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Phimai

Ich habe noch eine spannende Geschichte über eine Stadt, die den Archäologen immer noch Rätsel aufgibt. Es handelt sich um eine Stadt, die Mitte des 10. Jahrhunderts errichtet wurde: Phimai oder P’u-mai. Die Historiker sind sich über die Schreibweise noch nicht einig.

Die Stadt selbst ist unter dem Namen Vimai oder Vimayapura, eine Gründung der Khmer bekannt. Sie wurde im 11. Jahrhundert befestigt und zu einem geistigen Zentrum des Khmer-Reiches ausgebaut.
In einer Inschrift aus dem Jahr 1082 im Prasat Hin Phanom Wan nicht weit entfernt südlich von Phimai, die in Sanskrit und in Khmer verfasst ist, wird die Stadt zusammen mit dem König Jayavarman VI. genannt. Etwa ein Jahrhundert später wird Phimai in der Inschrift von Preah Khan als Endpunkt einer 225 Kilometer langen Straße beschrieben, die Phimai mit der Hauptstadt (also dem Zentrum von Angkor) verband.

Ich habe den Text aus einem meiner Kapitel entnommen. So ist die Geschichte aus der Sicht eines Fremdenführers (meine Person) geschrieben.

Der Phimai Historical Park

Die kleine Gruppe erreichte den Haupteingang von dem riesigen Gelände von Phimai und Claude stand vor staunen bereits der Mund offen.
„Warte bis wir auf dem Gelände sind“ sagte Hannes.

Wie sehr oft in Asien bezahlen Farangs – also Ausländer im allgemeinen, bei touristischen Attraktionen mehr Eintritt. Da Hannes in thai mit der Verkäuferin sprach und somit auch die Eintrittskarten kaufte, bekam er diese zu landestypischen Preisen.

Im Zentrum des großen Parks stand die Ruine des Sandstein Tempel von Phimai, welcher in der typischen Khmer-Bauweise errichtet war.
„Was ihr hier in diesem Park seht, sind Gebäude aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Es wird vermutet, dass dieser Ort von dem Khmer-König Jayavarman I. erbaut wurde. Selbst hunderte Jahre nach Angkor gibt diese Megastadt den Historiker und Archäologen immer noch viele Rätsel auf. Die Touristen die nach Kambodscha kommen, sind im Glauben, wenn sie Angkor Wat sehen, würden sie die Stadt Angkor besuchen. Dies ist überhaupt nicht möglich, denn Angkor hatte eine Fläche von über 400 Quadratkilometer. Selbst im heutigen Ayutthaya, welches circa 200 Kilometer von uns aus entfernt liegt, sieht man Bauwerke von Angkor. Hier oben an der Eingangstür von diesem Gebäude steht das Wort: Phimai. Auch kommt auf diesem Gelände bei einigen Gebäuden dieses Wort vor. Bis heute weiß niemand was dieses Wort bedeutet. In Angkor wurden bis jetzt sieben Schriften entdeckt. Zwei dieser Schriften sind heute noch nicht zugeordnet, so auch Phimai. Es wird vermutet, dass es sich bei Phimai auf eine religiöse Figur oder Stätte bezieht.“ „Ich hatte mal gehört, das Angkor im Dschungel untergegangen sei“ sagte Thomas.
„Dies ist ein Märchen. Es werden oft die Reiseberichte von dem Franzosen Henri Mouhot angeführt. Mouhot hatte 1860 einen Tempel von Angkor entdeckt, welcher tatsächlich in Teilen zugewuchert war. Bei einer Größe von über 40.000 Hektar ist es schier unmöglich, dass Angkor im Dschungel untergegangen sein sollte.“
Thomas nickte „Logisch. Und schon habe ich wieder etwas von dir gelernt.“

Franziska, Thomas und Claude waren von der Architektur vom den Gebäuden in dem Park überwältigt. Bernhard und Coady sahen bereits in den vergangenen Jahren einige Bauwerke von Angkor in Kambodscha.
Hannes erklärte den anderen dass in Angkor alles symmetrisch erbaut wurde.
„Du meinst die Gebäude“ sagte Thomas. Hannes schüttelte den Kopf „Nein, Thomas. Alles. Schau dich hier an dem Gebäude um, und du siehst jeden Stein in einer Symmetrie. So war es auch mit jeder Straße, Mauer und sogar den Fischteiche in Angkor. An diesem Park wurde an der Symmetrie nichts verändert. Nun kommt eine Kuriosität, welche mal wieder die Historiker vor offene Fragen stellt. Alle Tempel und Paläste von Angkor waren und sind nach Osten ausgerichtet. Die Pagode von Phimai ist nach Süden ausgerichtet.“

