Campus Galli

Frühmittelalter in der Neuzeit

Wer sich für das aktive Früh- oder auch Spätmittelalter interessiert, kennt und oder Mittelaltermärke oder Burgfeste liebt, wird von Campus Galli begeistert sein.

Wer schon mal in Frankreich in Guédelon, nahe Paris, war, kennt oder weiß, wie Menschen in jener Zeit gelebt und gearbeitet haben.
Über viele Jahre wurde in Guédelon an einer Burg aus dem 13. Jahrhundert gebaut.
Das gleiche gibt es in Meßkirch zu sehen, erleben und bestaunen.
Auf dem Campus Galli soll eine Abteikirche entstehen, welche es noch nie gab.
Es gibt tatsächlich nur einen Grundriss von dieser Abteikirche. Dieser wurde auch nur zufällig gefunden, weil zu jener Zeit Pergament sehr teuer und kostbar war.
Da der Bau für die Abteikirche verworfen wurde, wurde irgendwann das Pergament benutzt, auf dem der Grundriss gezeichnet wurde, und auf der Rückseite eben mit biblischen Texten beschrieben.

Um eine Abteikirche, Burg, Festung oder was auch immer zu bauen, brauchte es erstmal Land und Leute. Also Handwerker, Bauern, Schneider usw. So entstanden um die uns heute bekannten Burgen, Festungen oder Kathedralen klein Siedlungen – so auch in Meßkirch auf dem Campus Galli.

Der Lageplan von Campus Galli

Eine Scheune, Holzkirche und kleiner Häuser sind schon fertig gebau. Ein Hühnerstall und Abthaus sind im Bau.
Wann und ob es jemals jene Abteikirche geben wird, kann niemand sagen, denn es braucht für ein solches Projekt sehr viel Menschen und Material. Zur Zeit arbeiten auf dieser Baustelle etwas 50 Männer und Frauen. Um das Projekt zu verwirklichen, bräuchte es Hundert Mal mehr Menschen.

Ich war am 3. Oktober über sieben Stunden auf der Baustelle und kam aus dem staunen nicht mehr heraus. Auch hatte ich eine eineinhalb stündige Führung mitgemacht und im Anschluss mit vielen Handwerker auf der Baustelle geredet.
Wer jene Zeit erleben möchte, sollte sich Campus Galli auf jeden Fall anschauen – es lohnt sich.

Nun noch eine Erklärung, warum es dieses Projekt überhaupt gibt.

In den ersten Jahrzehnten des 9. Jahrhunderts erlebte die Abtei St. Gallen Zeiten des Aufbruchs und tiefgreifender Veränderungen. Diese betrafen sowohl das Äussere, die materielle Grundlage, die Gebäulichkeiten, allen voran die Klosterkirche, als auch die rechtliche Verfassung, das literarische und geistige Leben und das künstlerische Schaffen. St. Gallen war im Begriff, vom bescheidenen Kloster im Steinacher Forst, das unter dem Gründerabt Otmar (719-759) bei der Zelle des Eremiten Gallus (gest. um 640) errichtet worden war, zu einem karolingischen Grosskloster aufzusteigen.

Unter Abt Gozbert (816-837) konnte die Abtei sich durch das Schutz- und Immunitätsprivileg Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) von 818 weitgehend aus der Abhängigkeit des Bistums Konstanz lösen und wurde zum Reichskloster. Gozbert ordnete die Verwaltung des stark angewachsenen klösterlichen Grundbesitzes neu, reorganisierte das Urkundenwesen und führte eine Archivregistratur ein. Zur selben Zeit, im ersten Drittel des 9. Jahrhunderts, entwickelte das Skriptorium unter dem Schreibmeister Wolfcoz eine neue kalligraphische Schrift und erlebte mit dem Wolfcoz-Psalter eine erste Blüte der Buchkunst.

Da die Bewohner und Arbeiter von den Bauten – ob nun Burg, Festung oder Kathedrale, in die Gottesdienste wollten, wurden erst kleiner Kirchen in einfacher Bauweise gebaut.

Die Handwerker brauchten Kleidung und Werkzeuge. So wurden auch diese in unmittelbarer Nähe oder in den umliegenden Siedlungen hergestellt.

