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Internationaler Tag der sozialen Gerechtigkeit

2009 wurde von den Vereinten Nationen der 20. Februar als Internationaler Tag der sozialen Gerechtigkeit ausgerufen. Der Tag soll jährlich auf die soziale Ungerechtigkeit weltweit aufmerksam machen und zu ihrer Überwindung aufrufen.

Was national schon nicht möglich ist umzusetzen, funktioniert international schon gar nicht, denn Gerechtigkeit heißt: Die Menschenrechte- und Würde zu achten. Bemerkenswert ist, dass es keine verbindliche und einheitliche Definition für jene soziale Gerechtigkeit gibt. Was als gerecht oder ungerech empfunden wird, wird in Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert. Dazu zählen unter anderem die Löhne, Renten oder auch Mieten.

Der Wohlstand in Deutschland ist in den vergangenen Jahren nachweislich gewachsen. Wohlstand ist aber nicht mit Vermögen gleichzusetzen, denn das Vermögen in der Gesellschaft ist extrem ungleich verteilt. Hier wird diese Ungleichheit in den nächsten Jahren noch viel gravierender sein. Viele Menschen in Deutschland werden durch Leiharbeit, gering bezahlte Arbeit oder als Bürgergeldempfäher:innen in eine Altersarmut kommen.

Soziale Gerechtigkeit muss und sollte für alle Menschen gleichermaßen gelten. Männer und Frauen, sowie Menschen verschiedener Herkunft und Hautfarbe sollen und müssen die gleichen Rechte haben. Dies gilt für die Arbeits- und Berufswahl, genauso wie auf das Recht auf Bildung und Entlohnung.

Der Internationale Tag der sozialen Gerechtigkeit soll daran erinnern, dass noch viel zu tun ist, damit es gerechter auf der Welt zugeht. Viele Millionen Menschen weltweit leben in Armut, haben keine Chance auf Bildung, oder bekommen keine Arbeit wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion.

Die Charta der Vereinten Nationen

Im Präambel der UN vom 24. Oktober 1945, steht wie folgt: Wir, die Völker der Vereinten Nationen – sind fest entschlossen, 
– künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat,

– unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen,

– Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können,

– den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern

Nun, alleine bei diesen vier Punkte sehe ich mit Blick auf 74 Disputen, 73 gewaltlose Konflikte, 174 gewaltsame Konflikte, 21 begrenzte Kriege, und 21 Kriege – im Jahr 2022, den Wunschvorstellungen der UN sehr skeptisch gegenüber.

Internationale Probleme

In vielen Ländern der Welt ist Kinderarbeit selbstverständlich. Dies kann und darf nicht sein. Wenn Kinder arbeiten, haben sie nicht die Möglichkeit in Schulen zu gehen.
So entsteht Analphabetismus, von dem ungefähr 770 Millionen Menschen betroffen sind. Dies bedeutet eine Abhängigkeit von anderen Menschen – meist Unternehmer:innen. Diese Menschen sind meist unterbezahl und oder arbeiten unter unwürdigen Bedingungen.
Auf der einen Seite gibt es die Kinderarbeit, auf der anderen Seite gibt es genügend Länder auf der Welt, wo Frauen keiner erwerbstätiger Arbeit nachgehen dürfen.

Fazit

Wenn wir einen Tag der sozialen Gerechtigkeit haben, sollte es in aller Interesse sein, diesen Tag als Grundlage für ein friedliches und soziales Zusammenleben nutzen.
Vielleicht klapp es im nächsten Jahr, oder übernächsten…

Naike Juchem, 20. Februar 2024

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
Foto: privat

Kein Mensch flieht ohne Grund

Ein paar Hintergründe, die zum Nachdenken bringen sollen.

Autorin Naike Juchem

Melilla ist eine spanische Enklave in Westafrika und hat seine Grenze zu Marokko.
In einem Werbeprospekt wird über die schöne und mittelalterliche Festungsanlage und über prachtvolle Jugendstilgebäuden in den schönsten Worten geschrieben.
Wörtlich heißt es dort: „Es gibt keinen besseren Weg, ihre Geschichte kennenzulernen, als eine Besichtigung von La Ciudadela, auch bekannt als Melilla la Vieja oder „das Dorf“ (El Pueblo) zu besuchen. Diese Festungsanlage wurde im 15. Jahrhundert auf Felsen erbaut und verschiedene Kulturen haben hier im Laufe der Zeit ihre Spuren hinterlassen.“
So weit über die einstige Geschichte.

Über die aktuelle Geschichte hört man kaum etwas. Im Sommer 2022 versuchten fast 2.000 Migranten, die meterhohen Zäune von Melilla – also der EU Außengrenze zu überwinden. Es gab hunderte Tode und genau so viele Verletzten. Hilfe für die Menschen gab es keine!
Dies ist die Realität vor den Türen von Europa!
Ob in Libyen, Griechenland, Türkei, Italien (Lampedusa) oder an den Grenze zwischen Polen und Weißrussland. Überall werden Menschen mit Waffengewalt an der Einreise nach Europa gehindert.

Foto: Simona Forlini

„Sollen sie doch bleiben wo sie hergekommen sind.“


Dies sind oft die Aussagen von Menschen, die für sichere Grenzen und konsequenter Abschiebung sind.
Natürlich können diese Menschen in ihrer Heimat bleiben – nur hat die EU durch irrsinnige Subventionen und Staatsverträge fast alle Länder in Afrika in den Ruin getrieben. Tomaten aus Italien werden in Ghana billiger verkauft, als die Landwirte in Ghana diese verkaufen können.
Hähnchenfleisch, welches in Europa keinen Absatz hat, wird über Subventionen per Container nach Nigeria geschafft. Dort hat man mit unserem Lebensmittelmüll mal eben die Landwirtschaft ruiniert.

Elektronikmüll wird an die Elfenbeinküste oder Ghana verschifft. Dort liegen Hunderttausende Tonnen Elektronikmüll auf weiten Felder – auf denen einst mal Saat ausgebracht wurde. Mit einfachsten Mittel wird noch das letzte Stück Kupfer aus den Geräten geholt. Die Umweltverschmutzung ist gigantisch. Durch die Schwermetalle im Boden und Wasser, ist Leben für Tiere und Fische nicht mehr möglich.

Natürlich gibt es auch „positive“ Beispiele, wenn in Kenia Tulpen und andere Blumen gezüchtet werden, und diese dann in den Discounter in Europa für wenig Geld an den Kassen stehen. Von diesem ökologischen Irrsinn mag ich gar nicht schreiben.

Diese wenigen Beispiele zeigen schon, wie global vieles zusammen hängt. Es ist natürlich leicht zu sagen: „Sollen sie doch bleiben wo sie hergekommen sind.“ Würden diese Menschen eigentlich auch, wenn das zivilisierte Europa nicht deren Heimat, Lebensraum und Wirtschaft zerstören würde. Kein Mensch flieht ohne Grund!

Foto: Saleh Syrian

Die Menschen, die fliehen, brauchen Geld für ihre Flucht. Dieses Geld kratzen sie von Verwandten zusammen. Die Familien verschulden sich bei den Schlepper und können das Darlehen niemals zurück bezahlen. Oft werden nach ein oder zwei Jahren diesen Familien das wenige Eigentum weggenommen. Also hat man nochmals viele Menschen in die Armut, Flucht und Verzweiflung getrieben.

Um dies alles zu begreifen, bedarf es mehr, als die Schlagzeilen der BILD oder den schwachsinnigen Postings in den Sozialen Netzwerken zu lesen.

Foto: Eva Wołkanowska-Kołodziej

Wenn wir diese Welt verbessern möchten, müssen wir als Industriestaaten auch jene anderen Ländern leben lassen und auf Augenhöhe mit einander umgehen. Staatsverträge drückt die sowieso schon schachen Ländern noch mehr an die Wand.
Hurra, wie haben Unimogs von Mercedes, Waffen von Heckler und Kock.  Auch Frankreich ist im Bereich Staatsverträge vorne mit dabei. So werden zum Beispiel militärische Fahrzeuge von ACMAT S.A, ALCEN (u.a. Hubschrauber) oder Produkte der Dassault-Gruppe geliefert.

Diese Liste geht natürlich nicht nur über militärische Waffen und Fahrzeuge einher. Es geht mit allen Branchen weiter: Lebensmittel, Telekommunikation, Medikamente, Erdöl, Chemie….

Foto:Nino Fezza

Um eine immer weiter steigende Profitrate der Konzerne zu haben, braucht man neue Märkte. Ob Lateinamerika, Afrika, Asien, Südostasien oder China. In all diesem Karussell aus Macht, Gier und Profitrate bleiben Menschen aus der Strecke. Dies zeigt uns die Geschichte des Kolonialismus. Auch hier waren es: Afrika, Asien, Lateinamerika, Polynesien, Indien, Indochina (so nannte man früher Südostasien.)

