Kapitel 42 Buddha beschützt dich Schwester

Buddha beschützt dich Schwester

Bei der Toyota Niederlassung in Svay Rieng

Am Vormittag wollte Hannes sich um Motorräder und Autos kümmern. Für das Agrarkollektiv brauchten sie in Zukunft auch vernünftige Autos. Da er mit seinem Toyota sehr zufrieden war, fuhr er in die Toyota Niederlassung in Svay Rieng.
Als er mit seinem Umgebauten Land Cruiser Lexus LX vor fuhr, war in der Werkstatt großes staunen. In Kambodscha gab es nur zwei solcher Autos und selbstverständlich hatte der ein oder andere Mechaniker in der Werkstatt das Auto von ihm oder Patricia schon gesehen. Ihre Autos fielen durch die Erhöhung der Karosserie, den vielen Scheinwerfer auf dem Dach und am Kühlergrill im chaotischen Straßenverkehr immer auf.

Ein junger Verkäufer kam sofort vor die Tür und begrüßte ihn auf die bekannte asiatische Art. Hannes verbeugten sich ebenfalls vor dem Mann.
„Guten Tag, wie darf ich Ihnen weiterhelfen? Haben Sie eine Panne oder Reparatur an Ihren Fahrzeug?“ „Nein, alles in Ordnung. Ich bin hier, um mich nach ein paar Autos umzuschauen.“
Da Hannes ein paar Autos sagte, lächelte der Verkäufer und bat ihn mit ihm zu kommen.
„Welche Fahrzeuge suchen Sie?“ „Pickup’s und ein SUV“ sagte Hannes dem Verkäufer.
„Sehr gerne. Folgen Sie mir. Ich denke, wir haben etwas für Sie.“

Auf dem Gelände standen einige Neu- und Gebrauchtfahrzeuge zu verkaufen.
Vom Kleinwagen, Limousine, über Hilux Pickup’s in der SingleCab-Variante und auch als Xtracab-Version, also eine Doppelkabine, bis zum HiAce Minibus war alles vorhanden.
Der Verkäufer ging auf den Hilux Pickup zu.
Da Hannes selbst einem Hilux Doppelkabiner als Firmenauto hatte, wollte er dieses Modell gerne nochmals kaufen.
„Dieses Model hätte ich gerne mit Dieselmotor. Als Aufbau möchte ich keinen Hardtop, sondern Plane haben. Wie viel haben Sie davon zu verkaufen?“
„Wie viele? Nun, 5 dieser Modelle habe ich aktuell, wobei 2 in einer 4×4 Version zur Verfügung stehen.“ Hannes nickte und lächelte „Sehr schön. Dann kaufe ich diese Fahrzeuge jetzt.“
Der junge Verkäufer sah ihn ungläubig an „Ihre Entscheidung ist aber schnell getroffen. Ich kann Ihnen aber gerne noch das neuste Modell: den T100 zeigen.“ „Gerne.“
Im Verkaufsraum standen neue Modelle welches Hannes nicht kannte.
Der Verkäufer ging auf einen roten Pickup zu „Dies ist das neuste Modell. Der T100 ist größer als der Hilux. Seine Ladefläche ist länger und das Auto ist etwas höher in der Karosserie.“
Hannes schaute sich das Auto an. Es gefiel ihm sehr gut.
„Gibt es dieses Modell auch mit einer längeren Kabine?“ „Zur Zeit noch nicht.“ „Nee, es sollten schon bis zu 5 Personen im Fahrzeug platz haben. Was ist dieses für ein Modell. Dies kenne ich nicht.“ Hannes zeigte auf einen roten SUV der links von dem T100 stand.
„Das ist der 4-Runner. Dieses Modell gibt es auch erst seit diesem Jahr auf dem Markt.“
Hannes schaute sich dieses Auto genauer an. Von außen war dieses Modell fast so groß wie sein Land Cruiser. Das Interieur war etwas schlichter gehalten, sonst konnte er keinen Unterschied sehen.
„Worin besteht der Unterschied zu diesem Auto gegen meinen Land Cruiser?“ „Die Motorleistung ist etwas weniger, die Inneneinrichtung ist nicht so luxuriöse wie die im Land Cruiser. Dafür hat dieses Auto eine andere Karosserie und ist noch etwas besser für das Gelände geeignet.“ „Noch besser als mein Auto? Respekt. Dies würde ich gerne mal ausprobieren. Haben Sie dieses Auto zur Vorführung?“
Der Verkäufer bedauerte dies.
„Na ja, macht ja nichts.“ Hannes setzte sich in den Wagen und schaute sich alles sehr genau an. Das Auto hatte ein Automatikgetriebe und zuschaltbaren Allrad-Antrieb mit Differenzialsperre für beide Achsen. Das Platzangebot im Auto war ordentlich. Das Glasschiebedach, wie auch alle Fenster im Fond und Kofferraum waren getönt. Die Ledersitze, Seitenverkleidung und Armlehnen mit roten Applikationen gefielen ihm sehr gut.
Die verstellbare Lenksäule in Neigung und Länge kannte er aus seinem Land Cruiser.
Auf dem Typenschild an der Scheibe sah er, dass dieses Auto einen 3,0 Liter V6 Dieselmotor mit 136 PS hatte.
Hannes rief Maona an und bat sie doch bitte in der nächsten Zeit in die Toyota Niederlassung nach Svay Rieng zu kommen. Er hätte ein Auto für sie.

Im Büro der Niederlassung sagte Hannes, dass er gerne einen Vollservice Vertrag für die Fahrzeuge möchte. Der Verkäufer notierte diesen Wunsch und hatte noch einige Fragen über die Finanzierung der Fahrzeuge. Hannes schüttelte den Kopf „Keine Finanzierung. Ich zahle Bar.“ „Das ist mal eine Ansage. Gut, dann können wir die Kaufverträge fertig machen.“
Der Verkäufer schrieb alle Daten von Hannes auf und fragte nach der Wohnanschrift. Hannes sah den Verkäufer an und zuckte mit den Schultern „Eine Adresse habe ich noch nicht.“
Der Verkäufer sah etwas irritiert zu Hannes. In diesem Moment sah Hannes ein Taxi auf das Gelände der Toyota Niederlassung fahren. Der Verkäufer sah auch aus dem Fenster.
Maona stieg in ihrer gewohnten schnellen athletischen und sehr eleganten Bewegung aus dem Taxi. Hannes sah leicht nach rechts zu dem Verkäufer und grinste kaum erkennbar.
Der Verkäufer sah wieder zu ihm „Entschuldigung. Sie ist eine wunderschöne Frau.“ Hannes grinste breit „Durchaus. Vielleicht kann sie die Frage nach einer Adresse beantworten.“
Fragend sah der Verkäufer zu Hannes, als er sich vor dem Schreibtisch des Verkäufers erhob und zur Bürotür ging. Hannes drehte sich zu dem Verkäufer um „Ich habe sie angerufen, daher ist sie hier.“

Eine Frau vom Autohaus ging im schnellen Schritt auf die verglaste Eingangstür zu und hielt Maona die Tür auf. Maona bedankte sich bei der Frau.

„Hallo Maona, schön, dass du so schnell kommen konntest. Du bist doch auf der Suche nach einem Auto. Ich hätte da etwas für dich.“ Hannes umarmte Maona und streichelte ihren Rücken „Wow, dein Parfum ist der Hammer.“ „Hallo Borsa mneak del mean ko, bei dir muss ja immer alles schnell gehen. Dankeschön. Dies ist Sunflowers von Elizabeth Arden. Was hast du nun wieder in deinem Kopf, was meine Anwesenheit erfordert?“

Hannes zeigte auf den 4-Runner, der rechts von ihnen stand „Was hältst du von diesem Auto?“
Der Verkäufer eilte sofort zu dem Neuwagen und öffnete die Fahrertür und erklärte Maona einiges über dieses Fahrzeug. Maona setzte sich schwungvoll auf den Fahrersitz und schaute sich das Interieur an. Hannes setzte sich auf den Beifahrersitz „Und? Wäre dies ein Auto für dich?“ Maona nickte „Das Auto ist schön und mächtig groß. Zwei Nummern kleiner würde auch reichen. Der Preis ist schon gewaltig für dieses Auto.“ „Mach dir um den Preis mal keine Gedanken. Ich denke, da geht noch einiges. Ich habe eben 5 Pickup’s gekauft.“
Maona sah ihn mit großen Augen an „Du hast was?!“ „Ich hatte vor Wochen bereits gesagt, dass wir für das Agrarkollektiv auch Autos bräuchten. Bis jetzt hat sich niemand darum gekümmert.“ „Wohl wahr. Entschuldigung. Noch ist es dein Geld.“
Hannes sah zu dem Verkäufer „Dieses Auto kommt noch mit auf die Liste. Ich denke, an dem Kaufpreis könnte man noch etwas ändern.“
Der Verkäufer nickte schnell „Natürlich, natürlich.“ „Sehr gut. Dann sollten wir dies festhalten.“

