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Maison des Rochers de Graufthal Die Felsenhäuser von Graufthal

Die Felsenhäuser, die sich an die Sandsteinfelswand schmiegen, wurden auf einem natürlichen Felsvorsprung erbaut, welcher im Mittelalter von der Benediktinerabtei Graufthal wahrscheinlich als Lager genutzt wurde.

Die heute dort zu sehenden Häuser mit ihren Sandsteinfassaden und Ziegeldächern wurden Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet. Wird ein Haus direkt in den Fels gebaut, sind keine Fundamentarbeiten und weniger Maurer- und Zimmerarbeiten erforderlich. Die Anordnung der Räume fügt sich harmonisch in die natürliche Vertiefung des Felsens ein. Die Porosität des Steins hat eine ständige Feuchtigkeit zur Folge, die jedoch durch die Ausrichtung der Häuser nach Süden, die den Häusern fast den ganzen Tag Sonne beschert,
kompensiert wird.
Auch wenn die Lebensverhältnisse der Felsbewohner – wie die der meisten Dorfbewohner zu jener Zeit – mehr als einfach waren, bot die Höhenlage ihnen doch Schutz vor den häufigen Überschwemmungen unten im Tal.

Seit dem Tod der letzten Bewohnerin, Catherine Ottermann, im Jahr 1958 stehen die Häuser leer.


Catherine Ottermann, auch ,,Felsekät “ genannt, warin derganzen Region bekannt. Die alte Dame empfing Touristen wie Journalisten gleichermaßen warmherzig in ihrem Haus. Ihre Lebensgeschichte und die zahlreichen – wahren oder erfundenen – Anekdoten, die sie zu erzählen pflegte, sind in die Chronik über das Leben der
Bewohner der Felsenhäuser eingegangen.

Nach und nach werden sie von den Mitgliedern des Vereins „Association de Mise en Valeur du Site de Graufthal-Eschbourg“ (AMVSGE) restauriert und hergerichtet.
Der Verein gewährleistete zunächst die Pflege des Geländes, bevor er ab 1990 mit Unterstützung des regionalen Naturparks Nordvogesen den verschiedenen Eigentümern die Häuser abkaufte und
sie renoviert. Der AMVSGE ist für die Verwaltung und Pflege des Geländes sowie das Veranstaltungsprogramm verantwortlich.

Haus Ottermann: Die Familie wohnt in dem kleinsten der Häuser: je ein Zimmer zu beiden Seiten eines winzigen Raums, der gleichzeitig als Eingangsbereich und Küche dient. Zum Haus gehören außerdem ein Schuppen und ein Ziegenstall.
Ein von außen zugänglicher Dachboden dient den acht Kindern der Familie als Schlafraum.
Die Alteste, Madeleine (1858-1947), und Catherine (1876-1958), das jüngste der Mädchen, verbrachten ihr ganzes Leben in diesem Felsenhaus.
Es gab weder fließendes Wasser noch Strom: die beiden Frauen benutzten Petroleumlampen. Das Zimmer von Madeleine ist mit einer Holzdecke und einem Holzfußboden ausgestattet.

Haus Wagner: Die Familie Wagner verlässt das Haus gegen 1910. 1990 wird es restauriert. Heute befinden sich in den drei Wohnräumen des Hauses
Ausstellungsräume.


Haus Weber: Die Familie baut das Haus 1879 um. Das Haus umfasst einen Wohnraum und einen Stall mit Werkstatt, eine Holztreppe führt zur oberen Etage, wo die sechs Kinder der Familie schlafen. Frau Weber lässt 1920 elektrische Leitungen verlegen – die einzige Modernisierungsmaßnahme, die an dem Haus vorgenommen wird.
Das Einsickern von Wasser führt 1931 zum Einsturz der oberen Etage. Frau Weber, seit 1880 verwitwet, verlässt das Haus.

Leben und Arbeiten in Graufthal im 19. Jahrhundert

Die meisten Dorfbewohner Graufthals arbeiteten im ausgehenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Tagelöhner in den Sandsteinbrüchen als Steinhauer in der Umgebung, als Holzfäller in den Wäldern oder verarbeiteten Holz als Tischler oder Holzschuhmacher.
Nebenher betrieben sie Landwirtschaft, die ihnen ein kleines Zubrot erbrachte: Kartoffeln, Gemüse, Gras und Heu für das Kleinvieh, Ziegen oder Kühe.
Die Landwirte der Umgebung beschäftigten Saisonarbeiter für die Ernte.
Damals war es in den Familien üblich, zu Hause zu arbeiten und dadurch ein bescheidenes Einkommen zu erwirtschaften. Die Firmen lieferten die Rohstoffe und die Prototypen; je nach Branche und Nachfrage stellte man Strohhüte, Säuglingskleidung, Stickarbeiten oder Leintücher her.

