Dieses Lied ist eine Hymne, die italienische Partisanen während des Zweiten Weltkriegs im Kampf gegen den Faschismus gesungen haben. Nun taucht dieses Lied erneut auf. Und es soll – oder muss eine Hymne für die Menschenrechte aller unterdrückten Frauen auf der ganzen Welt und ganz besonders im Iran werden.
So tragisch der Tod von Mahsa Amini auch ist, vielleicht schafft sie es zu einer Kultfigur im Kampf für die Freiheit von Millionen Frauen zu werden.
Ich habe den Text von Bella ciao teilweise aus dem italienischen übersetzt.
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao Eines Morgens stand ich auf Und fand den Eindringling
O partigiano portami via O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao O partigiano portami via Che mi sento di morir, ir, ir-
O Partisan, nimm mich mit Oh, wunderschönes Bye-Bye, wunderschönes Bye-Bye, wunderschönes Bye-Bye O Partisan, nimm mich mit Dass ich Lust habe zu sterben,
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao Una mattina mi sono alzato E ho trovato l’invasor
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao Und wenn ich als Partisan sterbe Du musst mich begraben Und begrabt mich dort oben in den Bergen O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao Und begrabt mich dort oben in den Bergen Im Schatten einer schönen Blume, Blume
Um es gleich vorweg zu nehmen, ich verurteile KEINE Religion, denn auch Frauenrechte waren in der christlichen Gesellschaft und westlichen Ländern auch lange nicht da, wo sie heute sind. Nur, leben wir im 21. Jahrhundert und man könnte sich schon mal so langsam von einem überalterten Weltbild befreien.
Photo by Iran Journal from the Facebook Page „Ex-Muslims of North America
In den islamischen Ländern beinhaltet das Familienrecht heute zahlreiche die Frauen diskriminierende Bestimmungen, da das Familienrecht auf einem hierarchischen Rollenverständnis von Mann und Frau basiert. Zwar wurden in den letzten Jahren in diversen muslimischen Ländern verschiedene Reformversuche unternommen. Doch diese wurden von konservativen Kräften oft als Angriff auf das islamische Recht und seine Werte zurückgewiesen, und so bleibt das Familienrecht bis heute Gegenstand kontroverser Debatten um kulturelle, rechtliche und religiöse Identität. Die Islamisierung in Afghanistan, Irak, Iran, Syrien oder Türkei, um nur einige der Länder zu nennen, erschwert eine Reform des Familienrechts und somit auch die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zusätzlich.
Photo by Iran Journal from the Facebook Page „Ex-Muslims of North America
Familienrecht in islamischen Ländern
Die Ehe im Islam ist ein Vertrag zwischen Mann und Frau. Dieses Verständnis gilt eigentlich auf der ganzen Welt als Ehe; und eine Einwilligung von beiden Seiten ist grundsätzlich erforderlich. Die Heiratsfähigkeit wird im klassisch-islamischen Recht mit der Pubertät erreicht. Allerdings gibt es verschiedene Ansichten darüber, wann dieses Alter erreicht ist. Das positive Recht kann ein höheres Alter vorsehen. Die Altersschranken vor allem für Mädchen bleiben in vielen islamischen Staaten jedoch tief und geht mitunter auf ein Alter von 10 Jahren der Mädchen aus. Auch wenn das positive Recht ein höheres Heiratsalter vorsieht, bleibt eine Ehe, die bereits zuvor nach islamischem Recht geschlossen wurde, oftmals gültig. Somit bleiben Kinderehen weiterhin möglich. Arrangierte Ehen sind in den Städten und gut florierenden Provinzen der Länder in dem der Islamische Glaube vorherrschend ist, seltener geworden, in ländlichen Gebieten jedoch immer noch oft praktiziert. In Artikel 16 Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht: Die Ehe darf nur auf Grund der freien und vollen Willenserklärung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden. Zwangsverheiratung ist und bleibt eine Form von Gewalt im Namen der Ehe. Um es gleich vorweg zu nehmen, Zwangsehen gibt es NICHT nur in de Islamischen Welt. Darauf habe ich in anderen Text auch schon öfter hingewiesen.