In dem verglasten Büro saßen Maona und Hannes vor dem Schreibtisch des Verkäufers. Bei der erneuten Frage nach der Adresse sah Hannes zu Maona. Sie zog auch die Schultern hoch „Zur Zeit fällt mir nur die Adresse von meinem Onkel ein. Oder hast du eine bessere Idee?“
Hannes schüttelte den Kopf.
Die Frau von dem Autohaus brachte frisches Wasser und Obst ins Büro und verbeugte sich erneut vor Maona.
„Ich bewundere Sie und hoffe, Sie gewinnen die Wahl. Es wird Zeit, dass es Veränderungen gibt.“ „Dankeschön. Dies hoffen viele Bewohner in der Provinz. Wir werden es in 3 Wochen sehen.“
Die Frau sah alle in dem Büro an und wollte etwas sagen, wusste offensichtlich nicht, wie sie es formulieren konnte oder Angst hatte, es auszusprechen.
Schließlich sagte sie „Ich hoffe, mein Stimmzettel kommt in die richtige Hände.“ Die Korruption in dieser Provinz war offenbar vielen Menschen bekannt.

„Dürfte ich einige Fotos von Frau Sokthat in dem neuen Fahrzeug machen? Selbstverständlich können auch Sie mit auf die Fotos.“
Hannes sah den Verkäufer an und schüttelte den Kopf „Ich kann Sie durchaus verstehen. Sie möchten Werbung für die Niederlassung mit Maona machen. Dies ist aber in der jetzigen Situation nicht sonderlich gut. Der derzeitige Gouverneur sucht nach Verfehlungen gegen uns und könnte schnell diese Fotos als Sponsoring – also Korruption im weiteren Sinn gegen uns auslegen.“
Die beiden Angestellten von dem Autohaus nickten Hannes zu.

Hannes erklärte den beiden Angestellten wofür diese Fahrzeuge gebraucht würden und stellte ihnen die Idee von dem Agrarkollektiv vor.
„Große Sache“ sagte der Verkäufer respektvoll, nachdem Hannes geendet hatte.
„Ja. Es wird groß, nachhaltig und gibt vielen Menschen eine Perspektive. Ich bestimme zur Zeit über ein Vermögen von weit über 1 Milliarde Riel. Daher kann ich diese Fahrzeuge auch sofort bezahlen. Ich baue mit einem internationalen Team die Infrastruktur auf, den Rest müssen die Mitglieder in diesem Kollektiv selbst schaffen.“ „Eine Milliarde Riel…“ sagte die Frau leise und sah anerkennend zu Hannes.

Der Anruf vom Fernsehen

Maona saß auf dem Beifahrersitz und fragte, was Hannes heute machen würde.
„Ich fahre zu den anderen an die Felder, damit wir dort weiterkommen. Soll ich dich nach Hause fahren?“ Maona nickte.
Hannes fuhr von der Toyota Niederlassung auf die Hauptstraße, als Maona’s Mobiltelefon klingelte. Nach einiger Zeit sagte sie zu Hannes, er sollte bitte anhalten.
„Du, da war eine Frau vom Fernsehen am Telefon und fragte, ob ich mich mit ihr treffen könnte.“ „Fernsehen ist gut. Kommt darauf an, was die von dir will.“ „Sie fragte, ob wir uns in Rokar treffen könnte.“ „Rokar? Warum nicht hier?“
Maona zog die Schultern hoch „Keine Ahnung. Ich fahre mit einem Taxi dort hin.“ „Quatscht. Ich fahre dich. Ich rufe Asger an und sage ihm, dass ich später komme. Wo sollst du die Frau treffen?“ „Ich rufe sie an und frage.“

Die Armut links und rechts der Straße

Hannes fuhr mit Maona die Nationalstraße 315 in Richtung Norden. Der mächtige Fluss Waikou lag rechts von ihnen. Auch in diesem Teil der Provinz sah man die Armut der Menschen sehr deutlich. An den Reisfelder auf der linken und rechten Seite waren einige Hütten der Reisbauern zu sehen. Verrostetes Wellblech sah man auf dem Dach oder an den Wänden. Die Hütten hatten oft keine Fenster oder wenn, waren es nur rechteckige Aussparungen ohne Scheiben. Die Hütten standen auf Stelzen und unter den Hütten standen hier und da ein paar Bullen. Die Tiere waren für das ziehen der Pflüge in den Reisfeldern vorgesehen. Maurecourt fiel ihm ein. Würde ihm auch ein solches Leben bevorstehen?
Hannes erzählte Maona von der äußerst schwierigen Geburt am Sonntagabend.

Bei Phumi Cham bog er von der Nationalstraße nach links ab. Die Straße war schlagartig in einem schlechteren Zustand und nicht asphaltiert. Der Sand war so trocken, dass Hannes nichts mehr im Rückspiegel sah.
Sie fuhren durch die kleine Ortschaft Kuok Preang und Hannes sah das gleiche Bild wie damals in und um Kampang Rou.
„Maona, hier in diesem Teil der Provinz hast du sehr viel Arbeit. Die Menschen brauchen endlich Perspektiven.“
Sie sah ihn wortlos mit ihren schönen Augen an.
„Ich kann nicht begreifen, warum über UNTAC so wenig Hilfe bei der Bevölkerung ankommt. Warum werden hier keine Wasserleitungen verlegt? Zumindest gibt es Strom für die Menschen. Wenn ich abends durch die Ortschaften fahre, sehe ich oft Kerzenscheine oder Petroleumlampen in den Hütten. Die Leute haben kein Geld, um sich wenigstens etwas Strom für eine Leuchtstoffröhre zu gönnen. Wie soll dieses Land jemals auf die Füße kommen?“ „Borsa mneak del mean ko, ich weiß es nicht. Die Menschen südlich von Svay Rieng profitieren von der Arbeit von dir und ODHI. Ich profitiere von ODHI. Mir ist klar, dass ihr nicht überall sein könnt. Wenn ich Veränderungen für diese Menschen schaffen soll, bräuchte ich Geld, Baumaschinen für die Infrastruktur und Arbeiter. Wo soll ich anfangen? Was soll ich den Menschen sagen? Irgendwann kommt Hilfe zu euch – oder auch nicht. Hannes, ich weiß, wie weh es dir im Herz tut, wir müssen uns der Realität stellen und schauen, dass wir das Beste daraus machen.“

Die Piste nach Rokar führte am Prek Vai Kou Fluss vorbei. Kleine Fischerboote sah man auf dem Wasser und Männer und Frauen, die immer wieder ihre Netze ins Wasser warfen. Auf den Feldern, die mit Wasser überschwemmt waren, zogen Büffel Pflüge über die Reisfelder. Weiter links der Piste sah man brachliegende Flächen oder Felder mit Zuckerrohr. Die wenigen Weizenfelder versprachen auch keine all zu große Ernte.

Die Ortschaft Rokar lag an der Grenze der Provinzen Svay Rieng und Prey Veng. Rokar hatte eine kleine Verwaltung und somit auch einige Läden und eine handvoll Restaurants. Ein paar Touristen verirrten sich hin und wieder in diese Gegend.

Ab der Ortschaft Khai Khvet am Boeng Khnhei See, konnten Touristen eine mehrtägige Reise auf dem Prek Cham zum Wat Samrong buchen. Die nächste Etappe führte von Preaek Chi Phoch über den Prek Vai Kou. Vorbei an Me Sang, wo eine der größten Ruinen von Angkor zu besichtigen war. Weiter Flussabwärts kam die wunderschöne Ompov Sarat Pagode mit ihrem buddhistischen Kloster. In Ponlai konnte man eine riesige Felsmalerei aus dem 11. Jahrhundert bewundern. Bei Prey Banteay war nochmals eine sehr gut erhaltene Ruine von Angkor – der Wat Angkor Par.
All diese Sehenswürdigkeiten waren in der Provinz Prey Veng. Nach der Provinzgrenze war es wie abgeschnitten.