Die westliche Industrie und Wohlstand ist auf die Armut der Schwellenländer dieser Welt aufgebaut. Kriege führen zu Armut und Flucht. Umweltzerstörung führt zu Armut und Flucht. Irrsinnige Subventionen und Staatsverträge führt zu Armut und Flucht.

Foto: Simona Forlini

Nun sitz der Europäer zu Haus auf seinem Sofa und motzt über Migranten, ohne all diese Hintergründe zu wissen. Es ist leichter, die schwächsten in dieser Kette zu bekämpfen, als sich über die Ursachen Gedanken zu machen.

Naike Juchem, 6. Februar 2024

Weltbevölkerung

Foto: Pinterest

Heute schreibe ich über ein Thema, welches uns als Menschheit vor Herausforderungen stellen wird, für welches wir kaum eine Lösung haben: die Weltbevölkerung


Die Weltbevölkerung wächst pro Sekunde um zwei Erdenbürger, und  dies vor allem in Afrika. Woran dies lieg möchte ich in diesem Beitrag  erklären.

Nach Angaben des United Nations Population Fund (UNFPA), bekommen Frauen in Uganda im Durchschnitt 5,3 Kinder. Im Nachbarland der Demokratischen Republik Kongo liegt die Zahl bei 5,8. In Angola waren es im vergangenen Jahr 5,5 – und im bitterarmen Niger lag die Geburtenrate sogar bei 7,1.

Bei der UNFPA werden alle Daten gesammelt, die von mehr als 235 Länder und Territorien an Geburts- und Sterbestatistiken geliefert werden. Die Angaben werden qualitätsgeprüft – so weit dies möglich ist, verifiziert und homogenisiert.
Nach der letzten Veröffentlichung der Statistik aus dem Jahr 2019 liegt die  Zahl der Bevölkerung auf der Erde derzeit bei fast 7,8 Milliarden Menschen. 2030 werden es in bereits 8,5 Milliarden sein, 2050 dann schon 9,7 Milliarden und ein halbes Jahrhundert später schier unfassbare elf Milliarden Menschen. Der Planet ist schon am Limit angekommen und besser wird es für Resourcen und Lebensraum sowieso nicht.

Foto: Pinterest

Die komplementäre Menge einer Gleichung

Während auf den afrikanischen Kontinenten die Geburtenrate stark zunimmt, fällt diese in den Industrieländer ab. Um die Bevölkerungszahl in den Industrieländer stabil halten zu können, müsste die Geburtenrate bei 2,1 liegen. Unter dieses Reproduktionsniveau sind laut UNFPA bereits fast die Hälfte aller Länder gesunken. Selbst auf dem asiatischen Kontinent liegt die Rate bereits bei 2,1.

Weltweit gebären Frauen im Schnitt 2,47 Kinder. In der Subsahara-Region sind es 4,8. Bis 2050 sagt das UNFPA für Afrika eine Verdoppelung der Bevölkerung auf dann 2,5 Milliarden Menschen voraus. Am Ende des Jahrhunderts wird mit rund vier Milliarden kalkuliert. Ein solches Bevölkerungswachstum würde auch Industrienationen wie Deutschland und Frankreich überfordern. Für über dreiviertel der Länder Afrikas, wo es an medizinischer Grundversorgung, Schulen und Wohnungen fehlt. Bereits jezt haben weltweit 768 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Über 40 Prozent von ihnen leben in Afrika südlich der Sahara. Hinzu kommt die desolate Situation von Arbeitsplätze in fast allen Ländern von Afrika. Auch ist seit Jahren eine gewaltig überstrapazierten der natürlichen Ressourcen zusehen, bei denen schon jetzt auch der Klimawandel  für exorbitante Probleme sorgt.

Der Wachstum der Bevölkerung in Afrika lässt einerseits den Migrationsdruck Richtung Europa steigen, es führt aber vor allem dazu, dass afrikanische Städte wuchern. Millionen von jungen Menschen fliehen bereits jetzt in die heimischen Metropolen auf der Suche nach Jobs und in der trügerischen Hoffnung auf ein besseres Leben.

Die Wissenschaftlerinnen Julia Bello-Schünemann und Ciara Aucoin vom Institute for Security Studies in Südafrika schreiben in ihrem „African Urban Futures“ Bericht: „Die Geschwindigkeit der Urbanisierung Afrikas sei unvergleichlich in der Geschichte.“

Bereits jetzt lebt die Mehrheit der Stadtbewohner in Slums oder illegalen Siedlungen mit oft katastrophaler Infrastruktur. Und vor allem die werden sich mit der zusehends wachsenden
Bevölkerung weiter ausdehnen, prognostiziert die African Development Bank in ihrerm Bericht des Vorjahres

Der US-Stadtforscher Mike Davis hat bereits 2006 In seinem Buch „Planet der Slums“  auf diese Entwicklung hingewiesen und schrieb von einer Urbanisierung und Urbanität der Städte. Anders als vor Jahrzehnten in Europa wachsen afrikanische Städte unkontrolliert ohne jegliche Infrastruktur und weitgehendst auch ohne Industrialisierung. Die Beschäftigungskrise in den Städten, so Davis, sei eine ähnlich massive Bedrohung wie der Klimawandel.

Foto: Pinterest

Der Kollaps ist unausweichlich

Die fehlende Bildung in sehr vielen Teilen von Afrika ist eines der größten Probleme im Kampf um die Geburtenkontrolle. Hinzukommt, dass durch Traditionen und Religion oft der Mann über die Frau entscheidet. So gilt dies zum einen für die Auswahl der Frauen – denn all zu oft entscheidet nicht die Liebe, sondern der Status des Mannes über eine Heirat und die Familienplanung. Was Schlussendlich auch zu Frühehen (Ehen mit Minderjährigen) führt.

Die Armut vieler Menschen spielt bei dem Bevölkerungswachstum auch eine sehr große Rolle. Die Armut führt zwangsläufig in die Abhängigkeit andere Menschen. So ist nicht verwunderlich wenn quasi Mädchen an „Ehemänner“ verkauft werden.
Nach vorliegenden Angaben von UNICEF sind Schwangerschaften die Haupttodesursache in der Altersgruppe zwischen 15 und 19 Jahren. 50.000 junge Frauen kommen so jedes Jahr ums Leben.
Mehr als 200 Millionen Frauen weltweit würden gerne verhüten, es fehlt ihnen aber an den Möglichkeiten. Beinahe jede vierte verheiratete Frau in Entwicklungsländern nutzt keine Verhütungsmittel, obwohl sie eine Schwangerschaft vermeiden wollen.

Der nächste Faktor sind uralte Traditionen.
Der Druck auf kinderlose Frauen ist nirgends größer als in Afrika. Besonders auf dem Land sehen viele Afrikaner eine hohe Kinderzahl als Zeichen von Reichtum. In Abwesenheit von ausreichend stabilen Sozialsystemen gelten Kinder zudem als Absicherung für das Alter.

Auch die Religion hat in vielen Ländern Afrikas einen großen Einfluss auf die Gesellschaft. So kommt es immer wieder zu Auseinandersetzung zwischen Hilfsorganisationen und  politisch- religiösen Ansichten, die der eingeschränkte Zugang zu Verhütungsmitteln auch auf den Widerstand von religiösen und kulturellen Führern zurückzuführen.

Bereits 2012 wurde einen Plan erarbeitet, wie man bis 2020 den Bevölkerungswachstum eindämmen kann. So wurde sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren, zu den bereits 260 Millionen Frauen die in den ärmsten Ländern schon verhüten, weitere 120 Millionen Frauen den Zugang zu Verhütungsmitteln zu sichern. Für dieses Vorhaben wären rund drei Milliarden Euro nötig. 1,87 Milliarden Euro wurden 2012 auf dem Londoner Gipfel zur Familienplanung zugesagt, den Englands Regierung in Zusammenarbeit mit der Bill-&-Melinda-Gates-Stiftung und dem Bevölkerungsfonds der UN veranstaltete.

Zu den weiteren Negativen Punkte des Bevölkerungswachstums gehören die Auswirkungen des Klimawandel, die immer mehr zunehmenden Konflikte zwischen Milizen und Regierungen. Bei letzt genannten könnte ein Staat wie Ruanda die Hälfte der Bevölkerung in Zentralafrika ernähren, wenn aus dem vor bereits 30 Jahren begonnenen Bürgerkrieg nicht so viele Landflächen vermint wären.