Das Familienrecht in islamischen Ländern stützt sich grundsätzlich auf drei Rechtsquellen; das positive Recht, das klassisch-islamische Recht und das Gewohnheitsrecht. Ähnlich anderen Rechtsbereichen wie das Strafrecht wurde das Familienrecht zwar in den letzten Jahren als positives Recht kodifiziert, enthält aber inhaltlich so viele Verweise auf das klassisch-islamische Recht wie kein anderer Rechtsbereich. In den islamischen Ländern beinhaltet das Familienrecht noch heute zahlreiche diskriminierende Bestimmungen für Mädchen und Frauen, da das Familienrecht auf einem hierarchischen Rollenverständnis von Mann und Frau basiert.
Masih Alinejad, eine der bekanntesten Kämpferinnen für die Frauenrechte im Iran. Photo from Facebook Page
Polygamie in der Religion
Nächstes ist die Polygamie in der Religion des Islams. Ein Mann hat nach dem Koran das Recht, vier Frauen zu heiraten, wenn er fähig ist, sie gleich zu behandeln. Im Zuge der Reformierungsbemühungen haben Ägypten, im Jahr 2000, und Marokko, 2004, Einschränkungen im Familienrecht eingefügt, die zum Beispiel die Einwilligung der ersten Frau verlangen. Ausserdem muss gerichtlich überprüft werden, ob ein Mann die ökonomischen Voraussetzungen erfüllt, um eine polygame Ehe einzugehen. Fraglich bleibt dabei oftmals, ob bei der Einwilligung der ersten Ehefrau eine tatsächliche Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die Konsequenzen besteht oder bestanden hat. In der Türkei und in Tunesien ist die Polygamie gesetzlich verboten. Die umstrittene und viel diskutierte Sure 4:34 des Korans sieht ein Züchtigungsrecht des Ehemannes vor, das er kraft seiner Autorität gegenüber seiner Ehefrau im Falle von Ungehorssam habe. Dies verstößt schon gegen Menschenrechtsverletzungen in den Artikel 1 bis 5 der AEMR ( Allgemeine Erklärung der Menschenrechte). Entsprechend hat die Ehefrau dem Ehemann gegenüber die Pflicht zum Gehorsam, auch dies verstößt eindeutig gegen Menschenrechte. Die „Pflichten“ beinhaltet die Führung des Haushalts, die Kindererziehung, aber auch das Ersuchen um Erlaubnis, falls sie arbeiten oder reisen möchte. Falls der Ehemann seinen Pflichten zum Unterhalt nicht nachkommt, kann die Frau ihm ihren Gehorsam verweigern. Dies gilt auch umgekehrt: Kommt die Frau ihren Pflichten nicht nach, ist der Ehemann nicht verpflichtet, für ihren Unterhalt zu sorgen. Auch hier finden wir weiter Verstöße gegen Artikel 18, 19, 22 und 23 der AEMR. Artikel 6 der AMER ist auch ein oft kontrover geführter Grundsatz von Menschenrechtskonvention. Je nach Land bestehen für Frauen zudem eine Bekleidungsvorschriften oder gar Vorschriften zur Geschlechtersegregation etwa im Bildungsbereich. Teilweise werden Frauen vom öffentlichen Leben bzw. von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. In Gerichtsverfahren, so etwa bei Zeugenaussagen oder der Bemessung einer Kompensationszahlung, hat eine Frau eine deutlich geringere Position als ein Mann. Oft wiegt ihre Aussage nur halb so viel wie die des Mannes. Weitere Vorbehalte gegenüber der UN-Frauenrechtskonvention ist das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ist von fast allen Staaten weltweit ratifiziert worden. Die meisten islamischen Länder haben jedoch zahlreiche Vorbehalte angebracht bzw. den Vorrang des islamischen Rechts reklamiert, so etwa das Königreich Saudi Arabien wörtlich: «In case of contradiction between any term of the Convention and the norms of islamic law, the Kingdom is not under obligation to observe the contradictory terms of the Convention.» Auch wenn die Zulässigkeit solch genereller Vorbehalte höchst umstritten ist, zeigt sich damit klar der Unwille vieler muslimischen Staaten, den Frauen Rechte einzuräumen, die über das islamische Recht hinausgehen.