Im Phochniyodthan meattuk

Hannes fand die angegebene Adresse von dem „Phochniyodthan meattuk – Am Wasser Restaurant“ und parkte vor dem großen Holzhaus sein Auto. Er blickte über den Parkplatz und sah bis auf einen alten Pickup und ein Moped sonst kein Fahrzeug stehen.
Das „Phochniyodthan meattuk“ hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Das Hauptgebäude war ein großes Holzhaus mit riesigen Fenstern – ohne Glas. Da der Dach gute 3 Meter über die Wände ging, konnte man auch bei Regen geschützt im Lokal sitzen. Im Haus standen einigen Teakholz Tische und Bänke. Eine lange Theke aus Teakholz und ein Regal in der gleichen Länge mit vielen Ablagen dominierte den Raum. Im Anschluss der Theke war eine große Aussparung in der Wand und man sah in eine große Küche. Das Interieur in diesem Restaurant sah abgetragen und verbraucht aus. Immerhin stammte der Coca-Cola Kühlschrank rechts am Tresen aus eine neueren Zeit. Ein großer Holzventilator an der Decke drehte sich ungleichmäßig und ein Flügel hing etwas weiter runter. Jedes Mal wenn der Flügel an Hannes vorbei kam, brachte dieser etwas frische Luft mit.
Ohne Frage war dieses Restaurant vor Jahren ein sehr schönes Gebäude und durch die größte der Theke und Küche war es wohl auch für viele Besucher ausgelegt.

Eine Mitte 20-jährige Bedienung stand hinter dem Tresen und schaute auf ein Fernsehgerät an der Wand. Eine Quiz-Show war live zu sehen. Der Kandidat wurde von dem Moderator der Show gefragt, wie die Reihenfolge der Planeten in unserem Sonnensystem ist.
„Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.“
Maona sah Hannes fragend an.
„Der Typ in Fernsehen. Ich gab ihm die Antwort. Schau, er überlegt immer noch.“ Maona schüttelte den Kopf und fragte, ob sie etwas zu essen bestellen könnten. Immerhin hatte Maona so viel Anstand und schüttelte nur ihren Kopf. Patricia hätte ihn geboxt und ihm einen ihrer schlauen Sprüche um die Ohren geschlagen – oder die Speisekarte

Maona fragte, ob sie etwas zu essen bestellen könnten. Die jungen Frau nickte und reichte ihr die Speicherkarte und schaute wieder auf den kleinen Fernseher an der gegenüber liegenden Wand. Hannes schaute auch auf den kleinen Bildschirm und wartete auf die Nächste Frage. Der Show-Kandidat hatte Uranus und Neptun verwechselt und eine Sirene machte: Böööööööph.
Der Show-Master stellte die nächsten Frage. Er wollte wissen wie die Schicht in unserer Atmosphäre heißt, die der Erde am nächsten ist.
„Dies ist die Troposphäre“ sagte Hannes zu der Bedingung. Maona war am lesen der Speisekarte.
Mit je einem „Ping“ wurde eine mögliche Antwort nach dem Single Choice Verfahren eingeblendet.
Ping a) Stratosphäre
Ping b) Mesosphäre
Ping c) Troposphäre
Ping d) Thermosphäre
„Sag ich doch: die Troposphäre. Man, Junge, nimm c oder frag den Telefonjoker.“
Im Hintergrund hörte man die Zeit zicken. Natürlich war die Zeit mit einer mystische Musik hinterlegt. Bei der dritt letzten Sekunde sagte der Kandidat: Stratosphäre. Ein Sirene machte: Böööööööph.

Die junge Bedienung schaute zu Hannes und dann zu Maona. Ihr Blicke wechselt von Maona nach links und wieder zu Maona. Hannes drehte sich nach links, um ihrem Blick zu folgen und sah an der Wand eines der Wahlplakate von Maona hängen. Könnte ein gutes Zeichen sein, dachte er bei sich.

Der Show-Master fragt nun, wie groß der Durchmesser der Erde sei.
Wieder gab es ein Single Choice Auswahlverfahren.
a) 12.742 Kilometer
b) 14.400 Kilometer
c) 14.848 Kilometer
d) 15.112 Kilometer
„Was möchtest du essen? Ich lade dich ein. Wenn du mir schon ein Auto kaufst, kann ich dir wenigstens das Essen spendieren.“ „Ist mir egal. Etwas mit Fisch und Gemüse. Der Durchmesser der Erde ist 12.742 Kilometer.“ „Was?“ „Nichts. Bestelle bitte Fisch.“
Die Sirene machte: Böööööööph.
Der Kandidat wurde immer nervöser, die Kamera schwenkte ins Publikum und wieder zurück zu dem Show-Kandidat.
Maona gab die Bestätigung auf und fragte, ob sie eine der Hütten auf dem Wasser benutzen dürften.

Der Show-Master zog mit Spannung sein nächstes Fragekärtchen heraus. Im Hintergrund leuchtet eine Wand mit bunten Lämpchen auf. Die eingespielte Synthesizer Musik untermalte erneut die Fragen von dem Show-Master. Dieser stellte die nächste Frage: Wo – verläuft – die – internationale – Datumsgrenze?
Hannes verdrehte die Augen und blies die Luft aus. Wie – gut – dass – der – Show – Master – nicht – noch – die – Wörter – Datumsgrenze – und – internationale – ge – tren – nt – hat – te.

a) Zwischen Fidschi und Tahiti
b) Zwischen Tonga und Samoa
„Zwi – schen To – n – ga und Sa – mo – a“ sagte Hannes und musste selbst über sich grinsen. Die Bedienung sah Hannes an und grinste breit. Sie ging vor ihnen durch eine breite Schiebetür auf eine große Terrasse. Auf der Terrasse standen ein paar Sonnenschirme bei denen die Sonne und Monsun einige Spuren hinterlassen hatte. Die Tische und Bänke waren aus dem gleichen Holz, wie das Interieur im Restaurant.

c) Zwischen Timor und Vanuatu
d) Zwischen Neukaledonien und Polynesien

Von der Terrasse aus konnte man sich ein Hausboot, Floß oder wie immer man dies nennen mochte, für ein paar Riel pro Stunde mieten. Auf einer Länge von guten 50 Meter lagen ein Dutzend Flöße. Es gab Flöße in unterschiedlichen Größen, Interieur und wohl auch zu unterscheiden Preisen zu mieten.
Auf mehreren längs liegende Blechfässer waren Teakholz Planken geschraubt. Die Hütten waren mit Strohdächer und Geländer aus Teakholz gebaut. Die Flöße waren an Stahlseilen befestigt und so konnte man diese auch nur in der horizontale Richtung auf das Wasser hinaus ziehen.
Böööööööph

Das Floß, welches sie sich aussuchten, war 5×6 Meter, hatte eine kleine Theke für Getränke oder Speisen. Sogar eine Kühlbox war vorhanden. Rechts davon war eine breite Strandliege aus Teakholz mit dicken Kissen auf dem Boden verschraubt.
Ein größerer Tisch in Form vom einem T stand mittig im hinteren Bereich. Am Tisch standen ein Dutzend Stühle aus Teakholz.
Vor der schönen Teakholz Theke war eine alte Fahrradfelge als Antrieb mit einem Stahlrohr verschweißt. Über dieses „Steuerrad“ drehte sich eine Welle unter dem Boden, wodurch sich ein zweites Seil unter dem Floß aufwickelte. So konnte man mit dieser Technik sich vom Ufer entfernen oder hinfahren.

Die Bedienung brachte einen großen Bottich Eiswürfel für die Kühlbox und die bestellten Getränkedosen. Sie sagte, dass sie rufen werde, wenn das Essen fertig sei.

Hannes drehte an der verbeulten Felge und mühsam entfernt sich das Floß vom Ufer. Da es zwischen Felge und Stahlseil kein Getriebe gab, kurbelte Hannes wie ein Ochse an dem „Steuerrad“.
„Bei Cees würde es einen solchen Pfusch nicht geben. Er hätte ein Getriebe und einen vernünftigen Antrieb gebaut.