Experten beziffern die Zahl von verlegten  Anti-Personen-Minen in 18 Ländern auf dem afrikanischen Kontinent auf 30 Millionen. Demnach ist Afrika die am stärksten verminte Region der Welt. Allein in Ägypten liegen etwa 17 Millionen Minen, zum Großteil aus dem Zweiten Weltkrieg, zum Teil aus dem Krieg 1967 mit Israel.
2007 galten 2,4 Millionen Angolaner in ihren Wohngebieten als gefährdet – dies sind 17 Prozent der Bevölkerung, also fast jeder Fünfte. Seit dem Beginn des angolanischen Bürgerkriegs 1975 wurden über 80.000 Angolaner durch Landminen getötet oder körperbehindert. Auch Mosambik ist durch Minen sehr stark betroffen, denn jeden Monat sterben 40 Menschen durch Explosionen in Bezug auf Minen – und all zu oft betrifft es Kinder.

Die weltweite Beseitigung von Minen belaufen sich nach UN Angaben auf über eineinhalb Billion Dollar. Seit 1999 stellt Deutschland für die Beseitigung von Minen in Afrika über humanitäre Hilfsprogramme jährlich 15 Millionen Euro zur Verfügung.

Alleine duch diesen Faktor jener heimtückischen Waffe können geschätzte 3,5 Millionen Menschen nicht in und für die Landwirtschaft arbeiten, womit auch das Bruttosozialprodukt der Länder auf einem sehr niedrigen Niveau liegt.

Positive Entwicklungen

In Ländern der Subsahara gibt es bereits kleine Erfolge, wie eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zeigt. Äthiopien, nach Nigeria das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung, gehört dazu. Dort ist seit Mitte der 1990er Jahre die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau von rund sieben auf jetzt etwa vier gesunken. Eine rasante Entwicklung, die ihresgleichen sucht.

Grund für diesen Sprung ist eine Strategie, die die Regierung in Addis Abeba seit 1995 verfolgt. Hier wird ganz klar auf die Förderung der Landwirtschaft, der Ausbau des Gesundheitssystems und Investitionen in die Bildung gesetzt. Gemeinsam mit internationalen Partnern errichtete die Regierung in jeder Gemeinde eine Gesundheitsstation und bildete mehr als 40 000 Frauen zu Gesundheitshelferinnen aus. Diese betreuen seither Mütter vor und während der Schwangerschaft und behalten auch die Kleinkinder im Auge.

Alleine dieser positive Effekt zeigt ab 2000, dass sich die schwangerschaftsbedingte Sterblichkeit bei Frauen halbierte, so auch bei der Säuglingessterblichkeit. Da nun mehr Kinder überleben, wünschen sich Paare nun im Schnitt weniger Nachwuchs – und können sich darüber hinaus in jeder
Gesundheitsstation zu Verhütungsmethoden beraten lassen. Die Nutzungsrate von Kontrazeptiva hat sich seit Beginn der 2000er Jahre verfünffacht. Ergebnis der nationalen Strategie zur Bevölkerungspolitik Äthiopiens ist auch, dass heute fünf Mal mehr Mädchen eingeschult werden als noch 1995 und der Anteil der Frauen, die einer bezahlten Arbeit nachgehen, stark gestiegen ist.

Auch Länder wie Ruanda, Botswana, Senegal oder Ghana setzen auf ähnliche Strategien. Nach der Studie von Alisa Kaps, Expertin für internationale Demografie beim Berlin-Institut, entscheiden die Menschen sich selbst für kleinere Familien. „Es braucht also ein gewisses Maß an Entwicklung, damit die Kinderzahlen zurückgehen und daraus wieder Möglichkeiten für neuen Fortschritt entstehen,“ so Kaps.

Bei der demografische Dividende, welche man beispielweise in Südkorea, Thailand oder Singapur sehen kann, wo aufgrund sinkender Geburtenraten trotzdem das BIP stieg. Der Anteil der Menschen, die einer Arbeit nachgehen können, wächst gegenüber den Alten und Kindern, die versorgt werden müssen.

Die meisten afrikanischen Staaten sind vom dieser demografische Dividende noch sehr weit entfernt. Ökonomen gehen von einem solchen Entwicklungsschub erst aus, wenn auf jede abhängige Person 1,7 Erwerbsfähige im Alter zwischen 15 und 64 kommen. Die UN prognostiziert, dass die Subsahara-Staaten frühestens im Jahr 2035 so weit sein werden, manche sogar erst 2060. Ob es dann gelingt, diese günstige Altersstruktur in einen wirtschaftlichen Aufschwung umzumünzen, der dem Staat dann idealerweise auch höhere Einnahmen beschert, die wiederum in soziale Infrastruktur investiert werden können, um den Lebensstandard der gesamten Bevölkerung zu heben – hängt vor allem davon ab, in wieweit eine möglichst gut ausgebildete Jugend reguläre und produktive Arbeit findet.

Wie groß die Herausforderung ist, zeigen Zahlen der International Labour Organization (ILO): So waren im Jahr 2018 von den 737 Millionen Afrikanern im Alter von 15 bis 64 Jahren nur 16,8 Prozent regulär beschäftigt. Die große Mehrheit schlägt sich mit schlecht bezahlten Gelegenheitsjobs ohne jede Absicherung durch oder ackert auf einem kleinen Stück Feld, um zu überleben. Von diesen prekären Verhältnissen sind laut ILO vor allem junge Erwerbsfähige und Frauen betroffen.

Es braucht Investitionen

Das deutsche Sozialunternehmen Africa Greentec AG aus Hainburg setzt seit Jahren in Mali und im Niger auf eine ganzheitlichen Systemlösung, in denen ganze Dorfgemeinschaften in ländlichen Regionen mit Strom und nachhaltigen Technologien ausgestattet werden. Die Energie, die Africa Greentec liefert, kommt aus Containern, kleinen kompakten Photovoltaik-Kraftwerken, die sauberen Strom produzieren und speichern, Trinkwasser aufbereiten und eine Internetverbindung ermöglichen.
Durch den Strom dieser Photovoltaik-Kraftwerken ist möglich, dass die Menschen Lebensmittel kühlen oder herstellen können, womit sich ein kleiner Wirtschaftskreislauf aufbaut.
Von Leapfrogging sprechen Forscherinnen wie Alisa Kaps, wenn regional angepasste Innovationen ineffiziente, umweltschädliche und kostspielige Zwischenstufen der Entwicklung überspringen und somit das Leben der Menschen verbessern und oder gar vereinfachen.

Viel afrikanische Länder machen dies etwa mit der direkten Einführung der mobilen Telefonie. Handys und Smartphones sind mittlerweile sprichwörtlich selbst im Busch verbreitet und ermöglichen so die Gesundheitsvorsorge. So trägt zum Beispiel MomConnect, eine Initiative des südafrikanischen Gesundheitsministeriums
dazu bei, dass schwanger Frauen sich per Mobilfunk bei freiwilligen Helfer und Ärztinnen kostenlos melden können. Somit sind auch diese kleine Schritte um die Überlebenschancen von Müttern und Neugeborenen zu erhöhen.

Nach Angaben von Michael Hilbig vom Institut für Integrierte Naturwissenschaften, könnenLänder diese Chance aber auch weitgehend verstreichen lassen, wie es sich in Tunesien oder Ägypten zeigt. Diese Länder hatten demografisch bereits die besten Voraussetzungen. Dort investierte die Regierung zwar stark in den Bildungssektor, verpasste es jedoch, den Arbeitsmarkt massiv auszubauen. Nach den Worten von Michael Hilbig ließe sich mit den richtigen Politiken zumindest noch eine kleine demografische Dividende abschöpfen.


Quellen:

– Africa GreenTec AG
Außenliegend 19
63512 Hainburg
https://www.africagreentec.com

– Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
Studienmitautorin Alisa Kaps.
Schillerstr. 59,10627 Berlin
info@berlin-institut.org

– Christian Putsch, Afrika-Korrespondent u.a. für WELT, NZZ
https://christianputsch.com

– Michael Hilbig MSc, Universität Koblenz-Landau
hilbig@uni-koblenz.de

– National Department Of Health South Africa
Dr AB Xuma Buildung,
1112 Voortrekker Road, Pretoria,  Südafrika
https://www.health.gov.za/

– Population Division, United Nations, 2 United Nations Plaza, Room DC2-1950, New York, NY 10017, USA.
population@un.org

Weinachten im Schuhkarton

Nach 7770 Kilometer wieder zu Hause

Alles begann 2002 mit einem Schuhkarton

Von der weltgrößten humanitären Hilfsaktion: „Weihnachten im Schuhkarton“ von Samaritan’s Purse, aus den USA, hörte ich im Herbst 2002 zum ersten Mal. Ich fand die Idee, einen Schuhkarton für Kinder in drei Altersgruppen zu packen, sehr gut. Also kaufte ich Artikel, welche für ein Junge oder Mädchen in jenen drei Altersgruppen gerecht sei. Ich gab meine zwei Pakete an einer Sammelstelle ab und überwies den geforderten Geldbetrag von je 7 € für den Transport. Nun wird sich der ein oder andere fragen, warum noch Geld bezahlen, wenn ich doch ein Päckchen gespendet habe. Ganz einfach: die Pakete fallen in den Zielländer nicht vom Himmel. Der Transport und Logistik kostet schließlich auch Geld.

