis zur Absturzstelle und suchte nach Mimi. Bei jedem Geräusch, Schatten oder Bewegung sah ich Mimi. Ich rief nach ihr und war nach eineinhalb Stunden sehr verzweifelt.
Wo konnte Mimi sein? Ich weiß, dass Mimi nicht all zu weit läuft und suchte den Bereich der Fundstelle ab – leider ohne Erfolg. Enttäuscht, verkalt und niedergeschlagen saß ich im Wald. Was konnte ich nun tun? Wo sollte ich suchen? Mit wem sollte ich suchen?

Tatjana war die erste vom Team

Eine Frau mit einer Katzentasche als Rucksack kam den Wald hoch. Dies musste jene Frau sein, von der ich wusste, dass sie seit Montag bei der Suche aktiv dabei war.
An der Klippe am Breitenstein lernte ich Tatjana kennen. Sie machte einen sehr ruhigen Eindruck und ich sah eine neue Hoffnung, dass wir Mimi finden würden.
Bei der Suche nach Mimi verging die Zeit und ich musste irgendwann auch losfahren. Ich hatte noch eine Tour von Plochingen nach Köln und vom Rheinland zurück nach Allmendingen.
Schweren Herzens musste ich um 11 Uhr die Suche nach Mimi abbrechen, wenn ich am Freitag wieder vor Ort sein wollte.

Die Aussicht vom Breitenstein

Freitag, 8. Juli

Um 18.20 Uhr war ich endlich wieder vor Ort. Ich lernte dann auch eine Frau kennen, die sich als Profi bei der Suche nach vermissten ausgab. Die Frau war mir mit ihren Ratschläge und Charakter sehr unsympathisch. Ich schluckte oft meine Gedanken runter, denn ich war auf deren Hilfe angewiesen.
Gegen 19 Uhr kam Tatjana auf den Parkplatz vom Breitenstein und jene Profi-Such-Frau zeigte mal wieder ihren Charakter. Ohne ein Wort der Verabschiedung fuhr sie weg. Von all den vielen Helfer am Montag und Dienstag blieb Tatjana übrig.
Ich merkte an diesem Abend, dass irgendetwas im Hintergrund lief, was ich noch nicht richtig einordnen konnte. Wie drei der verbleibenden Personen gegen mich ausgespielt wurde, habe ich schon geschrieben.

Das SAR-Mimi Team formiert sich

Samstag, 9. Juli und Sonntag 10. Juli

Da ich nun vor Ort war, konnte ich nun vieles besser organisieren und plötzlich lief die Suchaktion rund. Mich schrieben Menschen persönlich via Messenger an und boten mir ihre hilfe an. Wildkameras wurden besorgt und eine handvoll Menschen machten sich sachlich und ruhig Gedanken, wie wir Mimi finden können.
An diesen beiden Tagen fanden Menschen zu einem Team zusammen, mit denen ein Erfolg nach dem verbleib von Mimi garantiert war. Diese Menschen gaben mir Hoffnung, Unterstützung und Zuversicht.

Kadda druckte Suchplakat aus, besorgte eine Wärmebildkamera und noch eine Wildkamera. Plötzlich hatte ich mehr Kameras, als jene Profi-Such-Frau hatte. Zum krönenden Abschluss ließ jene Profi-Such-Frau ohne mein Wissen ihre drei Kameras abbauen. Mal wieder wurde ich von Menschen enttäuscht, denen ich vertraute.
Am Sonntag machten sich einige aus dem Team auf den Weg, um in Ochsenwang und Bissingen Suchplakat aufzuhängen.

Montag, 11 Juli

Am Vorabend wurde im Team jeder Gedanken und Hinweis besprochen und am Montag durchgeführt. Selbst eine wenig Aussagekräftige Mail von einer Tier-Kommunikations Frau wurde bis zur Ruine Hahenkamm nachgegangen. Mit Kadda und Tatjana durchkämmten wir den Wald unterhalb der Steige zum Breitenstein.
Auf der Ruine Hahenkamm war keine Spur von Mimi.