Als Hannes das Floß gute 6 Meter vom Ufer bugsiert hatte, meinte er, dass der Abstand nun groß genug sei.
Der Prek Vai Kou war bei weitem nicht das, was er an Flüssen in Kambodscha gesehen hatte, trotzdem war es angenehm auf dem Wasser zu schaukeln und den Wellen nachzuschauen. Hin und wieder kam eine kleine Gischt über die Planken, welche gerade mal 40 Zentimeter über dem Wasser waren.
Beide legten sich auf die breite Holzliege.
„Es ist schon schön hier. Hat etwas von Abenteuerromantik. Gegen Abend ist es bestimmt noch schöner, wenn man die Lampen an der Decke und Pfosten anzünden kann. Schade, dass man überall die Spuren vom Zahn der Zeit sieht“ Hannes öffnete zwei Bierdosen und reichte eine Maona.
Maona prostete ihm zu „Auf uns. Es ist für mich alles kaum zu glauben, wie sich mein Leben durch dich geändert hat. Weißt du, man fragt sich oft, was hat man im Leben falsch gemacht und warum man gewisse Schicksalsschläge vor die Füße geworfen bekommt. Phammm! Und dein Leben ist nicht mehr das was es mal war. Man sucht nach Antworten auf all dies und ist verzweifelt. Man sucht Auswege und kommt nicht weiter. Das Leben rauscht auf einen Abgrund zu und man hat keine Chance zu bremsen. Als Fleischfachverkäuferin mit BWL Studium sitzt man in einer Markthalle und plötzlich schaut dich ein Ausländer von der Ecke an und du schämst dich für diesen Job, für diese Behinderung, für dieses Leben.“ „Maona, lass es! Es war gewesen und du musst dich für nichts auf dieser Welt schämen.“
Maona gab ihm einen Kuss „Du bist ein klasse Mensch. Warum hattest du damals dein Fleisch ausgerechnet bei mir gekauft?“
„Ich gehe nicht nach der Ware, sondern nach den Menschen hinter der Ware. Mir ist schon klar, dass ich diese Welt nicht retten kann – ich kann es nur für einige Leute besser machen. Ob ich jetzt mein Obst, Gemüse oder Fleisch in einem der großen und schönen Einkaufszentren kaufe, oder auf dem Markt bei einer ärmeren Person. In einem Kaufhaus verdienen viele an der Ware, auf dem Markt oft nur eine Familie. Ich ging ohne Stress durch die Markthalle und sah mir die Verkäufer an. Du fielst mir von deiner Art auf. Wie du auf dem Podest gesessen hattest, war sehr elegant. Diese Eleganz hat niemand in der Markthalle. Dann hattest du mit Somphea Schulaufgaben gemacht. Auch dies ist untypisch für eine Markthalle. War es Zufall, Bestimmung oder Schicksal, dass wir uns getroffen hatten? Mir hat die Begegnung mit dir sehr weh getan. Wo wäre ich heute ohne dich? Dies musst du auch mal sehen.“
Maona schüttelte den Kopf „Dann hättest du eine andere Person.“ „Mag sein. Aber eine Geschäftsführerin für meine Idee, eine Kämpferin für Politik und nebenbei noch Spitzenkandidatin für den Gouverneursposten, und noch eine gute Freundin in einer Person zu finden, wird schon sehr sehr schwierig.“ „Auf uns“ sagte Maona und prostete ihm mit ihrer Bierdose nochmals zu.

Die Bedienung rief, dass ihr Essen fertig sei.
Hannes kamen die 6 Meter bis zum Ufer vor, als ob er dieses Floß einmal um den Äquator kurbeln würde.
Die Bedienung brachte das Essen und stelle ein großes Tablett auf den Tisch.
„Ich geh noch schnell auf die Toilette und
bestelle noch ein paar Gedanke, denn ich habe nicht vor, ständig diese Ding hin und her zu kurbeln. Was möchtest du noch trinken?“ „Eistee bitte.“

Als Hannes von der Toilette kamen, sah er einen weißen Mitsubishi Lancer EVO1 auf den Parkplatz fahren. Er bestellte noch 6 Dosen Eistee, 4 Pepsi und 4 Angkor Beer. Er schaute auf den Parkplatz und sah eine schmale Frau mit langen Haaren und mit einem roten T-Shirt und Jeans gekleidet, auf der rechten Seite des Fonds aussteigen. Er schätzte die Frau auf Ende 20. Die Frau hatte eine Ledertasche über ihre Schulter hängen.
Auf der linken Seite des Fonds stieg eine schmale und etwas größere Frau aus. Sie war keine Asiatin, denn ihre Hautfarbe war hell und sie hatte blonde leicht gelockte lange Haare. Mit ihrem weißen Top und Jeans Hotpants sah sie wie eine Model oder Schauspielerin aus.
Vorne stiegen gleichzeitig zwei Männer aus. Der Beifahrer hatte eine normale Größe und Statur. Er konnte um die 40 Jahre sein, und hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar. Er war leger in einer hellen Baumwollhose und weißem Hemd gekleidet. Der Fahrer konnte im Alter der blonden Frau sein. Sah sehr durchtrainiert aus und hatte kurz geschnittene Harare. Er trug ein weißes Sport-Shirt von Nike und Jeans. Hannes kam es vor, als ob er diesen Mann schon einmal gesehen hatte. Das Gesicht kam ihm bekannt vor.

Hannes blieb am Tresen stehen und wartete auf die vier Personen, die in diesem Moment die 5 Stufen ins Restaurant hoch kamen. Die Europäische Frau sah mit schnellem Blick zu ihm und schaute sich im Restaurant um.
Die vier Personen machten sonst keine Anstalten ihn zu beachten.
„Suchen Sie Frau Sokthat?“ Fragte Hannes.
Der Mann, der Hannes bekannt vor kam nickte ihm zu „Ja, Wir sind verabredet.“ „Ich weiß. Frau Sokthat ist auf einem Floß auf der anderen Seite des Restaurants.“

In der Quiz-Show saß nun eine Frau von mittleren Alters auf dem Kanzel ähnlichen Stuhl.
Der Show-Master las gerade seine Frage vor.
Hannes trug eine Plastik Coca-Cola Box mit den Getränke.
Welches Element stammt nicht aus der Antike?
a) Erz
b) Schwefel
c) Zink
d) Phosphor
„Es ist d, Phosphor“ sagte Hannes der Bedingung und machte ein Petzauge. Er drehte sich leicht nach links um und bat die Gäste ihm bitte zu folgen.

Die Kandidatin sagte Schwefel.
Böööööööph

Hannes sah die Bedienung an und zog die Schultern hoch „Die würden im Fernsehen besser Fragen, wer Mickey Mouse ist.“

Für eine Revolution muss man auch bereit sein Opfer zu bringen

„Der Fisch ist bald kalt“ rief Maona als er auf die Terrasse trat.
„Entschuldigung Süße, ich habe deinen Besuch dabei. Meine Damen und Herren, diese schöne und hungrige Frau ist Maona Sokthat.“
Maona erhob sich in ihrer schnellen athletischen Bewegung und stellte sich den Herrschaften vor. Die Asiatische Frau stelle sich als Savin Hou-Yeng vor.
„Borey Kimyeat“ sagte der ältere Mann und verbeugte sich mehrmals vor Maona.
„Ich bin Heng Serey Ratana. Meine Frau Aveline Levieux-Ratana.“
Maona verbeugte sich ihm und seiner Frau.
Heng Serey verbeugte sich nochmals vor Maona „Ich freue mich. Es ist mir eine Ehre Kambodschas Power Frau endlich persönlich zu treffen.“
Maona lächelte und verbeugte sich auch wieder vor ihm „Dankeschön. Gleiches kann ich auch sagen.“
Maona scheint diesen Mann wohl auch zu kennen, dachte Hannes und kurbelte das Floß auf das Wasser hinaus.

„Ich möchte euch aber schon gerne den Mann vorstellen, der dafür verantwortlich ist, dass es Kambodschas Power Frau überhaupt gibt: Borsa mneak del mean ko aus Deutschland.“
Ratana kam sofort auf Hannes zu und begrüßte ihn auf die bekannte asiatische Art „Es tut mir leid, dass ich Sie nicht erkannt habe. Ich kenne nur Ihren Namen. Heng Serey, Bonne journée“ und reichte Hannes die Hand. „Bonjour Heng Serey. Hannes. Dies ist mein richtiger Name. Jetzt wo du deinen Namen gesagt hast, weißt ich auch woher ich dich kenne.“
Heng Serey lächelte „Im Fernsehen sieht man anders aus.“