Im Jahr 2004 setzt ich mich für „Weihnachten im Schuhkarton“ mehr ein und so hatte ich eine Sammelstelle zu Hause eingerichtet. Dort konnten die Leute ihre Päckchen abgeben, welche ich dann zu einer größeren Sammelstelle brachte, wo diese ab Mitte November abgeholt wurden.
Ich kannte die Struktur und Logistik von WiS nun etwas besser und sah hier und da einige Defizite. So rief ich im neuen Jahr nach Berlin, in die Zentrale von WiS, an und sprach mit dem Logistikleiter, Andreas Wilhelms, jene zu verbesserten Punkte an. Wir waren gleich auf einem Nennen und Andreas freute sich über diese Kritik. Im März 2005 fuhr ich nach Berlin und konnte mit ihm die Logistik neu strukturieren.

Zu jener Zeit arbeitete ich bei einer Firma nahe Köln und mein damaliger Chef fand mein Engagement sehr gut. So konnte ich mit einem 40-Tonner Sammelstellen für WiS im nördlichen Rheinland-Pfalz und Saarland anfahren. Von dort brachte ich tausende Päckchen, welche in sogenannten Umkartons verpackt waren, zu einer Spedition nach Wuppertal. Von dort wurden die Kartons anschließend auf Satteltüge mit Zielländer wie zum Beispiel: Polen, Rumänien, Moldawien oder Ukraine geladen.

WiS Sammelstelle in der Gemeindehalle

Mein Engagement für WiS sprach sich in meinem Heimatort und Umgebung  herum, und so verlegte ich aus Platzgründen 2005 die heimische Sammelstelle aus der Wohnung in die Gemeindehalle im Ort. Mit der Waldjugend, ist so etwas ähnliches wie Pfadfinder, und einigen Helfer:innen hatten wir an einem Samstag von 9 Uhr bis spät am Abend sehr viel zu tun.
Im Vorfeld hatte ich mich bereits mit zwei Namhaften Herstellern für Hygieneartikel in Verbindung gesetzt, und bekam von beiden Unternehmen je eine Palette mit Duschseife, Zahnpasta, Hautcreme und Haarshampoo geschenkt.

Ein Schuhkarton für Weihnachten

„Weihnachten im Schuhkarton“ ist in Deutschland recht bekannt, und somit packen auch viele Menschen ein solches Päckchen.
Was man in Sammelstellen alles sieht, macht einen hin und wieder sprachlos. Spielzeugautos aus denen der Sand rieselt, kaputt sind oder gar abgenutzte Teddybären findet man in den Kartons. Manche Kartons sind herzlos mit einem dicken Pack Schokolade, ein paar einzelne Malstifte oder Schreibheft gefüllt.
Es ist lobenswert, wenn Menschen Päckchen für ärmere Kinder packen und von einem Billigladen eine Packung mit 5 Zahnbürsten hinein legen – aber nicht eine Tube Zahnpasta kaufen können.

Andere Kartons sind mit Stoff ausgeschlagen und beinhalten schöne Teddybären, ein T-Shirt oder Pulli, Bunt- oder Wachsmalstifte. Ein kleiner persönlicher Brief kommt auch schon mal vor. Bei solchen Kartons sieht man, mit welcher Liebe diese gepackt wurden.

Die Geschenkkartons sollten auch nicht verschlossen an den Annahmestellen ankommen, denn die Pakete müssen alle kontrolliert werden. Dies hängt auch damit zusammen, dass zum Beispiel keine Schokolade mit Nüssen nach Moldawien eingeführt weden darf. Wenn nun an der Grenze zu Moldawien ein Lkw mit solchen Geschenken kontrolliert werden sollte, kann der Zoll die Einfuhr für den Lkw verweigern oder die Ladung  konfiszieren. Auch sollte bei den Geschenke eine Gleichheit sein. In einem Karton sind  zum Beispiel 5 Tafeln Schokolade und in dem anderen nichts. Daher kontrollierten wir alle Kartons und verteilen oder füllten diese dementsprechend auf. Diese Kontrolle wird übrigens in allen Sammelstelle durchgeführt. Wie schon geschrieben, haben einige Menschen den Sinn von einem Geschenk nicht verstanden. Auch wenn die Kinder in den Zielländer sehr arm sind, braucht man keine gebrauchte, schmutzige oder kaputte Gegenstände verschenken.

Da ich bereits einen recht großen Einblick in die Logistik und  Kontakte zu anderen Sammelstelle hatte, tauschen wir gesponsorte Artikel untereinander aus. Was ich zu viel an Hygieneartikel hatte, tausche ich gegen Schokolade, Stofftiere oder Spielzeug. So entstand ein kleines Netzwerk im Hunsrück und Saarland.

Der Stichtag für WiS an den Sammelstelle liegt immer so um die Mitte November. Ab da an muss alles recht schnell gehen, denn die Lkw sollten vor Weihnachten in den Zielländer und Orten sein.
Mein Chef stellte mir wieder einen 40-Tonner zur Verfügung und so fuhr ich die Sammelstellen im Nördlichen Rheinland-Pfalz und Saarland an. Mein damals 4-jähriger Sohn war bei diesen Fahrten mit dabei. Er sollte schon sehen und begreifen, was ich und auch andere Menschen für Menschen tun.

Promotion Tour für „Weihnachten im Schuhkarton“

Die seit 2005 verbesserte Logistik lief reibungslos und brachte in der Zentrale von „Geschenke der Hoffnung“, große Zustimmung. Der Geschäftsführende Direktor von „Geschenke der Hoffnung“ Deutschland, Christoph v. Mohl, und die Projektleiterin für WiS, Diana Molnar, wollten für die nächste Kampagne von „Weihnachten im Schuhkarton“ eine ordentliche Reportage machen und luden mich im Frühjahr 2007 nach Berlin ein, um diese Idee zu konkretisieren.
Da ich bereits zwei Jahre zuvor den Kontakt zu „AIDS Care Education and Training“ (ACET) einer AIDS Organisation in Thailand hatte und wir seit 2006 in der Planung für eine Anlage mit mehreren Häusern für ein AIDS Waisenhaus waren,
konnte ich mein eigenes Projekt, welches ich mit dem Direktor von ACET, Alan Ellard, umgesetzt hatte, bei „Geschenke der Hoffnung“ sehr gut einbringen und etwas „anschieben“.

In Berlin wurde in einem Team ein Brainstorming für die Reportage zusammengestellt, bei dem auch der Marketingchef, Dr. Ahlers, der Firma Krone dabei war. Krone würde vier Sattelauflieger zur Verfügung stellen. Über Dr. Ahlers kam der Kontakt zu IVECO. Der Lkw Hersteller würde vier Zugmaschine für diese Tour bereitstellen.
Die Regionalleiterin von „Geschenke der Hoffnung“, Evelyne Rheinhardt, schaffte den Kontakt zur Bertelsmann Stiftung in Gütersloh und zu einem Kamerateam von RTL.

Oktober 2007

Im Oktober bekam ich einen Anruf aus Berlin, in dem mir mitgeteilt wurde, dass IVECO vier Zugmaschine stellen würde, welche im Frühjahr zugesagt wurden. Da klar war, dass ich diesen Transport durchführen werde, brauchte es noch mindestens drei weitere Fahrer.
Der knaller bei diesem Telefonat war, als mir der Standort der Zugmaschinen gesagt wurde: Wien.
Wie sollten nun die Zugmaschinen von Wien ins Emsland zu Korne gefahren werden? Die Idee war, dass ich dreimal nach Wien fliegen sollte, um dann je eine Zugmaschine ins Emsland fahren sollte. Eine Zugmaschine konnten mit Holger Micklizer aus Leipzig besetzt werden, der auch schon sehr früh zugesagt hatte, zwei Wochen fahren zu können.
Leider konnte die Idee mit dem Flugzeug nicht umgesetzt werden, denn die Zugmaschinen wären erst Ende November für diesen Transport frei.
In sechs Wochen musste der Transport beginnen und es gab noch einige Probleme zu lösen.
Nun mussten wir schauen, wer wann überhaupt konnte, um die beiden anderen Zugmaschinen von Wien nach Werlte zu Krone zu fahren. Über einen Internet Aufruf von „Geschenke der Hoffnung“ meldete sich ein Student aus Österreich und mehrere Fahrer aus Deutschland. Die erste Etappe war schon mal gesichert.
Am 27. November bekam ich einen Anruf aus Berlin, in dem mir gesagt wurde, dass wohl eine Zugmaschine in Linz stehen würde.
Nach Rücksprache mit der IVECO Niederlassung in Linz wurde dies bestätigt. Karl aus Oberhausen war der Fahrer der vierten Zugmaschine. Ich rief ihn an und gab ihn die Adresse von dem Standort in Linz. Er war froh drüber, denn er konnte bereits am nächsten Tag die Zugmaschine abholen.