Auf einem Bauernhof bei Ochsenwang

Um 12.51 Uhr meldet sich eine Frau von einem Bauernhof außerhalb von Ochsenwang. Sie las das Suchplakat und meinte, dass Mimi eventuell bei ihr im Stall sei. Mit dieser Information wuchs neue Hoffnung in mir. Wir drei sofort zu einem der Parkplätze und auf direkten Weg zu dem Bauernhof.
In dem großen Stall aus Heu- und Stohballen war eine Suche nach Mimi schier unmöglich. Also zurück an den Lkw und die Kameras holen. Ich installierte zwei Kameras und stelle Mimis Transporttasche und ein T-Shirt von mir in den Stall.

Tami beim installieren der Wildkamera

Dienstag, 12. Juli

In dieser Nacht schlief ich wieder sehr schlecht und wenig. Sollte Mimi wirklich auf diesem Bauernhof sein?
Die Auswertung der Kameras war ernüchternd, denn die Kameras mussten über verschiedene Parameter eingestellt werden. Dies wussten wir bis dato nicht. Also nochmals einen Tag verloren.
Niedergeschlagen suchten wir an diesem Tag mit Tami, Kadda, Svenja und Tatjana im Wald weiter nach Mimi. Spuren mit einem Handtuch von mir wurden gezogen. Spuren zu Futterstellen mit Thunfischwasser wurden von unterhalb der Klippe bis zum Waldrand gezogen. Auch wurde in und um Ochsenwang nach Mimi gesucht. Bis zu 19 Stunden war ich auf den Beinen.

Wärmebildkamera von der Feuerwehr

Mittwoch, 13. Juli

In der Hoffnung Mimi auf dem Bauernhof zu finden, fuhr ich mit Tami zu dem Hof. Die Auswertung der Kameras war auf dem kleinen Bildschirm sehr schwierig.
Katja brachte ihren Laptop mit und so konnten wir die Fotos besser sehen. Mimi war nicht auf den Fotos. Wieder mal eine Enttäuschung für mich.
Im Team wurde wieder besprochen, was wir noch machen und versuchen können, um Mimi endlich zu finden. Meine Gedanken drehten sich ständig um Mimi. Sie hatte bereits seit 13 Tagen ihre Medikamente gegen ihre Epilepsie nicht bekommen.

Am Nachmittag richteten wir eine Futterstelle mit Mimis Teppich in einem geschützten Teil von einem Garten ein, denn Mira hatte dort seit gestern eine Spur gewittert. Vielleicht war Mimi tatsächlich in diesem Bereich.

Svenja, Mira und ich auf dem Weg nach Bissingen.