Maona bat die Gäste platz zu nehmen.
Während Hannes sich einen Wolf kurbelte, setzten sich die Fernsehleute Maona gegenüber.
Hannes setzte sich links neben Maona und entschuldigte sich, dass sie beide nun essen würden.
„Lasst euch durch uns nicht stören. Wir sind schon froh, dass wir Maona überhaupt so schnell treffen können“ sagte Heng Serey.
„Wobei sich uns beiden die Frage für dieses Treffen stellt“ sagte Hannes.
Heng Serey nickte ihnen beide zu „Warum wir uns an diesem Ort treffen, hat seine Gründe. Über die innenpolitische Lage von Kambodscha müssen wir euch nichts erzählen. Wir denken auch, dass ihr beide sehr gut informiert seid. Dies ist eigentlich auch der Grund, warum wir uns treffen. Uns ist bekannt, dass ihr einen erheblichen Anteil an der Gründung einer neuen Partei habt. Wir stehen zu euch und wollen euch unterstützen.“
Maona sah fragend in die Runde „Was soll dies für eine Unterstützung sein?“ „Maona, du müsstest ins Fernsehen. Eure Statuten von der Partie sind gut und auch wichtig für die Zukunft von Kambodscha. South hat die Provinz durch seine Korruption an die Wand gefahren“ sagte Heng Serey.
Maona und Hannes nickten zustimmend.
„Nun erklärte mir bitte, wie du eine Wahlwerbung ins Fernsehen bringen möchtest“ Maona sah Heng Serey fragend an. „Wer spricht von Wahlwerbung? Glaubt mir, mein Team, meine Frau und ich machen uns schon länger Gedanken, wie wir es schaffen, dich bekannt zu machen und gleichzeitig South keine Angriffsfläche gegen dich zu bieten. Was bleibt? Nachrichten. Wir berichten über eine neue Partei in der Provinz und schneiden ganz zufällig die Gouverneurswahlen an. Wir sind heute hier, um mit dir darüber zu sprechen.“
Maona sah zu Hannes und dann in die Runde der Gäste „Heng Serey, du bist Journalist und der Sprecher der Hauptnachrichten. Ich möchte keinesfalls, dass du durch mich Ärger bekommst. Politische Einflussnahme, die nicht im Sinne der Regierung ist, sieht man nicht sehr gerne im Fernsehen.“
Heng Serey nickte Maona zu „Da hast du recht. Gerade in Kambodscha ist es ein sehr großes Problem mit der Korruption. Ich möchte euch gerne etwas sagen, was nicht unbedingt jeder in diesem Land wissen muss. Ich gehe auch so weit, um zu sagen, dass ich euch vertrauen kann, denn sonst wäre meine Frau bei diesem Treffen nicht dabei.“
Maona reichte Heng Serey die Hand „Selbstverständlich bleibt alles was wir reden auch in diesem Kreis.“
Hannes nickte Heng Serey zu „Natürlich kannst du uns vertrauen. So wie es aussieht, stehen wir auf der gleichen Seite.“
„Dankeschön. Mit der Machtübernahme der Roten Khmer verlor Kambodscha seine Zukunft – dies wisst auch ihr. Ich hatte 1975 meine Abitur gemacht und meine Eltern sind wenige Tage später mit mir und meinen beiden jüngeren Schwestern nach Vietnam geflohen. Vietnam deshalb, weil wir in Svay Rieng gelebt hatten. Über das UNHCR kamen wir zwei Jahre später als Flüchtlinge nach Frankreich und wurden dem Département Seine-Maritime zugeteilt. Wir kamen in die Stadt Rouen. Da meine Eltern, wie auch meine beiden jüngeren Schwestern und ich französisch an der Schule gelernt hatten, war es für uns sehr schnell möglich aus dem Banleu heraus zu kommen. Ich studierte an Universität in Rouen Medien- und Politische Kommunikation.“
Maona und Hannes hörten Heng Serey aufmerksam zu.
„Im Jahr 1988 ging ich mit Aveline zurück nach Kambodscha. Wir beide konnten und wollten die katastrophale Lage in Kambodscha nicht mehr hinnehmen. Wir beide hatten damals für AFP gearbeitet und so war der Weg zurück nach Kambodscha nicht schwer. Da ihr mich durch die Nachrichten kennt, wisst ihr, dass ich beim TVK arbeite. Aveline ist Korrespondentin für AFP und Reuters.

Hannes musste das eben gehörte verarbeitet. Er stand auf und ging an die Brüstung von dem Floß und schaute auf die Wellen vom Prek Vai Kou. Er nahm mehrmals tief Luft und drehte sich zu der Gruppe am Tisch um. „Heng Serey, mir ist durchaus bewusst, dass TVK der Regierung gehört und Beiträge und Nachrichten, ich nenne es mal: Regierungskonform, gesteuert werden. Nun kommst du mit dieser Idee zu Maona, und willst indirekt über deine Beiträge in Wahl in dieser Provinz eingreifen. Du weißt, welch heißes Eisen dies ist?“
Heng Serey nickte ihm zu „Für eine Revolution muss man auch bereit sein Opfer zu bringen.“ „Bei allem Respekt für deinen Mut und auch den von deinem Team. Aber dies finde ich nicht sehr gut. Es könnte das Ende deiner und eurer Karriere in Kambodscha sein. Ist dir und euch diese Wahl so viel wert?“
„Ja“ sagten alle entschlossen.
„Respekt. Wir alle wissen, dass South und sein Netzwerk an Korruption das Problem in dieser Provinz ist, also muss man South destabilisieren. Eine Möglichkeit wäre die Verschuldung der Provinz seit South Gouverneur ist, öffentlich zu machen. Dies zu beweisen ist das kleinste Problem. Wo wir wieder bei Regierungskonformen Nachrichten wären. South könnte sich heraus winden, in dem er sich auf die schwierige innenpolitische Lage von Kambodscha beruft und ihr hättet nichts erreicht. Auch werden die Behinderungen seitens South gegen meine Arbeit bei ODHI kaum etwas ausrichten.“
Savin Hou-Yeng meldete sich zu Wort „Borsa mneak del mean ko, ich bin Redakteurin bei TVK und habe lange recherchiert, um zu wissen, dass es von South Kontobewegungen über eine chinesische Bank in Phnom Penh gibt. Die Geldzuwendungen von South an Wahlberechtigte Personen in dieser Provinz laufen über mehrere Mittelsmänner So können wir South keinen offiziellen Wahlbetrug nachweisen. Also bleibt nur der Weg über die Bekanntmachung der neuen Partei.“
Hannes sah zu Maona und dann in die Runde am Tisch „Also stimmt es doch. Von den Geldzuwendungen haben wir gehört. Weiß die UNTAC oder CIVPOL darüber Bescheid?“
Savin zog die Schultern hoch.
„Ich habe eine Freundin bei UNTAC. Ihr können wir vertrauen. Im übrigen war auch sie bei der Gründung für ein Agrarkollektiv in dieser Provinz eine tragende Kraft. Sie hatte South gezeigt wo der Hammer hängt und wer hier in Kambodscha zur Zeit das Sagen hat.“
Hannes sprach die Punkte an, die er vor Wochen Ilaria de Rosa bezüglich South unterbreitet hatte. Aveline notierte sich während Hannes sprach, den Namen: Ilaria de Rosa.
„Aveline, du musst dir diesen Namen nicht notierten. Ich werde Ilaria anrufen, wenn wir gemeinsam gegen South vorgehen wollen, sollten wir unsere Verbindungen auch gemeinsam nutzen.“

Hannes erzählte von der Begegnung zwischen Ilaria, Paolo und South im Rathaus von Svay Rieng und welche Position Ilaria bei UNTAC hat.
„Ilaria hatte vor nicht all zu langer Zeit meine Forderungen gegen South bezüglich den brachliegende Flächen und Felder durchgebracht. 200 Grundbücher sind an einem geheimen Ort gelagert und gesichert. Ilaria, Maona und ich kennen diesen Ort. Denn uns allen ist klar, dass South diese Grundbücher zurück haben möchte, um die Preise hoch zu treiben, denn diese Felder sind durch einen – na ja, nicht gerade handelsüblichen Preis von je 1.000 Riel pro Fläche in meinem privaten Besitz. Diese werden natürlich an das Agrarkollektiv übergeben, wenn alles steht. Das Geld für diese Felder wurde an die Krol Kor Salarien Bathamseksaea Grundschule überwiesen. So hatten wir South zweimal vor den Kopf gestoßen.“
„Kennst du South persönlich?“ Fragte Heng Serey.
Hannes nickte und erzählte von den damals schwierigen Verhandlungen über die Grundstücke in Kampang Rou und Khsaetr. „South ist und bleibt ein Wurm. Ich hätte ihm im Frühjahr 1990 die Zähne einschlagen sollen. Ja Leute, beide Grundstücke auf denen die ersten Schulen meiner Frau stehen gehören mir. Ob South dies nach 3 Jahren vergessen hat, oder er nun doch andere Sorgen hat, kann ich euch nicht sagen.“ „Die berühmte Lefévre School“ sagte Aveline respektvoll.