Persönlicher Pressetermin im Kindergarten in Fischbach
Mein Sohn an einer Sammelstelle im Saarland

November 2007

Als es wieder mit den Sammelstelle für „Weihnachten im Schuhkarton“ los ging, hatte ich nochmals das Foyer unserer Gemeindehalle für diese Aktion zur Verfügung gestellt bekommen. Mit vielen Helfer:innen konnten wir um die 300 Päckchen für Kinder kontrollieren und sortieren.
Ich war zu jener Zeit in einer christlichen Gemeinde in Idar-Oberstein aktiv und konnte somit die vielen Päckchen dort in den Umkartons lagern.
Durch die örtliche Presse wurde die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ noch mehr bekannt und so kamen nach dem Stichtag immer noch viele Päckchen an. Diese wurden dann kurzfristig im Gemeindehaus in Idar-Oberstein entgegen genommen.

Wieder stellte mir mein Chef den Lkw zur Verfügung und ich fuhr in der vierten Woche vom November 18 Sammelstelle im Hunsrück und Saarland an. Weit über 7.000 Päckchen brachte ich nach Idar-Oberstein in unser Gemeindehaus.

Am 30.November fuhr ich Freitagabends mit dem Nachtzug von Frankfurt nach Wien, um am Samstagmorgen die IVECO Zugmaschine abzuholen. Michael, der Student aus Österreich, kam mich und Holger an den Bahnhof abholen.
Bei der IVECO Niederlassung in Wien wurden uns die Schlüssel für die Zugmaschinen übergeben und wir machten uns gegen Mittag auf dem Weg um die knapp 1.000 Kilometer nach Werlte zu fahren.

Am Montagmorgen wurden die Zugmaschinen gewaschen und die Fabrikneuen Auflieger wurden aufgesattel.
Die ersten Filmaufnahmen wurden gedreht. Die Filmaufnahmen dauerten gute zweieinhalb Stunden, bis es endlich vom Emsland ins Naheland los gehen konnte. Immerhin standen über tausende Päckchen in Umkartons in Idar-Oberstein, welche noch alle verladen werden mussten.
Da wir mit den Lkw auch auf einer Promotion Tour waren, war für Mittwoch, den 5. Dezember, ein Pressetermin auf dem Schlossplatz in Wiesbaden gebucht.
Nach der Vorstellung von Herrn von Mohl, Dr. Ahlers und anderen Projektleiter:innen, konnte ich Herr v. Mohl überzeugen, dass es völliger Unsinn sei, der eine Lkw der bereits im Großraum Leipzig am laden war, extra für ein paar Fotos nach Wiesbaden kommen zu lassen.

Durch die vorab gemeldeten Informationen über die Anzahl der Umkartons in den Sammelstellen, konnten wir die vier Sattelzüge sehr gut planen. Mein Lkw wurde am Dienstag in Idar-Oberstein fast zu dreiviertel der Ladefläche geladen.
Der Sattelzug von Michael war zu diesem Zeitpunkt noch leer.

Am Mittwoch Früh fuhren Michael und ich mit den beiden Sattelzügen nach Wiesbaden. Bei Wiesbaden hatten wir eine Sammelstelle an einem christlichen Gemeindehaus angefahren. Im Vorfeld teilte ich dem Verantwortlichen jener Gemeinde mit, wann wir zum laden eintreffen würden, Wie immer im Leben, können manchen die Uhrzeit nicht koordinieren. So fingen wir mit drei Mann um 7.30 Uhr an zu laden. Da man in der Gemeinde die Umkartons schön in einer Garage hinter dem Gebäude gelagert hatte und diese mit einem 15 Meter langen Sattelzug unmöglich zu erreichen war, trugen oder fuhren wir auf einem Küchenbeistellwägelchen die Kartons zum Sattelauflieger.
Eine Stunde später kamen dann endlich noch ein paar Helfer. Zwei Männer hatten zum Glück Sackkarren dabei.

Pressetermin und Startschuss auf dem Weihnachtsmarkt in Wiesbaden

Die Pressesprecherin von „Geschenke der Hoffnung“ rief mich an und fragte wo ich sei, man hätte ja gleich einen Termin mit dem Bürgermeister der Stadt und der Presse. Ich erzählte ihr die Komplikationen an jener Ladestelle und das wir uns beeilen würden. „Gib mal bitte die Adresse, wo wir hinkommen sollen.“ Als Brigitte mir die Adresse für den Pressetermin mitteilte, wusste ich, dass sie keine Ahnung hat, was 15 Meter in der Länge, 4 Meter in der Höhe und 2,5 Meter in der Breite sind. Wir sollten auf einen Platz fahren auf dem Weihnachtsmarkt stattfand – dies mit drei Sattelzüge!

Einer der drei Satteltüge, den Karl fuhr, und bereits in Baden-Württemberg geladen wurde, wartete an einem Treffpunkt in Wiesbaden-Norderstadt, dem ich zuvor Karl mitgeteilt hatte.
Michael und ich fuhren mit unseren zwei Sattelzüge zu dem vereinbarten Treffpunkt. Ich rief Brigitte an und fragte, ob sie wirklich die drei Sattelzüge an der gewünschten Adresse haben möchte.
Auf ihren Wunsch fuhren wir auf den Wiesbadener Weihnachtsmarkt – also zumindest in diese Richtung. In der Innenstadt von Wiesbaden mit drei Sattelzüge aufzuschlagen brachte ein mittelgroßes Verkehrschaos mit sich. Busse, Taxen und sonstige Autos und Transporter waren schon ein Problem. Als in der Innenstadt von Wiesbaden der Verkehr gänzlich zum erliegen kam, entschied man sich, den Pressetermin am Rande des Weihnachtsmarktes abzuhalten. Immerhin war dort das Chaos mit einigen Taxen und zwei Busslinien in einem überschaubaren Rahmen.

Auf nach Gütersloh

Michael und ich machten uns mit den Sattelzüge auf dem Weg nach Gütersloh zu Bertelsmann. Bei Gießen und Kassel hatten wir noch zwei Ladestellen. Diese Sammelstellen waren recht gut organisiert und so konnten wir auch zügig weiterkommen.

Am Donnerstagmorgen war der nächste Pressetermin bei Bertelsmann. Diesmal nur mit zwei Lkw, denn der andere war schon auf dem Weg nach Berlin in die Zentrale von „Geschenke der Hoffnung“.

Ich weiß, dass die Bertelsmann Stiftung sich für Humanität einsetzt und so konnte ich nach der offiziellen Pressekonferenz mit Dr. Mohn über das AIDS Waisenhaus in Thailand sprechen. Dr. Mohn hörte mir aufmerksam zu und sicherte einen erheblichen Geldbetrag zu, welche über die Projekte von „Geschenke der Hoffnung“ abgewickelt werden würde.

Nach der Pressekonferenz fuhren Michael und ich nach Leipzig zu der Sammelstelle von Holger, wo die restlichen Umkartons in meinen Auflieger kamen.

Am Freitag Vormittag erreichen wir Berlin. In der Zentrale wurde der bisherige Verlauf der Promotion Tour diskutiert und der Anschließende eigentliche Hilfstransport besprochen. Am Montag war die nächste Pressekonferenz in Poznań, Polen. Dann in Košice, Slowakei. Sibiu, Rumänien und Sofia, Bulgarien.

Ich hätte eigentlich nach Sofia fahren sollen. Da Michael sich zutraute diesen Weg alleine zu fahren, ließ ich ihn gerne den Vortritt. Also war meine Entladestelle Sibiu in Rumänien.
Da ich auf und in meinem Lkw noch etwas Platz hatte, schaute ich mich im Zentrsllager von „Geschenke der Hoffnung“ um und packte alles, was ich irgendwie gebrauchen konnte in den Lkw: Fußbälle, Schulranzen, Stifte, Spielsachen, Stofftiere, Schokolade (welche nicht verschickt werden durfte), stopfte ich in jede noch so kleine Ablage oder Staukiste am Auflieger und Zugmaschine.

