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Die Marienkirche oder Kathedralbasilika der Himmelfahrt der Allerheiligsten Jungfrau Maria

Im Zentrum der Rechtsstadt – oder auch Hansestadt, Danzig (Gdańsk) erhebt sich die Kirche St. Marien.

Autorin Naike Juchem

Kleiner Einblick in die größten Kirchen der Welt

Die Marienkirche ist mit 77.6 Meter die höchste Backsteinkirche der Welt. Mit einer Grundfläche von 4.900 m² soll sie 25.000 Menschen Platz bieten.
Nachfolgend die Daten dieser Kirche:
– Länge: 105,2 m
– Höhe des Turms: 77,6 m
– Länge des Querhauses: 66,2
– Gewölbehöhe des Hauptschiffes: 27,6 m
– Gewölbehöhe der Seitenschiffe: 27,6 m
– Länge des Innenraumes: 85,5 m

Die größte Kirche der Welt ist zweifellos die Peterskirche im Vatikan und hat rund 20.000 Quadratmetern Grundfläche.
Die Kathedrale von Burgos hat einer Grundfläsche von 12.276 Quadratmetern.
Auch der Mailänder Dom gehört zur den Top 10 der größten Kirchen der Welt und hat eine Grundfläche von 11.180 Quadratmetern und bietet somit Platz für bis zu 40.000 Menschen.
Die imposante Temple Expiatori de la Sagrada Familia in Barcelona, zählt mit ihren 5400 Quadratmetern Grundfläche lange nicht zu den größten Kirchen der Welt.

Bau der Marienkirche

Die Marienkirche hat 26 Pfeiler in ihrem Inneren, die die Gewölbe der drei Kirchenschiffe stützen und erreichen eine Höhe von fast 30 m.
Entstanden ist der gotische dreischiffige Kirchenbau in vier Etappen: 1343 Baubeginn, 1379 Beginn des Baus von Querhaus und Apsis, 1466 Ende des Turmbaus, 1498 bis 1502 Gewölbebau.

Hinweise auf die Existenz der Marienkirche in Danzig gibt bereits eine Urkunde Herzog Mestwins II., die im Jahr 1271 ausgestellt worden ist und in der eine Kirche St. Marien erwähnt wird. Vermutlich entstand die erste Marienkirche aber bereits um 1243 herum. Umstritten ist allerdings, wo in Danzig diese Kirche stand.
Die Voraussetzungen für den Bau der heutigen Marienkirche schuf der Deutsche Orden, der 1308 die Herrschaft in Danzig übernommen hatte. Hochmeister Ludolf König ordnete 1342 in einer Handfeste (Verordnung) an, dass innerhalb der Rechtsstadt – an der Stelle, an der die Marienkirche heute steht – ein Grundstück von 7.465 m² für einen Neubau freizuhalten sei. Mit dem Bau der zweiten Marienkirche begannen die Danziger im März 1343. Es entstand zunächst ein dreischiffiger und neunjochiger Kirchenbau im gotischen Stil mit einem 46 m hohen Turm, dessen Hauptschiff die beiden Seitenschiffe in der Höhe deutlich überragte. Über die Grundsteinlegung im 14. Jahrhundert informierte früher eine Inschrift über dem Eingang zur Sakristei, die allerdings nicht erhalten geblieben ist:

„Im Jahr des Herrn, 1343, am Mittwoch nach Lätare, ist der erste Stein zur Mauer der Stadt Danzig gelegt worden und danach, am nächsten Freitag, ist der erste Stein der Mauer zur Kirche der Heiligen Jungfrau Maria, deren Weihe gefeiert werden soll, am Sonntag nach Mariä Geburt gelegt worden.“