„South ist mehr als ein Wurm“ sagte Maona und blickte in die Runde. „Schaut mich an. Ich bin ein Krüppel geworden und mein Mann ist tot.“ Maona erzählte wie ihr Leben früher war und welche Visionen sie und ihr Mann für eine neue Politik hatten. Sie erzählte von dem tödlichen Verkehrsunfall und blieb bei ihrer Meinung, dass dies ein Terroranschlag von South war. Auch erzählte sie, wie sich ihr Leben nach der Kündigung durch South verändert und gar verschlechtert hatte. Ohne ihren Onkel hätte sie noch nicht einmal ein Obdach gehabt und seit einem Jahr unterrichte sie ihre Tochter selbst, weil sie noch nicht einmal das Schulgeld hat.

Aveline, Savin, Borey und Heng Serey brauchten eine Zeit, bis sie das Leben – oder die Umstände von Maona verarbeitet hatten.
„Maona, was du uns eben erzählt hast, bist du für mich noch viel mehr die Power Frau für Kambodscha. Ich werde dir helfen, diese Wahl zu gewinnen“ sagte Heng Serey.

Hannes setzte sich wieder an den Tisch.
„Wie weit seid ihr über die Gründung von einem Agrarkollektiv in dieser Provinz informiert?“ Dabei sah Hannes jeden der Gäste an. Die Blicke derer sagte ihm, dass sie nichts darüber wussten. So erklärte Hannes seine Gedanken, welche er nun bereits seit über 3 Jahre im Kopf hatte. Auch erwähnte er sein Trockenfeldanbau-Projekt. Denn dies alles gehörte zu seinem Plan: Den Menschen in Kambodscha zu helfen. „Zum einen ist die Partei von Samnang Duong im gleichen Atemzug mit dem Svay Rieng Agro-products Cooprrative und meinem Trockenfeldanbau-Projekt zu nennen. Die Geschäftsführerin ist Maona. In der Geschäftsleitung sind: Yupa Ngampho und Samnang Duong. Ein handvoll Europäer sind im Beirat – ich gehöre auch dazu. Zur Zeit liegt auf einem Konto bei der National Bank of Cambodia eine Summe von weit über 1,7 Million US-Dollar. Das ich diese Summe nicht einfach „spenden“ kann, ist selbstverständlich. Die Kambodschaner müssen auch etwas dafür tun. Dies geht nur, wenn sie einen Teil von ihrem Erlös an das Kollektiv abtreten. Nichts ist umsonst – auch humanitäre Hilfe nicht. So steht es auch in der Satzung vom diesem Kollektiv. Bis dato haben diese Satzung 211 Bauern unterschrieben. Wir möchten die Menschen in diesem Agrarkollektiv und natürlich auch in dieser Provinz gleichstellen. Es gibt Kriegsbedingt oder durch den Genozid sehr viele Menschen, denen einige Gliedmaßen fehlen. Diese Menschen haben in dem jetzigen System keinen Platz in der Gesellschaft. Dies möchten wir ändern. Eine Person mit einem fehlenden Bein oder Arm, kann in unserem Kollektiv Ware verkaufen. So bekommen diese Menschen Lohn für ihre Arbeit und können wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Wir werden dafür noch Verkaufshütten bauen. Alle im gleichen Stil und Farbe. Jeder in der Provinz soll sehen, wer wir sind. Ihr seht, an der Partei von Samnang hängt viel mehr, als nur ein paar Reformen umzusetzen. Natürlich hätten wir mit Maona als Gouverneurin freie Fahrt und könnten viel schneller und wesentlich einfacher auch unsere Ziele erreichen. Ich sagte vorhin, dass wir eine Veränderung in der gesamten Provinz möchten, und nicht nur südlich von Svay Rieng. Also sind unsere Pläne doch erheblich größer. Savin, du hast recherchiert, dass es tatsächlich diese Geldzuwendungen gibt. South würde dies nie tun, wenn er keine nasse Füße bekommen würde – er hat Angst vor Maona und weiß nicht, wer im Hintergrund ist. Wir können mit der Partei nicht mit Geldzuwendungen punkten, denn dieses Geld wird dringend für mein Trockenfeldanbau-Projekt und für das Kollektiv gebracht. Unsere Veränderungen brachen Zeit zum wachsen. Das Geld von South haben die Menschen in ihren Taschen. Somit ist es jetzt schon eine unfaire Wahl. Nun bin ich wieder am Anfang vom Kreis angekommen. Wenn du, Heng Serey, Beiträge über meine Projekte machst, sollten diese mit Maona in Verbindung gebracht werden. Wer das Geld dafür gibt und wer im Hintergrund arbeit, ist den Leuten ziemlich egal. Die Menschen müssen sehen, dass diese Veränderungen von und durch Maona kommen. Somit hast du eine neutrale Berichterstattung und gleichzeitig wird Maona bekannt. Diese Möglichkeit kann und werde ich dir anbieten. Lasst uns darüber mal ein paar Gedanke machen. Ich bräuchte nun eine kleine Pause, denn ich müsste mein Bier weg tragen und zum andern würde ich gerne noch etwas Obst für uns bestellen.“

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Buddha beschützt dich Schwester

Hannes kurbelte gemeinsam mit dem Kameramann Borey das Floß ans Ufer. Gemeinsam ging es doch erheblich leichter und schneller.
Auf dem Weg zur Toilette schaute Hannes auf das Wahlplakat von Maona und grinste breit. Borey sah ihn fragend an.
„Schau, was dort steht. Dieser Spruch stand bei unserer Ankunft noch nicht auf dem Plakat.“ „Buddha beschützt dich Schwester. Klasse Spruch.“

Am Tresen bestelle Hannes eine große Platte mit Ananas, Pitahaya und Wassermelone.
Er frage die Bedienung ob es möglich wäre eine weitere Liege auf ihr Floß zu stellen, denn diese wäre um ein vielfaches bequemer als die Holzstühle. Die junge Frau nickte „Sie können auch gerne die Nummer 10 nehmen, dort sind mehrere Liegen und auch Hängematte vorhanden.“ „Sehr gerne. Dann tauschen wir.“
Die Bedienung machte sich sofort an die Arbeit ihre Getränke und neue Eiswürfel auf Floß Nummer 10 zu tragen.

Bis die Bestellung und das umräumen
fertig war, ging Hannes an sein Auto und holte noch einige Wahlplakate aus dem Kofferraum.
Heng Serey kam an den Kofferraum „Du hast ne coole Karre.“ „Danke. Kann ich auch bei dir sagen. Der EVO1 ist schon ne Rakete. 250 PS und Allrad-Antrieb. Da geht was. Leider würde mir in dem Gebiet, wo ich im Einsatz bin, dieses Auto selbst mit Allrad nichts nützen. Da kommt selbst mein Auto hin und wieder an seine Grenzen.“

Hannes legte noch einige Plakate von Maona auf den Tresen. Sein Lieblingsplakat von Maona zeigte er Heng Serey und sagte ihm auch, warum er dieses Plakat mochte.
Heng Serey nickte „Sie ist ohne Zweifel eine taffe und sehr schöne Frau. Was sie uns vorhin von sich erzählte, muss man erst einmal verkraften. So viele Stunden neben ihrem toten Mann zu liegen, ist schon eine Hausnummer. Ich wüsste nicht, ob ich dies könnte.“

Der Koch von dem Restaurant trug eine riesige Platte mit Obst an Floß Nummer 10. Die Bedienung hatte noch ein Tablett mit Getränken dabei und stellte die Dosen in die Kühlbox.
Das „Steuerrad“ von Nummer 10 war zumindest eine vernünftige Fahrradfelge und drehte sich auch bedeutet leichter. Floß Nummer 10 war mit Abstand das größte und wohl auch bequemste. Es gab mehrere Liegen, wobei zwei sehr breit und somit für zwei Personen waren. Kleinere Holztische standen neben den Liegen und es gab eine große Fläche, wo man sich bequem setzen oder auch hin legen konnte.

Sie lagen auf den bequemen Liegen auf dem Floß und durch den leichten Wellengang vom Prek Vai Kou kam der Moment wie Urlaubsstimmung vor. Trotz der Mittagshitze war es auf dem Wasser sehr angenehm.

„Hannes? Ich hätte mal eine Frage“ sagte Aveline. „Okay. Welche?“ „Es tut mir leid, ich bekomme keine Verbindung zwischen deinem kambodschanischen Namen und einer Kuh.“ Hannes grinste Aveline an und erzählte ihr, wie er zu diesem Namen kam.
„Unglaublich. Und diese Kuh ist immer bei dir?“ „Ja. Hätte ich heute ein anderes Auto, wäre Sangkhum auch hier. Dieses Rind ist schon sehr eigenartig.“

Maona erzählte von ihrer ersten Begegnung in der Svay Rieng Provincial Hall und wie Hannes der Länge nach auf dem Betonboden aufschlug. „Wenn man Menschen nicht kennt, macht man sich sein eigenes Bild. Ich kannte Hannes nur unter seinem Namen, Borsa mneak del mean ko. Irgendwann stand er vor mir und ich verkaufte ihm Fleisch. Nun bin ich durch ihn Geschäftsführerin für ein Agrarkollektiv und stelle mich zur Wahl für die zukünftige Gouverneurin. Das Leben geht schon merkwürdige Wege.