Auf nach Osteuropa

Am 9. Dezember um 22 Uhr fuhren wir mit vier Lkw in Berlin los. Das erste Ziel was Poznań. Dort gab es eine Pressekonferenz bei der Krone Niederlassung und anschließend wurden Filmaufnahmen für die Reportage gedreht. Danach ging es am späten Nachmittag weiter in die Slowakei. Einer der vier Lkw, den Lukas Kasprowicz
ein Mitarbeiter von „Geschenke der Hoffnung“ fuhr, wurde in Łòdź abgeladen. Wir drei, Holger, Michael und ich, machten uns auf den Weg in die Slowakei.

Am Dienstag, den 11. Dezember, erreichten wir Košice. Dort war die Abladestelle für den dritten Lkw, den Holger Micklizer fuhr. In und um Košice wurden noch Filmaufnahmen mit den drei Sattelzüge gemacht.

Sibiu, Rumänien

Am 13. Dezember kamen Michael und ich am späten Nachmittag in Sibiu an. Der Parkplatz am Continental Hotel in Sibiu erwies sich für zwei Sattelzüge etwas klein. Naja, es ist auch nicht alltäglich, dass man mit einem Sattelzug in einem 5 Stern Hotel verfährt. Mit etwas rangieren von einigen Pkw der gehobenen Klasse, passten die beiden Sattelzüge vor das Hotel.


Brigitte, die Pressesprecherin von „Geschenke der Hoffnung“, schaffte es nach dem Frühstück, im den deutschstämmigen Bürgermeister von Sibiu, Klaus Johannis, in Kontakt zu kommen. Da auch er für die Reportage ins Bild gesetzt werden sollte, sollten die Sattelzüge vor das Rathaus von Sibiu. Die Adresse jenes Gebäude ist dummerweise auf dem Marktplatz, wo auch ein Weihnachtsmarkt stattfand.

Nach dem Frühstück standen wieder Filmaufnahmen an. Mit unseren zwei Sattelzüge ging es um und durch die sehr schöne Altstadt von Sibiu. Gegen 10 Uhr war der offiziellen Pressetermin mit Herr Johannis. Also mussten nun irgendwie zwischen Straßenbahn, Tannenbäume und Holzbuden die Lkw noch irgendwie auf den Marktplatz. Lediglich zwei größere geschmückte Tannenbäume standen etwas im Weg. Bei einem vorhandenen Platz von wenigen Millimeter fuhr ich die beiden Sattelzüge an den Glaskugeln vorbei. Es musste fürs Fernsehen ja spektakulär aussehen. Spektakulär war definitiv das Wenden der beiden Sattelzüge auf dem Marktplatz. Was tut man aber njcht alles fürs Fernsehen.

Abladen bei AMEC

Gegen Mittag erreicht ich meine Abladestelle bei der AMEC Kirche im Westen von Sibiu. Auch dort wurde wieder gefilmt, als ich einen 2,50 Meter breiten Lkw durch ein 2,60 Meter breites Tor rückwärts fuhr.

Herr Johannis kam im Gefolge von Brigitte an die Abladestelle und bedankte sich bei mir für die Sprichwörtliche Millimeterarbeit auf dem Marktplatz. Mit ihm hatte ich noch ein sehr angenehmes Gespräch.

Da meine Ladung an Weihnachtspäckchen in Sibiu komplett abgeladen wurde und ich durch das selbstständige Laden in Idar-Oberstein und den PLZ Nummern auf den Umkartons wusste, wann meine Umkartons aus der Sammelstelle kamen, suchte ich nach meinen beiden Weihnachtspäckchen. Leider fand ich bei dieser großen Anzahl an Päckchen meins nicht. Das von meiner Mutter fand ich. So konnte ich dieses Weihnachtspäckchen selbst einem Kind überreichen.

Geschichte bei Glühwein

Da nun meine Tour zu Ende war und ich nicht sofort nach Hause fahren wollte, traf ich im Büro der AMEC eine junge Frau, die mich zu ihren Freunden, Olimpia und Lica einlud. Ein Zimmer für die Nacht wurde mir im Haus von AMEC bereitgestellt. Mit Lenush, Lica und Olimpia traf ich mich am Freitagabend in der sehr schöne Altstadt von Sibiu, welche ich mit einem Sattelzug bereits am Vormittag schon erkunden konnte. Die kleine Stadtführung mit ihnen war sehr interessant.
Auf dem sehr schön geschmückten Marktplatz, welcher am Abend erst richtig zur Geltung kam, kaufte ich mir eine Handgefertigte Wollmütze, denn es war doch sehr kalt. Der Standbetreiber erkannte mich, denn ich musste Stunden zuvor bis auf wenige Zentimeter mit der Zugmaschinen an seine Bude heran fahren, um überhaupt auf dem Marktplatz drehen zu können.
Lenush erklärte dem netten Herrn, wofür dieser Aufwand war und warum ich in Rumänien sei. Darauf schenkte er mir ein Paar Handschuhe aus Schurwolle.

Mit Glühwein in der Hand stand ich auf diesem wunderschönen Marktplatz, welcher bereits im 12. Jahrhundert errichtet wurde, und lies die Geschichte vom Mongolensturm, im Jahr 1214, über die Belagerung der Türken, ab 1438, bis zum politischen Ping-Pong zwischen Ungarn, Österreich und auch Deutschland, auf mich wirken.
Sibiu, oder auch als Hermannstadt bekannt, hat eine sehr interessante Geschichte und hat mit seiner Festungsähnlicher Altstadt einen Flair, bei dem man sich in die Zeit zurück versetzt kann
Als es immer kälter wurde, lud ich Lenush, Lica und Olimpia zum Essen ein. In einem wunderschönen Burgkeller nahe des Rathauses genoss ich die bürgerliche Küche aus Siebenbürgen.

Am Samstag Früh holte mich Lenush in meiner Herberge bei AMEC ab und wir fuhren zu einem Haus, wo sich um Kinder gekümmert wurde, welche noch eine Stufe unterhalb der sowieso weitverbreitete Armut lebten. Die Familie lies es sich nicht nehmen, dass ich ein Frühstück bei ihnen ausschlug. So frühstückten wir gemeinsam in einer schäbigen Küche in der ein Holzofen für Wärme sorgte.
Auf der Eckbank stand ein Karton, welcher ein Weihnachtsgeschenk vom vergangenen Jahr für die Tocher war. Da ich das Geschenk von meiner Mutter gefunden hatte, und ihr Geschenk in die Altersgruppen vom dem Jungen der Familie passte, schenkte ich ihm diesen Karton.

Nach dem Frühstück ging Lenush mit mir durch den Ort. Wir informierten die Kinder, dass es heute Nachmittag Weihnachtsgeschenk geben würde. Ich hatte alles, was ich in Berlin gesammelt hatte, aus dem Lkw und Auflieger geholt und in Lenush ihren alten VW Golf eingeladen. Mitunter kann auch aus einem Golf ein Kombi werden.

Um bei der Geschenkeübergabe kein Chaos anzurichten, packen wir den Berg an Schokolade, Fussbälle, Stofftiere und Schulmaterial in Tüten ein. Lenush wusste wieviel Kinder es sein weden und auch deren Alter.

Am Abend fuhren wir zu Claudiu und Elena Macovei zum Essen. Claudiu war junger Pfarrer und war für die Verteilung der Geschenke in seiner Gemeinde verantwortlich. Beide konnten sehr gut deutsch, denn sie waren auf dem Deutschen Gymnasium im Sibiu gewesen.

Die Vermieter von Lenush wollten mich unbedingt kennenlernen und dass ich auch in ihrem Haus schlafen sollte. Also zurück zur AMEC und meine Tasche holen. Die beiden älteren Herrschaften, Johanna und Gustav Radou, erzählen mir von der Flucht im Krieg aus Rumänien nach Deutschland. Sie lebten lange in München und erlebten viele Anfeindungen. Mitte der 70er Jahren zogen sie wieder zurück in ihre Heimat zurück.

Nach einer kurzen Nacht, mit emotionalen Gespräche und Eindrücke, sollte ich an einem Gottesdienst in dem etwa 20 Kilometer entfernten Slimnic teilnehmen.
Der Pfarrer jener Gemeinde war der ältestes Sohn von Johanna und Gustav.