Vor der islamischen Revolution von 1979 gab es im Iran keinen staatlich verordneten Kleiderzwang. Photo by Iran Journal
Die Revolution der Frauen
Seit den 1980er Jahren hat sich neben der schon existierenden säkularen feministischen Bewegung in verschiedenen islamischen Ländern eine islamische Frauenrechtsbewegung entwickelt, die versucht, durch Neuinterpretation der religiösen Quellen für eine Gleichstellung von Mann und Frau im Islam zu argumentieren. Eine andere Argumentationsstrategie greift auf ein „goldenes Zeitalter“ im Islam zurück und möchte damit frauenfeindliche Interpretationen und Praktiken als unislamisch darstellen. Dazu gab es erst vom 25. November, der Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember, dem Tag der Internationalen Menschenrechte, in Afghanistan sehr viele Kundgebungen und Veranstaltungen. Die „Orange Days“ fanden 2019 in 70 Länder der Welt statt. Die Hauptthemen der islamischen Feministinnen beziehen sich auf rechtliche Fragen wie die Gleichstellung der Ehepartner, Zwangsehe, Kinderehe, Scheidung bzw. Verstossung, die männliche Vormundschaft einer Frau und das Sorgerecht, sowie auf Kleidervorschriften der Frau Kopftuch Hijab bzw. Gesichtsschleier Niqab. Auf Fragen zur Sexualität der Frau und insbesondere sexuellen Gehorsam, Gewalt gegen Frauen, wie das Züchtigungsrecht oder die Einbindung von Frauen in religiösen Berufen und in der Moschee, Frau als Vorbeterin, etc.
Im Iran ist es Frauen gesetzlich vorgeschrieben, aufgrund des religiösen Glaubens einen Hidschab zu tragen. Trotzdem begannen Frauen damit, sich dem zu widersetzen. Photo by Iran Journal
Der islamische Feminismus stösst wie der säkulare Feminismus in der islamischen Welt zwar manchmal auf Zustimmung, aber auch vielfach auf Ablehnung. Gerade muslimische Traditionalisten und islamische Fundamentalisten lehnen die Neuinterpretation der religiösen Quellen ab. Unter Umständen werden Vorwürfe wie Verwestlichung und Häresie, also eine verdammende Meinung, gegen islamische Feministinnen angeführt.
Naike Juchem, 28 Dezember 2019
Quellen – Prof. Dr. Susanne Schröter – Iran Journal, Women’s rights in Islam – UN- Frauenrechtskonvention CEDAW – Laurel Zwissler, Feminism and Religion: Intersections between Western Activism, Theology and Theory. First published: 16 August 2012 – Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)
Ein Bericht über ein Frauenverachtendes Weltbild einer patriarchalischen Gesellschaft, falsche Auslegungen niedergeschriebener Überlieferungen und die Religionsflucht der Elite.
Shohreh Bayat, Photo:Iran Journal
Für die 32-jährige Iranerin Shohreh Bayat sollte die Schachweltmeisterschaft der Frauen 2020 in Shanghai ihr Karrierehöhepunkt werden, stattdessen wurde es ein Alptraum.
Bayat war bei dieser WM als Hauptschiedsrichterin eingesetzt und machte einen guten Job. Es gibt wenige weibliche Schiedsrichterinnen die auf dem höchstem Niveau in der Welt sind und Shohreh Bayat ist die einzige in Asien überhaupt.
Ein Bild von ihr ging um die Welt, welches Bayat zeigte, auf dem ihr Hijab auf ihren Schultern lag, und nicht wie es die Religionsgelehrten im Iran den Frauen vorschreiben – nämlich das Haar mit einem Hijab zu bedenken.
Afshad, Pixabay, 20. Juli 2016
Einführung zum Koran
Der Koran gilt als das heilige Buch des Islam. Der Koran entstand zu Lebzeiten des Propheten Mohammed (570-632), wurde aber erst nach seinem Tod niedergeschrieben. Zu seinen Lebzeiten soll Mohammed mehrere Offenbarungen erhalten haben, deren Ergebnis der Koran war. Das arabische Wort قرآن (qur’ān) bedeutet wörtlich „Lesen“ oder „Rezitation“.
Der Koran besteht aus 114 Suren (Kapitel), die wiederum in 6226 Ayat (Verse) unterteilt sind. Mit Ausnahme der Sure ‚Reue‘ beginnen alle Suren im Koran mit ‚Bismillah ar-Rahmaan ar-Rahiem‘: „Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Barmherzigen“
Ursprung des Korans
Die meisten Forscher und Theologen gehen davon aus, dass Mohammed Analphabet war. Seine Gefährten lernten die Offenbarungen, die Mohammed vom Engel Gabriel erhalten hatte, auswendig, indem sie sie rezitierten, oder bewahrten sie auf losen Dokumenten auf.