Hannes stand auf und ging zur Kühlbox um sich ein Bier zu holen. Er reichte Aveline eine Dose Pepsi Cola. Savin wollte Eistee. Borey und Heng Serey sagten bei einem Bier nicht nein.

„Borsa mneak del mean ko, erzähle uns von dir. Wir waren eigentlich der Meinung, Beiträge über Maona und die neue Partei zu filmen, nun muss ich sagen, dass vieles was Maona sagte, wir nicht wussten.

Hannes legte sich in die äußerst bequeme Liege neben Maona und fing im Januar 1990 an zu erzählen. Seine Zuhörer nickten hin und wieder oder schüttelten den Kopf. „Und nun sitzen wir hier auf dem Prek Vai Kou und der kleine Hannes von früher gibt es schon lange nicht mehr. Ich suchte damals Hilfe um weiterzukommen. South war keine Option, dies merkte ich sehr schnell. So kam ich mit dem Militär in Kontakt. Nach einiger Zeit merkte ich, dass ein Major in der Kaserne in Svay Rieng weit mehr als ein Militäroffizier war. Ich war mir aber nicht sicher, wer im Hintergrund in dieser Provinz die Fäden zog. Nach und nach merkte ich, dass viele „seiner“ Gedanken nicht seine waren. Er gab diese lediglich weiter – was in keinster Weise negativ war. Erst durch Maona wusste ich es ganz genau. Nun ist das Resultat eine Partei, bei der Samnang Duong vorsteht und Maona die Spitzenkandidatin ist. Da wir alle wissen, wie South an seiner Macht klebt und wir von Wahlmanipulation ausgehen können, haben ich durch meine Kontakte zur UN und somit zu UNTAC, 4.800 Blauhelmsoldaten und 700 Beamte angefordert. Sie werden als Wahlbeobachter eingesetzt. Auch werden die Stimmzettel an einem geheimen Ort – den ich kenne, ausgezählt und auch dort beobachtet. South weiß noch nichts von diesen Wahlbeobachter und dies soll auch so bleiben. Die Macht vom South ist in dieser Provinz stark und sehr verflochten. Natürlich möchte er sein Schattenimperium behalten. Ihr wisst von Ortschaften wo die Leute etwas Geld von South’s Wasserträger bekommen haben, damit diese ihr Kreuz an der „richtigen“ Stelle machen sollen. In der Region um Kampang Rou hat er keine Chance, denn dort sind wir sehr aktiv und die Blöße seiner Wahlmanipulation wird er sich nicht geben. Was ich euch vorhin über mein Trockenfeldanbau-Projekt gesagt habe, wird eine große Sache, leider sehen es die Menschen in der Provinz Svay Rieng noch nicht. Die Leute in und um Kampang Rou sehen diese Veränderungen seit 3 Jahren. Diese etwas über 1.000 Wahlberechtigte Menschen sind für eine absolut Mehrheit bei der Wahl für Maona viel zu wenig. Über 200 Felder südlich und westlich von Svay Rieng in Richtung Kampang Rou werden optimiert, abgeerntet oder eingesät. Zur Zeit arbeiten dort an den Felder weit über 200 Personen, die zum Teil aus anderen Ortschaften kommen und somit ist Maona diesen Menschen bekannt. Wir werden etwas gegen die Lebensmittelknappheit in diesem Land tun. 100 Tonnen Saatgut sind bereits auf einem Schiff und werden in Kürze im Hafen von Sihanoukville ankommen. Auch sind 5 Container mit Landschaftlichen Maschinen aus Deutschland auf dem Weg nach Kambodscha. Dies alles, was ich eben aufgezählt habe ist bis zu diesem Zeitpunkt mein Eigentum. Unsere Veränderungen werden spürbare Verbesserungen bringen. Wir in diesem Kreis wissen, wie es mit der geringen Bildung auf dem Land aussieht. Also können wir nur die wenigen Menschen erreichen, die für das Agrarkollektiv und ODHI arbeiten, oder wie bereits erwähnt, die Veränderungen in Kampang Rou, Khum Nhour, Khsaetr oder Sama sehen. Selbst die Bergdörfer Samlei, Thmei und Tnaot profitieren von den Veränderungen in der Region. In Thmei steht ein Militärzelt, in dem eine Lehrerin aus dem Team von Patricia die Kinder unterrichtet. Ich habe einen Arbeitsvertrag von UNICEF und sollte eigentlich die Infrastruktur für Schulen errichten. Würde ich gerne tun, wenn über die UN oder UNTAC endlich vernünftiges Geld kommen würde. Bei der letzten Debatte vorige Woche in Phnom Penh wurden 32 Millionen US-Dollar für die Bildung bereitgestellt. Selbst wenn ich für UNICEF Schulen baue, habe ich keine Lehrer. Junge Lehrerinnen und Lehrer wollen in die Städte und nicht in die trostlosen Ortschaften. Die Lehrerinnen und Lehrer, welche hier sind, haben doch kaum eine Perspektive, weil ständig Geld fehlt. Meine Frau und ihr Kollege, Levi Flacks, werden im nächsten Jahr unter anderem für das Bildungsministerium arbeiten. Bei der letzten Debatte im Ministerium wurde die Bildungsreform von Patricia und Levi sehr gut angenommen. Ihr seht, wir machen uns sehr viele Gedanken, wie wir diesem Land noch besser und vor allem schneller helfen können. Und nun bin ich wieder am Anfang vom Kreis. Wie können wir es hinbekommen, dass diese Wahl im Sinne der Demokratie und trotzdem zu unserem Vorteil verläuft? Mal etwas anderes. Es wird immer später und wir sollten uns das Abendessen bestellen. Denn ich denke, wir werden noch ein paar Stunden brauchen, bis wir ein vernünftiges Konzept haben.“

Borey und Heng Serey kurbelten das Floß zurück an Land. Maona bestelle für alle das Abendessen. Suppe, gebratene Fleischspieße vom Huhn, Schwein und Rind, Papayasalat mit Klebereis und Fisch mit Gemüse.
Maona sah nun auch das Wahlplakate mit dem für sie geschriebenen Spruch. Sie fragte die Bedienung nach einem Filzstift und signierte das Plakat. Die anderen Plakate hingen unübersehbar im Restaurant. Sogar eines am großen Coca-Cola Kühlschrank.

Hannes rief Patricia an und sagte ihr, dass er mit Maona in Rokar sei und sie sich keine Sogen machen sollte.
„In Rokar? Was machst du am anderen Ende der Provinz?“ „Gespräche mit einem Fernsehteam. Sie waren in Chong Kal und wir haben uns in der Mitte getroffen.“ „In der Mitte?“ „Dann ist die Mitte eben weiter südlich. Herr Gott nochmal. Tschüss bis heute Abend. Ich liebe dich.“

Unbeschwertes Feiern gegen politische Veränderungen

Das Restaurant füllte sich langsam mit jungen Leuten, einigen Studenten aus Svay Rieng und Arbeiter, die den Tag mit Essen, Getränke und Feiern ausklingen lassen wollten. Maona kam mit Aveline und Savin von der Toilette und wurde von einigen Gästen erkannt. Diese verbeugten sich vor Maona und sagten ihr, dass sie zu ihr stehen würden. Maona ergriff sofort die Gelegenheit und stelle den Gästen ihre Reformen der neuen Politik vor.
Aveline stand neben Hannes und hörte Maona zu. Sie sah ihn an und nickte „Diese Frau hat Temperament“ „Maona ist ein Vulkan und die einzig wahre Option für diese Provinz. Hoffen wir auf das Beste. Der Countdown läuft.“

Um nicht nochmal das Floß zu tauschen, um essen zu können, brachte ein Keller zwei flache Tische auf ihr Floß. Mit den dicken Kissen, konnte man sich auch auf dem Boden bequem machen – was in Südostasien eigentlich auf völlig normal war.
Beim Abendessen wurde in der Gruppe über dieses und jenes gesprochen. Heng Serey hatte politische und gesellschaftliche Ansichten, mit denen er sich in Kambodscha nicht unbedingt Freunde machen würde, wenn diese öffentlich bekannt würden. Gerade er, der für einen Nachrichtensender arbeitet, welcher von der Regierung kontrolliert wurde. Diesen Mut musste man erst einmal haben. Nun wurde Hannes auch klar, warum man sich an diesem abgelegenen Ort traf. Die Entfernung zu den anderen Flößen machte es unmöglich, ihre Diskussionen zu verfolgen oder gar zu hören.
Hannes sah immer mal wieder zu den anderen Flößen und beobachtete die Leute. Sie feierten, lachten oder sangen Karaoke. Auf ihrem Floß wurde über deren Zukunft diskutiert, ohne dass diese jungen Menschen oder Bauern es wussten. Natürlich hatte sich herumgesprochen, wer die Frau auf Floß Nummer 10 war und so schauten hin und wieder einige der Gäste zu ihnen herüber.