Im Gottesdienst in Slimnic

Erstaunt stelle ich fest, wieviele Leute in Siebenbürgen deutsch sprachen. Da aber nicht alle Gottesdienstbesucher:innen deutsch konnten, wurde ich auf rumänisch vorgestellt.
Nach dem Gottesdienst luden mich die Radou’s zum Mittagessen in ihr kleines Haus ein. Auch wenn die Bewegungen für die Zubereitung und kochen für das Mittagessen Johanna schwerfielen, ließ sie sich nicht davon abhalten. Ich schälte derweil die Kartoffeln.

Am Nachmittag machte ich mich schweren Herzens auf den Heimweg. Ich hatte noch 1.600 Kilometer vor mir. Da der Transport als Hilfstransport deklariert war, konnte ich trotz Sonntagsfahrverbot mit dem Lkw fahren.

Am 18. Dezember fuhr ich um kurz nach 10 Uhr am Ortsschild meines Heimatorts an der Nahe vorbei. Eine Tour von 7770 Kilometer war vorerst zu Ende.
Am 19. Dezember nahm ich meinen Sohn auf den letzen 900 Kilometer mit. Der Auflieger musste zurück ins Krone Werk nach Werlte. Am späten Abend des gleichen Tages kam ich wieder zu Hause an. Nach Weihnachten fuhr ich die IVECO Zugmaschine zurück nach Wien.

Naike Juchem, 4. November 2022

Wassermangel infolge der Klimaveränderung

Wassermangel infolge der Klimaveränderung
Die weltweite Situation ist alarmierend

„Der nächste Krieg im Nahen Osten wird ums Wasser geführt“, prophezeite bereits 1985 der damalige UN-Generalsekretär  Boutros Ghali

Es werden noch keine Panzer zum Schutz oder Verteidigung von Brunnen aufgefahren, aber internationale Konflikte um Wasser gibt es schon lange. So ringen Indien und Pakistan  am Indus um Wasserrechte. Irak und Türkei streiten um das Wasser von Tigris und Euphrat. Auch Ägypten und Äthiopien streiten im Becken des Blauen Nils um Wasser.

In 17 Ländern der ist jetzt schon ein Wassermangel festzustellen. Darunter sind die arabischen Golfstaaten, Israel, Jordanien, der Libanon, Libyen, Botswana und Eritrea. Aber auch der kleine Mittelmeerstaat San Marino, Turkmenistan sowie Indien und Pakistan und Afghanistan gehören dazu.
Auch in Europa sind in Italien, Portugal, Spanien und Griechenland die Folgen spürbar. Auch in einige Balkanstaaten und erstaunlicherweise in Belgien sehen Forscher des World Resources Institute der Entwicklung an Wassermangel mit Sorge.

Der Rhein bei Koblenz im August 2022

Nachfolgend 10 Punkt die die Auswirkungen der Klimaveränderungen deutlich zeigen.

1. Die Wasserkrise geschieht jetzt!

2,2 Milliarden Menschen weltweit haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. Eine unfassbare Zahl. Rund 785 Millionen Menschen haben noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser. Betroffen sind vor allem Menschen oder Familien in den ärmeren Regionen der Welt – und dort vor allem in den ländlichen Gebieten.

Dabei sind mehr als zwei Drittel der Erde von Wasser bedeckt, allerdings sind nur weniger als drei Prozent davon trinkbar. Und dieses Trinkwasser ist zudem sehr ungleich verteilt. Besonders in Afrika, Lateinamerika und Asien herrscht vielerorts dramatische Wasserknappheit. Schätzungsweise 3,6 Milliarden Menschen leben heute in Gebieten, die mindestens einen Monat pro Jahr extrem wasserarm sind. Laut einer aktuellen Untersuchung von UNICEF leben weltweit mehr als 1,42 Milliarden Menschen in Gebieten mit insgesamt hoher oder extrem hoher Wasserunsicherheit, darunter 450 Millionen Kinder.

Eine Besserung ist momentan nicht in Sicht. Der UN-Weltwasserbericht aus dem Jahr 2019 plädierte für „grüne“ Lösungen – etwa natürliche Wasserkreisläufe, die für die Wasserversorgung genutzt werden sollten. Wann findet ein echtes Umdenken statt?

2. Wasser muss nicht nur sauber, es muss „sicher“ sein.

Bei UNICEF wird von „sicherem“ Wasser gesprochen, wenn es für die Menschen in der Nähe ihres Zuhauses zugänglich, bei Bedarf verfügbar und natürlich frei von Verunreinigungen ist.

Nur dann können sich Familien darauf verlassen, dass ihre Gesundheit nicht gefährdet ist. Was nützt es, wenn es zwar Wasser in der Nähe gibt, es aber aus einem verschmutzten Fluss kommt und voller Krankheitserreger steckt?

So ist die Situation etwa für Baraka aus dem Südsudan. Mit seiner Mutter und seinen Geschwistern lebt der Fünfjährige am Stadtrand der Hauptstadt Juba. Im Bürgerkrieg wurden Wasserstellen und Brunnen gezielt beschädigt und zerstört. Die einzige Alternative für die Familie: Wasser aus einem nahegelegenen Fluss holen. Verschmutztes Wasser, das mit Keimen und Bakterien verunreinigt sein und zu Krankheiten führen kann.

3. Ohne Wasser und Hygiene verbreiten sich Krankheiten besonders schnell.

Spätestens seit Auftreten des Coronavirus sind auch wir hier noch stärker dafür sensibilisiert, dass Hygiene äußerst wichtig ist für die Vermeidung von Krankheiten. Speziell in den ärmeren Regionen der Erde ist verschmutztes Wasser aus Flüssen ein Problem – ein weiteres ist mangelnde Hygiene. Rund zwei Milliarden Menschen nutzen keine sicheren Sanitäranlagen. Dazu gehört etwa eine Toilette, die dafür sorgt, dass Menschen nicht in Kontakt mit den Ausscheidungen kommen, und ein System, das die Ausscheidungen sicher entsorgt.

Krankheiten können sich so schnell ausbreiten – eine tödliche Gefahr für kleine Kinder. Auch hier ist der Südsudan ein mahnendes Beispiel: Ein Cholera-Ausbruch hatte dort seit dem Sommer 2016 über 400 Todesopfer gefordert.

In der Regenzeit drohen weitere Ausbrüche: Überflutungen verschmutzen die Wasserquellen, viele sanitäre Anlagen sind in schlechtem Zustand – oder gar nicht erst vorhanden. 

4. „Open defecation“ ist weiter verbreitet, als man denkt.

Hierzulande praktisch undenkbar, in vielen Regionen der Welt Alltag: Rund 673 Millionen Menschen praktizieren den Stuhlgang im Freien. Sie verfügen also noch nicht einmal über eine einfache Toilette, sondern verrichten ihre Notdurft am Straßenrand, auf Feldern oder im Gebüsch.

Wie kann man das ändern? Unter anderem durch Aufklärung: UNICEF kümmert sich beispielsweise in ländlichen Dorfgemeinschaften nicht nur um Ausbau und Wartung der Wassersysteme oder den Bau von Latrinen, sondern schult auch so genannte „Wasserkomitees“.

Die Mitglieder der Komitees informieren andere Dorfbewohner dann beispielsweise über einfache Hygienepraktiken oder die Gefahr von Krankheiten. Oder sie überprüfen die Qualität des vorhandenen Trinkwassers.

5. Wie immer: Die Kinder sind am meisten gefährdet.

Noch immer gehören der Mangel an sauberem Wasser und Hygiene zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern unter fünf Jahren. Jeden Tag sterben mehr als 700 Kinder an vermeidbaren Krankheiten wie etwa Durchfall, die durch verunreinigtes Wasser oder mangelnde Hygiene hervorgerufen wurden.

Dabei ist Hygiene einer der einfachsten und kostengünstigsten Wege, um lebensgefährliche Krankheiten zu verhindern. Die Kinder auf den Philippinen haben nach dem großen Taifun 2013 gelernt, beim Händewaschen mit Seife zweimal „Happy Birthday“ zu singen – das ist genau die richtige Zeit, um gefährliche Krankheitserreger zu beseitigen. Ein wichtiger Hinweis, denn in einigen der ärmsten Regionen der Erde ist Händewaschen nicht selbstverständlich.

Das gründliche Händewaschen mit Seife ist, wenn es richtig gemacht wird, auch im Kampf gegen das Coronavirus ein wichtiger Faktor – das haben wir im vergangenen Jahr immer wieder gehört. Das Problem: Milliarden von Menschen weltweit haben keinen ständigen, einfachen Zugang zu einem Ort, an dem sie sich die Hände waschen können.