Auf der südlichen Hälfte von Phimai kamen sie an die Nakaracht Brücke. Dieser Brücke wurde an beiden Seiten eine Silhouette eines Schlangenkönigs nachempfunden.
„Nun stehen wir vor dem nächsten Rätsel der Geschichte. Ihr seht auf beiden Seiten der Brücke die gleichen Figuren. Auch hier vermutet man, dass es sich um die Symbolik zwischen Mensch und Himmel in der hinduistischen und buddhistischen Mythologie handelt. Nun möchte ich euch noch die Kopura zeigen.“

Mit seinem Gefolge ging Hannes auf die Westseite von der Ruinenanlage.
„Ihr seht vom hier aus bereits, dass an dieser Mauer links und rechts eine Art Balkon zu sehen ist. Auch hier wird vermutet, dass wir uns jetzt auf der heiligen Seite von Phimai aufhalten, denn die Inschriften an der Kopura zeigen, so ähnlich wie in Ägypten an den Pyramiden, das Leben der Menschen in der damaligen Zeit.“
Hannes führte die Gruppe an Tafeln mit Inschriften vorbei und erklärte deren Bedeutung.
„Auf diesen Tafeln stehen Namen bei denen man vermutet, es könnten die Baumeister oder Handwerker sein.“ „Könnten es auch die Namen der Toten sein, die bei dem Bau von Phimai ums Leben gekommen sind?“ Fragte Claude.          „Unwahrscheinlich. Denn es gibt wohl kaum Tempel, Burgen, Paläste oder Kathedralen auf der Welt, wo die Opfer genannt werden. Es soll aber nicht heißen, dass es in Phimai auch so ist, denn immerhin stehen wir auf der heiligen Seite der Kopura. Wenn ihr euch umschaut, seht ihr, dass es ein Gebäude gibt, welches mit weißen Sandstein gebaut wurde. Diese Pagode wurde nach der Archäologie im 14. Jahrhundert von König Jayavaman VII. gebaut.“

Hannes blieb an einem der zahlreichen Gebäude stehen und zeigte auf die Inschriften und Zeichnungen an den Wänden.
„Was hier wie eine Darstellung von Kämpfen der Khmer-Könige aussieht, wird aber auf die Schlacht zu Kurukshetra zurückgeführt.“ Hannes sah in fragende Gesichter.            Coady sagte „Du meinst das indische Epos von Mahabharata?“
Hannes nickte „Ja, Coady. Um es euch kurz zu erklären. Die Epen von Mahabharata gehören zusammen mit den Puranas und dem tibetischen Epos des Königs Gesar zu den umfangreichsten literarischen Werken der Weltgeschichte und wurden wahrscheinlich zwischen 400 vor und 400 nach Christus geschrieben. Was hier dargestellt ist, ist tatsächlich die Schlacht von dem Oberbefehlshaber Arjuna Bhisma gegen die Pandavas. Nach dem Epos hat Arjuna die Kampfregeln für beide Kriegsparteien bestimmt. So sollte mit gleichen Waffen gegeneinander gekämpft werden, und wer auf dem Schlachtfeld verwundert wird oder seine Waffen verliert, darf nicht getötet werden.“ Hannes sah immer noch in fragende Gesichter und zog die Schultern hoch. „Fragt mich nicht warum ausgerichtet dieses Epos hier dargestellt ist. Ob sich König Jayavaman VII. ein Beispiel daran nahm, oder ob diese Kampfregeln für die zukünftige Kämpfe gelten sollten, kann ich – und wahrscheinlich niemand genau sagen. Ich vermute es könnte ein Verhaltenskodex für Kämpfer ähnlich der Kreuzzüge nach Jerusalem sein. Es gibt aber keinerlei Überlieferungen, wo die Khmer in einen Glaubenskrieg zwischen Buddhismus und Hinduismus gezogen waren. Immerhin ist die Khmerschrift von indischen Schriften abgeleitet. In welchem Zusammenhang die Geschichte zu heute steht, werden wir wohl nie erfahren.“