Am späten Nachmittag rief ein Mann aus Bissingen an, der sagte, dass in seinem Garten seit ein paar Tagen eine Katze wäre, die Mimi ähnlich sehen würde. Eine neue Spur? Ist es Mimi? Konnte sie soweit weg sein? Hoffnung kam in mir hoch.
Mit Svenja und Mira fuhr ich sofort zu der angegebenen Adresse. Von der Umgebung konnte es für Mimi passen. Also installierte ich eine Kamera unter einem Spielhaus für Kinder und stellte auf Mimis Teppich eine Schale Futter.
Gegen Abend waren Tatjana, Sarah und ich noch durch Ochsenwang gegangen, in der Hoffnung Mimi zu finden.
Über Flurwege gingen wir zurück und suchten in den Gebüsche nach Mimi.
Mit Sarah saß ich an der Klippe und schauten dem Sonnenuntergang entgegen. Ein Mädchen kam mit einem Fahrrad angefahren und schaute sich eines der Suchplakat von Mimi an. Ich fragte, ob es die Katze gesehen hätte. Sie nicht, aber zwei Freunde von ihr. Sarah und ich sprangen sofort auf, um die beiden Jungs zu suchen. Am Lkw fanden wir die beiden Jungs. Sie hatten eine Nachricht geschrieben, dass eine Katze am Orteingang angefahren wurde. Der eine Junge hatte sogar noch ein Foto von der Katze gemacht. Da das Fotos sehr weit aufgenommen wurde, konnten wir die Katze nicht richtig erkennen. Sarah und ich sofort ins Auto, um an die Stelle zu fahren. Wir sahen das Blut auf der Straße und mir stockte der Atem. Ich rannte der Wegbeschreibung der Jungs nach. Irgendwo musste die Katze sein.
Mira spürte sie unter Eternitplatten auf. Ich sah von der Katze sehr wenig. Von der Farbe war es definitiv nicht Mimi. Nur war es diese verletzte Katze oder doch eine andere?
Irgendwie schaffte ich die Katze aus ihrem Versteck zu ziehen und sah in diesem Moment keine äußerlichen Verletzungen. Die Katze wehrt sich und mir kamen die Fotos von dem Mann in den Sinn, den Mimi arg zugerichtet hatte. Ich ließ die Katze los und sah, dass sie an dem linken Hinterbein humpelte. Im Geräteschuppen war ich auf der Suche nach der Katze, die offensichtlich Hilfe brauchte. Es dauerte nicht lange, als der Landwirt mit seinem Sohn auf den Hof stürmten und mich beschimpfte. Alles reden nach der Suche einer verletzten Katze lief bei den beiden ins leere.
Der Landwirt schickte mir sogar am nächsten Morgen die Polizei.

Jedem Hinweis sind wir nachgegangen

Donnerstag, 14. Juli

Die Auswertung der Kamera war ernüchternd – es war nicht Mimi. Was konnte ich nun noch tun?
Geo-Punkte via Google Maps wurden ausgerechnet und wir besprachen im Team, was wir noch machen könnten oder wo wir nochmals nach Mimi suchen sollten.
Also alles wieder von vorne denken. Seit zwei Tagen dachten wir auch schon kriminalistisch, denn das Verhalten von zwei Personen war doch sehr fragwürdig.
Gegen Mittag sprach ich mit meinem Chef und sagte ihm, dass ich ab Montag wieder im Einsatz wäre. Wo sollte ich denn noch nach Mimi suchen und vor allem wie lange? Es tat mit im Herz weh, wenn ich nur an den Montag dachte.

Freitag, 15. Juli

Um 5.30 Uhr saß ich mit meiner Hündin auf einer Wiese in der Nähe der Futterstelle und hoffte auf Mimi. 150 Meter von mir entfernt sah ich eine Katze über das Feld laufen. Sollte es wirklich Mimi sein? Ich schickte Mira los. Die Katze lief vor dem Hund weg und ich rief Mira zurück, denn Mimi läuft vor keinem Hund weg. Was wenn doch? Ich wusste nicht, in welchem Zusand Mimi ist; oder hat sie irgendein Traumata? Also ich der Kaze nach, denn es könnte vielleicht Mimi sein. An einem Haus am Ortsrand verlor ich die Spur von der Katze. Ich redetet mir ein, dass Mimi nicht auf die Heuballen springen kann und sie es somit auch nicht sein konnte – oder doch?

Am frühen Morgen fuhr ich mit dem Lkw vom Breitenstein nach Plochingen zum laden. Es war ein scheißgefühl zu wissen, dass ich wahrscheinlich am Montag ohne Mimi wegfahren muss. Mir kamen die Tränen, als ich die Steige herunter fuhr.

Nach dem laden in Plochingen fuhr ich nach Dettingen und kaufte im REWE noch etwas ein. Ich bekam einen Anruf von einem Jagdpächter. Er hätte heute morgen eine tote Katze auf der Steige abgeholt. Mein Herz setzte für einen Augenblick aus. Auf den 7 Minuten von Dettingen nach Bissingen waren ein Alptraum für mich.