6. Unzählige Babys werden unter unhygienischen Bedingungen geboren.

Laut UN verfügte 2019 jedes vierte Krankenhaus weltweit nicht über fließendes Wasser und Seife zum Händewaschen. 21% hatten keine einfachen Toiletten. Unter solchen Umständen sind sichere Geburten kaum möglich. Und Hygiene ist rund um die Geburt lebenswichtig. Wird beispielsweise die Nabelschnur mit einem nicht sterilen Gegenstand durchtrennt, kann das Baby Gefahr laufen, sich mit einer lebensbedrohlichen Krankheit wie Tetanus zu infizieren.

In Notsituationen ist die Lage besonders dramatisch: Als zum Beispiel 2015 zwei schwere Erdbeben Nepal erschütterten, wurden unter anderem viele Krankenhäuser und Geburtszentren zerstört – in einigen Regionen sogar rund 70 Prozent der Geburtszentren. UNICEF richtete Gesundheitsstationen und Notunterkünfte ein, wo Mütter ihre Babys sicher und unter hygienischen Bedingungen auf die Welt bringen konnten.

7. Wassermangel verhindert Schulbildung.

Wenn Kinder täglich lange Wege gehen müssen, um Wasser für die Familie zu holen, verpassen sie oft die Chance, zur Schule zu gehen. Gerade für Kinder ist dies wertvolle Zeit, in der sie nicht Kind sein und nicht lernen können. So ergeht es zum Beispiel Aysha aus Äthiopien. Dies ist ein Tag in ihrem Leben.

Hinzu kommt: Wenn Schulen kein sicheres Trinkwasser und keine Toiletten haben, können Kinder nicht in einer angemessenen Umgebung lernen. Und Mädchen bleiben während ihrer Menstruation häufig lieber zu Hause.

2019 hatten nur etwa 69% der Schulen weltweit grundlegenden Zugang zu Trinkwasser, und nur 66% hatten sanitäre Anlagen. Rund 900 Millionen Kinder haben an ihrer Schule keinen Zugang zu Hygiene. Besonders betroffen sind die afrikanischen Länder südlich der Sahara.

8. Der Klimawandel macht es noch schlimmer.

Das sich verändernde Klima wirkt sich unter anderem auf Niederschläge aus: Intensität, Dauer und Verteilung über die Jahreszeiten hinweg verändern sich. Dies wiederum beeinflusst die Menge und Qualität des Trinkwassers. Der Klimawandel verschärft insgesamt die Wasserknappheit und kann die Konkurrenz um die begrenzten Wasserressourcen noch verstärken. Zahlreiche Menschen werden in Zukunft gezwungen sein, in andere Gebiete zu ziehen.

Extreme Wetterereignisse können zudem Wassersysteme und Infrastruktur beschädigen, die insbesondere Kinder für ihr Überleben und ihre Entwicklung benötigen, wie z.B. sanitäre Einrichtungen und Wasserleitungen in Schulen und Gesundheitseinrichtungen.

Das globale Wetterphänomen El Niño hat uns in den vergangenen Jahren vorgeführt, welche Auswirkungen der Klimawandel haben kann. Insbesondere die Länder des östlichen und südlichen Afrika wurden mit voller Wucht getroffen: Extreme Trockenheit und Dürre wechselten sich mit sintflutartigen Regenfällen ab.

Wohin führen uns die düsteren Prognosen des Klimawandels? Bereits jetzt leben rund 500 Millionen Kinder in Gebieten, die aufgrund extremer Wetterereignisse wie Zyklone, Hurrikane und Stürme sowie des steigenden Meeresspiegels einem extrem hohen Überschwemmungsrisiko ausgesetzt sind. 450 Millionen Kinder leben in Gebieten mit hoher oder extrem hoher Wasserunsicherheit. Bis 2040 wird fast jedes vierte Kind auf der Welt in einem Gebiet leben, das von extremer Trockenheit betroffen ist – wenn wir nicht bald handeln.

9. In Konflikten und Krisen haben Kinder doppelt so häufig keinen Zugang zu Wasser.

Weltweit benötigen Millionen Menschen in Notsituationen dringend sauberes Wasser. Ein besonders eindringliches Beispiel ist der Bürgerkrieg in Syrien, der mittlerweile seit 10 Jahren andauert. Die Kämpfe haben dort tiefe Spuren hinterlassen: Die Wasserversorgung ist in vielen Orten immer wieder zusammengebrochen, Millionen Menschen waren in den vergangenen Jahren betroffen.

UNICEF bekämpft den Wassermangel in Syrien mit Notlieferungen auf Trucks sowie dem Bau und der Reparatur von Brunnen und Infrastruktur. Tagtäglich versorgen unsere Kollegen die Kinder in den zerstörten Städten und Flüchtlingsunterkünften mit sauberem Wasser. Ein besonderes Anliegen ist der Wiederaufbau der dauerhaften Wasserversorgung von Schulen.

10. Wir müssen mehr tun!

Die Zahlen und Fakten machen deutlich: Die Welt ist noch nicht auf dem richtigen Weg, um das sechste der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen: „Wasser und Sanitärversorgung für alle“.

UNICEF arbeitet bereits auf höchster politischer Ebene und fordert Regierungen dazu auf, ihre Verpflichtungen zur Verbesserung des Zugangs zu Wasser und Hygiene einzuhalten und daran zu arbeiten, die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen. Außerdem sollte die Zusammenarbeit von Regierungen und nationalen Statistikämtern gestärkt werden, um die Erhebung, Analyse und Verbreitung von Daten zu verbessern.

Vor dem Hintergrund der globalen Wasserkrise hat UNICEF die Initiative „Water Security for All“ gestartet, um langfristig zu erreichen, dass jedes Kind Zugang zu einer nachhaltigen und klimaresistenten Wasserversorgung hat. Die Initiative soll Ressourcen, Partnerschaften und Innovationen bündeln und Unterstützung für die „Hotspots“ mobilisieren, in denen Investitionen in die Wasser- und Sanitärversorgung sowie Hygiene am dringendsten sind. 

Technische Entwicklungen und Innovationen könnten weiterhelfen, wie dieses Beispiel aus Malawi zeigt: In einem Dorf nahe der Stadt Blantyre hat UNICEF eine solarbetriebene Pumpe installiert, die der Gemeinde hilft, sich auf zukünftige Notsituationen vorzubereiten.

Die Solarpumpe reicht tiefer in den Boden als eine Handpumpe. Das bedeutet, dass die Menschen auch während einer Dürre, wenn der Grundwasserspiegel sinkt, Zugang zu Wasser haben. Zudem ist die Pumpe wartungsarm, und Solarstrom ist billiger, umweltfreundlicher und nachhaltiger als teure Dieselgeneratoren.

Quellen:
– UNICEF Report  Save the Water  
World Resources Institute

Es ist Zeit zum Handeln

Foto: 500xp

Was hat der Klimawandel mit dem Hunger in der Welt zu tun?

Ein Bericht von Naike Juchem


In den letzten Jahren haben die Ereignisse und Katastrophen im Zusammenhang mit der Klimakrise die Bevölkerung in bereits gefährdeten Länder in West- und Zentralafrika, sowie in Zentralasien und Südostasien in immer prekärere Situationen gedrängt und die Ernährungssicherheit der Menschen gefährdet. Die Klimakrise ist einer der Hauptfaktoren für die Zunahme des Hungers in der Welt. Laut dem jüngsten
Weltbank Bericht könnte der Klimawandel bis 2030 die Zahl der in Armut lebenden Menschen auf weitere 122 Millionen erhöhen.

Wenn sich nichts ändert, ist die kollektive Fähigkeit, diese Menschen in Zukunft zu ernähren bedroht.

Der gesamte Planet hat mit steigenden Temperaturen, jahreszeitlichen Veränderungen der Niederschläge, längeren Dürreperioden und zunehmender Häufigkeit von Naturkatastrophen zu kämpfen.

Diese Ereignisse können physische und wirtschaftliche Zugangsschwierigkeiten zu den Produktionsmitteln und Wassermangel (für Pflanzen und Vieh) verursachen, haben aber auch Auswirkungen auf den anbau von Nahrungsmittel in ausreichender Menge und Qualität zu produzieren. Dadurch werden Kultivierungszeiten verkürzt und unterliegen einer zunehmenden Unberechenbarkeit und Bodensterilisation. Schätzungsweise 3,6 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt leben mindestens einen Monat im Jahr in Gebieten, in denen Wasser eine potenziell knappe Ressource ist.

Die Unterbrechung der Anbauzyklen hat dann direkte und negative Auswirkungen auf die Essbarkeit: Abnahme des Nährstoffgehalts von Lebensmitteln, Abnahme der Erträge und des Einkommens und Abnahme des pro Kopf verfügbaren Obst- und Gemüseangebots.