In Graufthal strickten die Frauen und selbst die Kinder Babykleidung und Socken für die Firmen in Phalsbourg, Saverne oder Wasselonne. In der Gegend von Phalsbourg arbeiteten noch im Jahr 1960 beinahe 450 Strickerinnen zu Hause.

Zeitgenossen von Catherine Ottermann, der letzten Bewohnerin der Felsenhäuser, berichten, dass sie Säuglingskleidung gestrickt habe. Im Zuge des zunehmenden Einsatzes von Industriemaschinen verschwindet diese Art von Heimarbeit gegen Ende der 1960er Jahre.

Die Briefe der Hildegard von Bingen

Die berühmte, historisch verbürgte Person der hl. Hildegard verdankt ihre
außerordentliche Bekanntheit ihren Kenntnissen in ganz verschiedenen Bereichen wie der Medizin, der Botanik, der Theologie und der Musik. Sie war Ratgeberin der wichtigsten Persönlichkeiten ihrer Zeit. In ihren Schriften schrieb sie die Visionen
nieder, die ihr der Heilige Geist eingegeben hatte.
In der Abteil Graufthal war sie wahrscheinlich um 1160, um die dortige Mutter Oberin Hazecha zu beraten, der die nötige Autorität zur Leitung der Abtei fehlte.
Nach ihrer Abreise belegt ein Briefwechsel, dass Hazecha immer noch von
Selbstzweifeln geplagt ist, Hildegard sie aber immer stärker dazu ermahnt, ihre Abtei wieder in den Griff zu bekommen.

Die in diesen Briefen gewählten Worte sind bemerkenswert: , Sei tugendhaft wie die
Taube, pflege die vom Herrn auserwählte Rebe mit Sorgfalt“, , Dein Kloster gleicht einer Burg ohne Wachter“, , Der Vorgänger, der den Feigenbaum in Graufthal gepflanzt hat, erwartet, dass dieser die Früchte der guten Taten trägt“
Man kann davon ausgehen, dass die Ermahnungen Hildegards zu dem Aufschwung beigetragen haben, den die Abtei am Ende des Jahrhunderts erlebt hat, da ein Teil der letzten Überreste stilistisch dieser Epoche zuzuordnen ist.

Die Geschichte der Abtei

Das Dorf Graufthal (früher Krauffthal) verdankt seine Entstehung dem Bau einer Benediktinerinnenabtei, die wahrscheinlich im 10. Jahrhundert vom Bischof oder dem Grafen von Metz gegründet wurde.
Sie wurde unter den Schutz des hl. Gangolf gestellt und am Westeingang des Tals der Zinsel, einer Durchgangsstraße zwischen Lothringen und dem Elsass, errichtet.
Gründer und Gönner statteten die Abtei mit zahlreichen Besitzungen im lothringischen Salzland, in der elsässischen Ebene und natürlich in der Umgebung von Graufthal aus.
Wie dem gesamten Elsass, ging es der Abtei im 12. Jahrhundert wirtschaftlich gut. Noch heute kann man die vielen, qualitativ hochwertig ausgeführten Bauteile aus dieser Zeit sehen.

Hildegard von Bingen

Die Ewigkeit gleicht einem Rad, das weder Anfang noch Ende hat
(Hildegard von Bingen)

Hildegard von Bingen

Wer war diese Frau?
Nach der Historie ist belegt, dass Hildegard als erste Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters war.
Ihre Werke beschäftigen sich unter anderem mit Religion, Medizin, Musik, 
Ethik und Kosmologie.

Die vielen Schriften von Hildegard waren für den Klerus schon eine harte Kost, denn so schrieb sie zum Thema Begierde und Sexualität, dass diese ein göttlicher Willens sei. Denn ungeachtet der traditionellen Verurteilung der Sexualität an anderen Stellen ihrer Schriften wird die sexuelle Lust als göttliche Kraft interpretiert. Denn ausdrücklich erkennt sie im „Streben der Begierde und der Zeugungskraft des Mannes“ ein Zeichen der „Liebeskraft Gottes“.
Mit solchen und anderen Texten zählt Hildegard definitiv zu den ersten emanzipierten Frauen jener Zeit. Auch war sie Beraterin für viele Adligen und Bischöfe.
Ein umfangreicher Briefwechsel und auch Ermahnungen zwischen Hildegard und jenen hochgestellten Persönlichkeiten haben die Jahrhunderte überdauert. Hildegard hat sich sprichwörtlich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.