Erst einige Jahrzehnte nach Mohammeds Tod transkribierten seine Gefährten den Koran vollständig und trugen ihn in einem Buch zusammen.
Alles eine Frage der Interpretation
In Sure 2, Vers 256 heißt es: „Es gibt keinen Zwang in der Religion“, was eben bedeutet, dass sich jeder Mensch frei für seine religiöse Überzeugung entscheiden darf. Ebenso kann man einen Menschen nicht zu bestimmten Handlungen zwingen, auch wenn es ihm seine Religion vorschreibt. Man ist letztlich einzig vor Allah/Gott verantwortlich, wenn man durch sein Verhalten nicht die Rechte anderer Personen verletzt. Alleine dieser Vers wird von fast allen islamisch geprägten Staaten missachtet.
Die falsche Auslegung des Koran
In Sure 33, Vers 59 heißt es: Frauen sollten in der Öffentlichkeit „etwas von ihrem Überwurf“ über sich ziehen. Es wird aber nicht geschrieben, welcher Teile des Körpers verdeckt werden soll und ob dies auch die Haare betrifft.
Die Kleiderordnung für muslimische Frauen wird nicht nur aus dem Koran angeleitet, sondern auch aus Überlieferungen des Propheten Mohammed, die sogenannten Hadithe. Anhand derer soll Mohammed gesagt haben, dass von einer Frau nur das Gesicht und Hände zu sehen sein sollten und insbesondere ihrer Haare vor den Blicken fremder Männern verbergen.
Fazit
Der Koran schreibt nichts von einem Hijab vor, es wird nur dahingehend ausgelegt.
Die Überlieferungen wurden genauso, wie auch die Evangelien der Bibel, weit nach dem Tot von Jesus, bzw Mohammed geschrieben. Das sich das Leben und die Welt seit jener Zeit drastisch geändert hat, sollte im 21. Jahrhundert eigentlich jedem bewusst sein.
Flucht vor der „Religion“
Sehr viele kluge Iranerinnen leben als Schriftstellerinnen, Schauspielerinnen, IT Fachfrauen bis hin zu Astronautinnen im Exil. Die Liste dieser Frauen ist unglaublich lang und alle haben eines gemeinsam: die Ablehnung der ausgelebten Religion im Iran. Ich schreibe nicht dem Islam – diesen Unterschied sollte man sich bewusst sein.
Kimia Alizadeh, Photo: Facebook
Kimia Alizadeh Anfang Januar 2020 twitterte die heute 23-jährige Kimia Alizadeh, Olympiasiegerin in Taekwondo von 2016, dass sie in die Niederlande emigrierte sei, weil sie eine der Millionen unterdrückten Frauen im Iran sei und zudem den Sexismus einiger Sportfunktionäre anprangerte.
Seit Frühjahr 2021 ist Kimia in Deutschland unter dem Flüchtlingsstatus und wird in wenigen Tagen für das Flüchtlingsteam aus Deutschland bei den Olympischen Sommerspiele in Tokio antreten.
Anousheh Ansari, Photo: NASA
Anousheh Ansari, sie emigrierte 1982 in die USA und studierte sie Elektrotechnik und Informatik und erhielt 1992 ein Master-Diplom in Elektrotechnik. 2006 war sie als Astronautin für 10 Tage bei der Sojus TMA-9 Mission im Weltall gewesen.
Maryam Mirzakhani, Photo: Twitter
Maryam Mirzakhani, ist seit 2014 Trägerin der Fields-Medaille. Die Fields-Medaille wird alle vier Jahre verliehen und gilt als Nobelpreis der Mathematik. Mirzakhani ist die erste Frau, die diese seit 1936 verliehene international renommierte Auszeichnung erhalten hat. Bereits mit 31 Jahren wurde sie als Professorin an die Universität Stanford berufen.
Naike Juchem, 21. Juli 2021
Quellen: – Iran Journal – Stanford University – Universität Duisburg-Essen – NASA – Spirit of new generation – Prof. em. Dr. Gerald Hawting, Universität London – Professor Paula Schrode, Islamwissenschaftlerin an der Uni Bayreuth – My Stealthy Freedom