Den Danzigern Bürgern erschien ihre neue Kirche angesichts ihrer inzwischen gewachsenen wirtschaftlichen Macht nicht groß genug. Deshalb verpflichteten sie 1379 den Maurermeister Heinrich Ungeradin und beauftragten ihn mit dem Bau des gewaltigen Querhauses und Chores an der Ostseite der Kirche. Für die damalige Zeit war es ein gigantisches Bauvorhaben, das Ungeradin nicht vollenden konnte. Im Verlauf der nächsten 123 Jahre errichteten verschiedene Baumeister das Querhaus und den Chor mit ihren Giebeln und dem Dach. Sie glichen die Proportionen des restlichen Kirchenbaus an die Größe des Querhauses an, indem sie den Turm von 46 auf 77,6 m erhöhten, die Seitensiffe verbreiteterten und wiederum an die Höhe des Hauptschiffes anpassten. Zum Schluss errichteten die Handwerker die Sterngewölbe. 1502 konnte der Umbau endlich abgeschlossen werden. Schaut man sich die Marienkirche von außen genau an, erkennt man noch Fragmente des Ursprungsbau, zum Beispiel den alten Turm, der aufgestockt wurde, und die beiden Turmkapellen.

Lange konnte sich die katholische Kirche nicht an ihrem imposanten Kirchenbau erfreuen. Die Ideen der Reformation begeisterten auch die Danziger Bürger. Sie konvertierten zum Protestantismus und hielten erstmals 1529 einen evangelischen Gottesdienst in der Marienkirche ab. Nach der Reformation blieb der Kirchenbau vom Bildersturm verschont, sodass die kostbaren Privatkapellen erhalten blieben. Lediglich die Wandmalereien wurden weiß übermalt. Restauratoren haben Reste der mittelalterlichen Malereien freigelegt. Sie sind unter anderem in der Jakobuskapelle im südöstlichen Teil des Kirchenbaus zu sehen.

Die Kunstschätze der Kirche

Einige Jahre nach Fertigstellung des dritten Kirchenbaus, zwischen 1510 und 1517, schuf Meister Michael Schwarz aus Augsburg, vermutlich ein Schüler Albrecht Dürers,  den Hauptaltar. Der Altar kostete einschließlich Arbeitszeit und Material 13.500 Mark, eine Summe, die damals dem Wert von 2,5 Tonnen Silber entsprach.
An der Westseite des Hauptschiffes – gleich hinter dem Eingang der Kirche – schwebt das zwischen 1625 und 1629 von Peter Bringemann geschaffene
Orgelprospekt.
Zu den Kunstschätzen in der Marienkirche zählen zudem die Astronomische Uhr (1464 bis 1470, von Hans Düringer), ein Gotisches Sakramenthaus (nördliche Seite des Hauptschiffes), das Epitaph der Valentine von Karnitz (1590) und das Gemälde „Taten der Barmherzigkeit“ (1607, von Anton Möller, nördliche Seite des Hauptschiffes)

Die Zerstörung der Marienkirche

1942 griff die Royal Air Force mit 49 Bombern Danzig an. Ein zweiter Luftangriff mit 378 Bombern der US-Air-Force folgte 1943. Die beiden Luftangriffe und die Kämpfe zwischen deutschen Truppen und der Roten Armee im Frühjahr 1945 haben die Stadt zu 60 Prozent verwüstet. 90 Prozent der Altstadt lagen in Trümmern. Die Marienkirche war zu 40 Prozent zerstört. Ihr Dachstuhl war eingestürzt und ihr Turm ausgebrannt. Einige Kunstschätze haben nur deshalb den Krieg unbeschadet überstanden, weil die Deutschen sie ausgelagert hatten. Unter ihnen befand sich „Das jüngste Gericht“.

Sowjetische Soldaten fanden das Triptychon in Thüringen und brachten es als Beutegut in das Leningrader (heute St. Petersburg) Kunstmuseum Eremitage.
Die meisten Deutschen flohen in den letzten Wochen des Krieges oder wurden später vertrieben. Die Siegermächte schlugen Danzig dem polnischen Staatsgebiet zu, und katholische Polen zogen in die Stadt. Gleich nach dem Krieg (1946) begannen die nun polnischen Danziger mit ersten Sicherungsmaßnahmen und anschließend mit dem Wiederaufbau der Backsteinkirche. 1950 waren die Gewölbe und das Dach wieder aufgebaut. Anschließend machten sich die Danziger an die Ausbesserung der Fenster und des Fußbodens der Kirche. 1955 wurde die Marienkirche nun mit einer katholischen Zeremonie wieder geweiht. Ein Jahr später kehrte auch „Das jüngste Gericht“ von Leningrad zurück nach Danzig.