Hannes entschuldigte sich und stand auf. Er ging ans Heck, wenn man dies bei einem Floß sagen kann, und rief Ilaria an.
Er fragte sie, ob UNTAC etwas über die indirekten Geldzuwendungen von South wüsste.
„Buona sera Hannes, es gibt Gerüchte darüber. Aber mehr weiß ich auch nicht. Ich bekam Fotos von CIVPOL auf dem ich seinen Anwalt erkannte, der beim Treffen im Rathaus dabei war. Es liegt der Verdacht der Geldwäsche vor. Noch ist alles sehr vage und eben auch nur Vermutungen. Hast du mehr Informationen als ich?“ „Ja. Habe ich. Eine Journalistin von TVK hat recherchiert, dass das Geld über eine chinesische Bank in Phnom Penh transferiert wird und es mehrere Mittelsmänner gäbe. Einen hätten wir ja dann schon.“
Stille in der Leitung. Hannes sah, dass Heng Serey zu ihm schaute.
„Hannes…?“ „Ja?“ „Wenn dies an die Öffentlichkeit kommt, brennt in der Provinz der Baum.“ „Wäre schön, wenn dies möchtest schnell passieren würde.“ „Wie sicher ist deine Quelle?“ „So sicher, dass Heng Serey Ratana seinen Job verlieren würde.“ „Wer ist er?“ „Der Hauptnachrichtensprecher von TVK.“ „Scusi, was hat er damit zu tun?“ „Er sitzt einige Meter von mir entfernt auf einem Floß auf dem Prek Vai Kou. Seine Redakteurin, Frau und Kameramann sind auch hier.“ „Okay. Ich setze mich mit CIVPOL in Verbindung. Ich sage dir Bescheid, wann und wo wir uns treffen.“ „Grazie, Ilaria.“

Hannes setzt sich wieder zu den anderen und nickte.
„Was?“ Fragte Heng Serey. „Ich weiß nun wer einer der Mittelsmänner ist. Es ist South’s Anwalt.“
Savin ließ ihre Gabel fallen und die anderen sahen Hannes an, als ob sie einen Geist sehen würden.
Hannes erzählte von dem Gespräch mit Ilaria und dass sie sich in diesem Augenblick mit CIVPOL in Verbindung setzen würde.
„Lasst mich noch kurz telefonieren. Ich möchte noch einen Freund anrufen, damit auch er im Bild ist. Mal schauen, ob er uns helfen kann.“
Auf die fragende Blicke der anderen sagte Hannes, dass er den Leiter der Weltbank in Kambodscha anrufen werde. „Macht euch keine Gedanken, Coady ist ein Freund von mir. Auch er gehört zu jenen Personen, denen ich – und Maona vertrauen. Coady ist auch auf unserer Seite.“

Diesmal blieb Hannes in der Gruppe sitzen und sagte Coady das gleiche, wie zuvor Ilaria.
„Coady, ich stelle auf Lautsprecher, dann können die anderen dich hören.“ „Guten Abend Maona und Heng Serey. Hallo an die anderen. Was ihr vor habt, ist brandgefährlich – aber wohl die einzige Möglichkeit die bleibt. Öffentlich über die Medien könnt ihr dies nicht tun, denn sonst sind einige von euch sehr schnell den Job los. Es geht nur über CIVPOL und dann über INTERPOL. Ich habe ein paar Kontakte zu INTERPOL und werde die mal in Kenntnis setzen. Hannes? Sag mir bitte Bescheid, wann Ilaria nach Svay Rieng kommt, dann komme ich auch.“ „Danke Coady. Ich melde mich sobald ich etwas weiß. Liebe Grüße an Melanie.“

Heng Serey schüttelte nach dem Telefonat den Kopf und sah Hannes an.
„Was?“ „Es ist unglaublich wen du alles kennst.“ „Tja, der Bagger fahrende Hannes hat auch ein großes Netzwerk. Es gibt keine Organisation in Kambodscha, in der ich keine Freunde oder Unterstützer habe. Leute, die Zeit läuft. Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir Maona so schnell wie möglich ins Fernsehen bringen können. Da ihr die Fachleute seid, lasst mal eure Gedanken hören.“ „Welche konkrete Projekte können wir den Zuschauer zeigen?“ Fragte Savin. „Die Wasserräder in Kampang Rou und Khsaetr. Dadurch hat sich die Lebensqualität der Menschen bereits verbessert. Die Schulen meiner Frau. An dem Trockenfeldanbau-Projekt sind wir dran. Genau so an dem Agrarkollektiv. Da bräuchte ich auch noch ein geeignetes Grundstück. In Kampang Rou gibt es einen Laden, wo es keine Plastiktüten gibt. Frauen aus Tanot flechten Körbe. Diese Körbe werden wir in allen unseren Verkaufshütten haben. Zur Zeit gibt es einige Geschäfte in Svay Rieng, die diese Körbe auch benutzen. In Kor An Doeuk, Thkov, Shheu Teal und Kâmpóng Trâbêk werden diese Flechtkörbe bereits seit Jahren eingesetzt. Auch in Chong Kal gibt es mehrere Markt- und Standbetreiber, die diese Körbe für ihre Kunden nutzen. Somit hätten wir auch Umweltschutz im Angebot. Die Lieferung von 100 Tonnen Saatgut und den Landwirtschaftlichen Maschinen können nur angesprochen werden, denn diese werden morgen oder in den nächsten Tagen noch nicht in Kambodscha sein.“
Savin notierte dies alles und schaute auf ihre Notizen „Dies ist doch schon eine ganze Menge. Daraus lässt sich einiges machen. Wir könnten sogar eine richtige Reportage darüber filmen. Oder was meinst du, Heng?“
Heng Serey nickte anerkennend in die Runde „Dann sollten wir ein Drehbuch schreiben.“ „Gut, machen wir uns an die Arbeit. Ich werde mit Savin und Borey schreiben, und Hannes mit Aveline und Heng Serey“ sagte Maona und setzte sich auch gleich zu den beiden auf den Boden.
Aveline, Heng Serey und Hannes machte es sich mit Dosenbier in den Liegen bequem. Hannes stellte ihnen seine Ideen vor, wie und wo er Maona filmen würde. Seine Ideen gefielen den beiden sehr gut. Als Hannes etwas von einer Caterpillar D8N sagte, wussten beide nicht, was er meinte. Also erklärte er, was damals bereits Stacey filmte.
„Bilder von der Basis. Das ist gut“ sagte Heng Serey und klopfte Hannes auf die Schulter.
„Ich hätte noch die Gemüsefelder an Patricia’s Schule im Angebot. Am besten schaut ihr euch dies alles vor Ort an, dann werdet ihr sehen, was ihr alles filmen könnt.“

Das Telefon von Hannes klingelte. Es war Ilaria. „Buona sera Hannes, morgen Nachmittag gegen 16 Uhr bin ich in Svay Rieng. Wo treffen wir uns?“ „In der Schule von Patricia. Dort sind wir sicher. Grazie, für deine Hilfe. Bis morgen.“
Nach dem Telefonat mit Ilaria rief Hannes Coady an und sagte ihm die ungefähre Uhrzeit und Ort.

Es bereits 21 Uhr als beide Teams ein kleines Drehbuch geschrieben hatten, wie und wo sie sich eine Konversation mit Maona vorstellten. Aveline las die Manuskripte vor und es wurde noch besprochen, wie Maona oder Hannes sich dieses oder jenes genau vorstellten. Savin und Borey machten sich Notizen. „Eine Frage: wie willst du Maona in einer Höhe von 20 Meter filmen?“ Fragte Borey. „Wir haben einen Kranbagger auf der Baustelle. Wirst du morgen sehen.“
„Respekt Leute. Nun lasst uns aufbrechen, es war ein sehr langer Tag“ sagte Heng Serey.
Hannes rief noch ins Hotel an und machte drei Zimmer klar.

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