Nutztiere gehörten auch zu den Siedlungen

Unter Gozbert wurde auch das hagiographische Korpus des Gründerheiligen, das bisher einzig auf der merowingerzeitlichen «Vita sancti Galli vetustissima>> gründete, erneuert. Im Auftrag Gozberts schuf zwi-schen 816 und 824 der Reichenauer Mönch Wetti eine neue Gallusvita, die dem gestärkten Selbstverständnis St.Gallens entsprach und seine Anfänge ins rechte Licht rücken sollte. Ein Jahrzehnt nach Wetti, um 833/34, erhielt mit dem Dichter Walahfrid Strabo ein weiterer Reichenauer Mönch den Auftrag, eine neue Vita des Gründerheiligen zu verfassen. Damit wurde ein karolingisches Gallusmünster «in litteris» geschaffen, analog zu dem in Stein gehauenen Münster. Wie das neue, monumentale Gotteshaus sollte auch Walahfrids Vita als gültige lateinische Form des Galluslebens die Jahrhunderte überdauern
Zur selben Zeit erreichte die Mönchs- und Klosterreform der Aachener Synoden von 816 und 817 und des Reichstags von 818/19 unter Ludwig dem Frommen und Benedikt von Aniane (um 750-821), die das abendländische Mönchtum auf der Grundlage der Regel des heiligen Benedikt (um 480-547) erneuerte, auch St. Gallen. Davon liefert die St.Galler Abschrift vom Aachener Norm-Exemplar der Benediktsregel ein berühmtes Zeugnis. Sie ist als einziges Exemplar dieser textgeschichtlich wichtigsten Fassung der Regel erhalten. Der Text kam von Aachen als Abschrift über das benachbarte Kloster Reichenau nach St.Gallen; mit Reichenau war das Kloster an der Steinach seit dem Jahr 800 durch einen Verbrüderungsvertrag verbunden. Der Reichenauer Abt Heito (806-823) und der Bibliothekar Reginbert (gest. 846) hatten die Mönche Grimald und Tatto in das vom Reformabt Benedikt von Aniane 814/15 gegründete Kloster Inden/Kornelimünster bei Aachen geschickt, um sich in jenem Reformkloster über das Ordensleben zu informieren. Von hier sandten die beiden Mönche eine Abschrift der Benediktsregel samt Begleitbrief nach Reichenau, wovon wiederum die eben nach St. Gallen gelangte.

Abt Gozbert von St. Gallen begann im Jahr 830 mit dem Bau eines neuen Gotteshauses, das an die Stelle der alten, noch unter dem heiligen Otmar errichteten Klosterkirche zu stehen kommen sollte. Wenige Jahre später, im Jahr 835 oder 837, konnte das heute nach ihm benannte Gozbert-Münster im Beisein der Bischöfe von Konstanz und Basel und des Abtes von Reichenau ge-weiht werden. Nach dem Zeugnis Ermenrichs von Ellwangen (um 814-874) wurde mit der Kirche auch der Kreuzgang neu gebaut; Ermenrich nennt in seiner um 850/55 entstandenen «Epistola ad Grimoldum abbatem>>  vier St.Galler Mönche, Winihart, Isenrich, Amal-und Ratger, die an den Bauarbeiten massgeblich be-ger teiligt gewesen seien.
Als Vorbereitung und Anregung für seine grossen Bauvorhaben erhielt Gozbert vom Kloster Reichenau eine Planzeichnung, den Klosterplan. Dieser müsste eigentlich «Reichenauer Klosterplan» heissen, da er dort entstanden ist. Doch für St. Gallen bestimmt, hierher ge-bracht und in all den Jahrhunderten hier aufbewahrt, bis zur Aufhebung der Fürstabtei im Jahr 1805 und darüber hinaus bis heute, verdient er den Namen «St.Galler Klosterplan»> ebenfalls zu Recht. Er trägt die Signatur <<Cod. Sang. 1092» und bildet als älteste überlieferte Architekturzeichnung des Abendlandes einen der kostbarsten Schätze der Stiftsbibliothek. Die Einzigartigkeit des Dokuments kann dadurch ermessen werden, dass der nächstjüngere aus dem Mittelalter überlieferte Bauplan, jener des Kathedralbezirks von Canterbury mit eingezeichnetem Wasserleitungssystem, erst aus der Zeit um 1165 stammt.

Schwer beeindruckt war ich von den Steinmetze. Jeder Tür-, Fenster- oder Formstein muss von Hand beschlagen werden.

Jeder Balken und Brett muss von Hand gesägt und bearbeitet werden.

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