An der angegebenen Adresse in Bissingen wurde mir eine Katze in einer Plastikwanne gezeigt, die nicht Mimi war. Ich war erleichtert und trotzdem über den Tod von einer Katze traurig.
Wo verdammt nochmal ist Mimi?

Am Nachmittag sind wir zu dritt nach Ochsenwang und hatten Suchplakat in der Nachbarschaft verteilt, wo wir Mimi vermuteten. Wir sprachen mit den Leuten, dass sie doch bitte die Augen offen halten sollten.
Wir drei suchten noch eine andere Futterstelle für Mimi, denn wir vermuteten sie in dem Bereich vom Friedhof.

Nach 16 Tagen das erste Foto von Mimi

Happy End am 16. Juli um 6.30 Uhr

Seit 5.30 Uhr war ich wach und überlege, was ich am frühen Morgen noch tun könnte. In 46 Stunden werde ich arbeiten fahren und von Mimi gab es immer noch keine neue Spur.
Was haben wir übersehen? Wo sollten wir suchen und uns auf welches Gebiet konzentrieren? Alle Anstrengungen von uns waren demotivierend, denn es gab keine Erfolge.
Ich überlege, ob ich die Kameras an der eingerichteten Futterstelle überprüfen sollte. Was, wenn auch dort Mimi nicht gesichtet ist?
In meiner Verzweiflung ging ich die Geo-Punkte durch, die in Betracht kommen könnten. Noch war es kühl am Morgen und ich hätte eine bessere Chance Mimi irgendwo anzutreffen.

Nach 16 Tagen ist Mimi völlig erschöpft in ihrer Sicherheit eingeschlafen

Um kurz nach 6.30 Uhr hörte ich, wie eine Frau nach mir rief. Beim dritten rufen sagte sie: „Naike, ich hab deine Katze.“ Mir bleib das Herz stehen. Konnte dies wahr sein?
Ich ging im schnellen Schritt auf die Frau zu und sie wiederholte ihren letzten Satz. Mein Hirn stand auf Null. Nach so vielen Enttäuschungen in den letzten Tagen, was ich auf alles gefasst.
Ich ging auf die Fahrerseite von dem Auto und sah eine Katze auf dem Beifahrersitz auf einer Decke sitzen, die Trockenfutter aß. Es war Mimi! Mir kamen die Tränen und ich dachte, dies kann doch alles nicht wahr sein.
Ich ging auf die Beifahrerseite und öffnete die Tür. „Mimi, ich bin da“ , sagte ich und Mimi sah mich mit ihren großen Augen an. Mit ihrer typischen Schwanzbewegung begrüßte sie mich. Mir liefen immer noch die Tränen über die Wangen, als ich Mimi fest an mich drückte und sie ihre Stirn gegen mein rieb. Sofor setze ich sie in die Fahrerkabine und gab ihr Nassfutter. Der erste Eindruck war, dass sie äußerlich keine Verletzungen hatte und lediglich sehr dünn war. Sie trank auch sofort Wasser.
Mimi hatte sehr viel durst und gleich kam die Angst, ob sie bei ihrer 16-tägigen Odyssee keinen Nierenschaden erlitten hatte.

Ich schickte das erste Foto von Mimi um 6.37 Uhr in unsere WhatsApp Gruppe. Das Team sollte wissen, dass Mimi endlich wieder zuhause war.
Tatjana war die erste, die auf den Breitenstein gerast kam. Tami rief an und konnte es auch nicht glauben. Sie kam kurze Zeit später auf den Breitenstein. Nach und nach trafen alle vom SAR (Search and rescue) Mimi Team ein, um Mimi zu begrüßen oder uns heulend in die Arme fallen.

In den nachfolgenden Stunden fiel von mir ein unglaublicher Druck ab. Nun endlich konnte ich am Montag beruhigt arbeiten fahren.

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