Zwar haben die Danziger während des II. Weltkrieges zahlreiche Einrichtungsgegenstände der Kirche ausgelagert und damit vor der Zerstörung bewahrt. Aber trotzdem gingen etliche Kunstschätze unwiderruflich verloren. Dazu gehören die Orgel, die meisten Teile des Taufbeckens unterhalb des Orgelprospektes und die Heiligenfiguren in den Seitenflügeln des Hauptaltars. Von einst 144 Figuren sind nur 11 erhalten geblieben. Zerstört wurde auch die Kanzel am fünften Pfeiler der Nordseite. Die im manieristischen Stil ausgeführte Kanzel, die heute an dieser Stelle hängt, stammt aus der Danziger Johanneskirche. In der Turmhalle wurde das Gewölbe nicht wieder hergestellt. Zu sehen sind hier nur noch die Gewölbeansätze.

Quellen: Tourist Information Gdańsk, Marienkirche.
Europäische Route der Backsteingotik, Prof. Christofer Herrmann

Fotos: privat Titelbild: Tourist Information Gdańsk, Marienkirche.

Ich packe meinen Koffer

Ich packe meinen Koffer und nehme mit…

Autorin Naike Juchem

Wer kennt nicht dieses Spiel?
Menschen waren schon seit jeher auf der Reise. Auf der Reise nach Nahrung, nach Erkenntnis oder Freiheit.

Wenn ich die Welt betrachte und sehe wieviele Menschen ihre Koffer packen – müssen, um irgendwo ein neues Leben anzufangen.

Ende des 18. Jahrhunderts brach in Europa die große Auswanderungswelle an. Millionen von Menschen suchten sogar in Übersee eine neue Heimat.

Die Geschichte ist voll mit Berichten von Menschen die den Koffer gepackt hatten.
Sei es  Namen wie:
– Marco Polo
– Nikolaus Kopernikus
– Christoph Kolumbus
Sie haben unser Wissen durch ihre Reisen erweitert.

Nun drei Namen von Menschen, die auch ihren Koffer gepackt hatten. Sie haben unser Wissen durch ihren Tod erweitert.
– Alan Kurdi (2 Jahre alt. Auf der Flucht im Mittelmeer Ertrunken.)
– Somalier Nalo (14 Jahre alt. Verhungerte in einem Schleppergefängnis in Libyen.)
– Peter Fechter (18 Jahre alt. Erschossen beim Fluchtversuch in Berlin-Mitte, Zimmerstraße; vor den Augen einer großen West-Berliner Menschenmenge im Todesstreifen verblutet.)

Im zweiten Weltkrieg mussten in Europa sehr viele Menschen ihre Koffer packen. Sie sind geflohen oder wurden Deportiert.

Nach diesem Krieg packten wieder sehr viele Menschen ihre Koffer. Es waren Menschen aus:
– Italien
– Jugoslawien
– Griechenland
– Türkei, usw.

Zu Beginn der 80er waren es die Boatpeople, die auf der Suche nach Heimat und Frieden sich aufmachten.

Ende der 80er waren es die Menschen aus Ostdeutschland, die ihre Koffer packten, um in Freiheit leben zu können.

Mit dem Beginn des neuen Jahrtausend waren es Menschen aus:
– Afghanistan
– Eritrea
– Sudan
– Irak, usw.

Nun schreiben wir das Jahr 2021 und noch nie gab es so viele Menschen auf dieser Welt, die ihren Koffer gepackt haben.
Kriege, Terror, Hunger, Klimawandel und Umweltverschmutzung sind nur ein paar der Gründe um den Koffer zu packen.

Gleichzeitig erlebt diese Welt einen immer größeren Hass gegen Menschen aus anderen Kulturen oder Herkunft.
Jene Menschen die so voller Hass sind, haben noch nie ihren Koffer packen müssen. Sie leben in Wohlstand, Freiheit und Sicherheit. Warum also packen?

Unser Koffer steht rein zufällig in Deutschland, Frankreich, Niederlande oder Österreich. Was würden die Menschen in ihren Koffer packen, wenn sie flüchten müssten? Das Wohlstandsleben braucht oft einen großen Transporter um ein Teil des Lebens in eine andere Wohnung oder Stadt zu bringen – es reicht kein Koffer.

Kein Mensch packt seinen Koffer ohne Grund.

Naike Juchem, 26. August 2021