Eine Frau, die 833 Jahre nach ihrem Tod offiziell heilig gesprochen wurde, gibt in ihrer Biographie immer so sehr viele Rätsel auf.
Wenn man den Historiker glaubt, wurde Hildegard als Tochter der Edelfreien Hildebert und Mechtild geboren. Weder der genaue Geburtstag noch der Geburtsort werden von Hildegard oder zeitgenössischen Biografen genannt. Ihr wahrscheinliches Geburtsdatum lässt sich anhand ihrer Schrift „Scivias“ recht nah eingrenzen. So musste Hildegard als 10. Kinder einer Adelsfamilie zwischen dem 1. Mai 1098 und dem 17. September 1098 geboren sein.
Nach neueren wissenschaftlichen Forschungsergebnissen aus dem Ende des letzten Jahrtausends stammt Hildegard von dem in einer Urkunde von 1112 genannten Hildebert (Hildebrecht) von Hosenbach (dem heutigen Niederhosenbach in der Verbandsgemeinde Herrstein) ab. Hildebert wird im Jahr des Eintritts vom  Hildegard als Inkluse am Kloster Disibodenberg in einer Urkunde benannt.
Hildegards Mutter war Mechthild von Merxheim. Es ist demnach davon auszugehen, dass Hildegard am Stammsitz ihrer Familie die ersten acht Jahre ihres Lebens verbracht hat.

Nun noch ein paar Informationen zu dem Kloster Disibodenberg bei Odernheim am Glan.

Das Kloster Disibodenberg war eine große Baustelle, als zu Allerheiligen 1112 drei junge Frauen als Inklusinnen aufgenommen wurden: die 20-jährige Jutta von Sponheim, die 14-jährige Hildegard sowie eine weitere 14-jährige Jutta.

Fast 40 Jahre gab es nun auf dem Disibodenberg ein benediktinisches Doppelkloster. Die Frauen lebten zurückgezogen in einer Klause, am Rand der großen Klosteranlage. Zunächst war Jutta die Magistra der Frauenklause. Ihre Gemeinschaft wuchs in 24 Jahren auf zehn Schwestern an.

Nach Juttas Tod 1136 wählten die Schwestern Hildegard zur Leiterin der Frauenklause. Hildegard reformierte einige strenge Vorgaben Juttas und kürzte unter anderem die langen Gebetszeiten. Im Jahr 1141 empfing Hildegard große Visionen, von denen sie in ihrem Buch „Scivias“ berichtete. Ein zeitgenössisches Bild zeigt sie bei der Niederschrift ihrer Visionen auf Wachstafeln. Sie thront selbstbewusst unter einem romanischen Bogen, fünf Feuerzungen des Heiligen Geistes kommen auf sie herab. Ihr zur Seite – durch eine Mauer getrennt – sitzt der gelehrte Mönch Volmar auf einem Bänkchen, hält weißes Pergament in seinen Händen und steckt seinen Kopf durch ein Fenster. Ein Hinweis, dass er bei der Übertragung ihrer Texte in einen Kodex half, aber auch ein Hinweis auf die räumliche Trennung der Nonnen und Monche.

Das Signal zum Umzug auf den Rupertsberg war 1148 die Anerkennung Hildegards als Seherin durch Papst Eugen Ill. Hildegard war nun berühmt, wollte die Abgeschiedenheit auf dem Disibodenberg hinter sich lassen und im Zentrum des damaligen Reiches ihr eigenes Kloster gründen. Doch bis mit Hilfe reicher Unterstützer auf dem Rupertsberg bei Bingen erste Behausungen gebaut und die verfallene Rupertskapelle wieder hergestellt waren, sind ein paar Jahre vergangen. Spätestens zur Weihe der renovierten Kapelle am 1. Mai 1152 wird sie mit ihren 20 Schwestern am Rhein eingetroffen sein.

Leider wurden alle Wirkungsstätten von Hildegard in den Turbulenzen des Dreißigjährigen schwedischen Truppen zerstört.