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Das Katz und Mausspiel in Nahost

Es ist zwischen Israel und Palästina nicht immer so einfach zu sagen, wer die Katz und Maus ist, den im israelisch-palästinensischen Konflikt wirken mehrere Konfliktdimensionen zusammen und verstärken sich gegenseitig. Dies ist ein wesentlicher Grund, warum er so schwer zu lösen ist. Es gibt kein Gut und Böse – in einem Konflikt oder Krieg sind ALLE Parteien Böse.

Die Nahostexpertin Dr. Muriel Asseburg beschreibt es folgend:
Der Nahostkonflikt hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Am 7. Oktober 2023 hat die radikalislamische Terrorgruppe Hamas vom Gazastreifen aus Israel mit Raketen beschossen. Dabei wurden fast 1.500 Menschen getötet und rund 3.000 verletzt (Stand 19.10.2023). Der Terror der Hamas richtete sich mit Massakern insbesondere und gezielt gegen die israelische Zivilbevölkerung. Zudem verschleppte die Hamas mehr als 200 Menschen als Geiseln. Der Terror der Hamas bedeutet den Beginn eines weiteren Krieges im Nahen Osten. Israel hat als Reaktion auf die Terrorattacke eine massive Militäroperation gegen den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen begonnen. Die Folgen des Terrors der Hamas für Israel, für die palästinensische Zivilbevölkerung, unter der es bereits Tausende Tote gibt, sowie für den Nahen Osten insgesamt sind noch nicht absehbar.

Punkt 1: Territorialkonflikt

Es handelt sich erstens um einen Territorialkonflikt. Von den Konfliktparteien wird Anspruch auf dasselbe Territorium erhoben, nämlich das Gebiet des ehemaligen britischen Mandatsgebiets Palästinas, das heute Israel und die besetzten palästinensischen Gebiete (Westjordanland, Ost-Jerusalem und Gazastreifen*) umfasst. Der Streit über den Verlauf von Grenzen und die entsprechende Gebietshoheit ist dabei von herausgehobener Bedeutung. Verbunden ist er mit einem Konflikt um Ressourcen, also um die Zuteilung und Nutzung von Wasser, fruchtbarem Land, Steinbrüchen und Gasvorkommen im Mittelmeer.

*Im Gazastreifen leben im Gegensatz zum Westjordanland und Ost-Jerusalem keine Israelis, sondern beinahe ausschließlich Palästinenser. Weder der israelische Staat noch das israelische Militär sind in Friedenszeiten im Gazastreifen präsent. (Anmerkung der LpB-Internetredaktion)

Punkt 2: Ethno-nationalistischer Konflikt

Es handelt sich zweitens um einen ethno-nationalistischen Konflikt. Zwei unterschiedliche Bevölkerungsgruppen verfolgen mit dem politischen Zionismus und dem palästinensischen Nationalismus konkurrierende nationale Bestrebungen. Während die Jüdinnen und Juden ihr Anliegen bereits 1948 mit der Ausrufung des Staates Israel verwirklichten, steht die nationale Selbstbestimmung der Palästinenser nach wie vor aus. Denn trotz (wiederholter) Ausrufung eines palästinensischen Staates und seiner Anerkennung durch rund 140 Staaten weltweit mangelt es den Palästinensern an effektiver Kontrolle und anerkannter Souveränität über ein Staatsgebiet.

Kompliziert wird die Situation zusätzlich dadurch, dass der Konflikt sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen Israel und die palästinensischen Gebiete bezieht, sondern in Israel auch eine innenpolitische Komponente hat. Denn dort lebt eine indigene, palästinensische Minderheit, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmacht.

Punkt 3: Religiöse Dimension

Der Konflikt hat zudem, drittens, eine religiöse Dimension: Nicht nur betonen Juden und Palästinenser, dass sie seit Jahrtausenden im Heiligen Land ansässig sind. Die Konfliktparteien untermauern ihre Ansprüche auch religiös, also durch den Verweis auf göttliche Versprechen für ihr Volk.

So nutzt die israelische Rechte die biblischen Begriffe „Judäa und Samaria“ für das Westjordanland, um den jüdischen Anspruch auf das Land zu untermauern. Die palästinensische Hamas beschreibt in ihrer Charta das historische Palästina als „Waqf“, also eine den Muslimen von Gott treuhänderisch anvertraute (und damit unveräußerliche) religiöse Stiftung.

Die religiöse Aufladung hat in den letzten Jahren vor allem in der Konfrontation zwischen Juden und Muslimen zugenommen. Dies zeigt sich immer wieder auch in gewaltsamen Auseinandersetzungen um den Tempelberg / Haram al-Scharif in Jerusalem als wichtiger historischer Stätte des Judentums und drittwichtigster Kultstätte des Islam. Radikale jüdische Siedler:innen streben an, dort den dritten Tempel zu errichten und torpedieren immer wieder den Status quo, der – um den Frieden zu wahren – regelt, dass Vertreter aller Religionen das Plateau betreten, aber nur Muslime dort beten dürfen.

Punkt 4: Regionale Dimension

Viertens hat der Konflikt eine regionale Dimension. Denn er ist eingebettet in den israelisch-arabischen Konflikt. Die arabischen Staaten lehnten die Entstehung des „zionistischen Gebildes“ in Palästina zunächst ab und verwehrten ihm die Anerkennung. Erst 1979 trat ein erstes Friedensabkommen Israels mit Ägypten in Kraft, 1994 dann ein zweites Friedensabkommen mit Jordanien.

Im Zuge des in Oslo 1993 zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) eingeleiteten Friedensprozessesentspannten sich auch Israels Beziehungen zu anderen arabischen Staaten. Sie blieben aber volatil und vom israelisch-palästinensischen Verhältnis abhängig.

2002 legte die Arabische Liga die sogenannte Arabische Friedensinitiative vor: also das Angebot normaler Beziehungen an Israel, wenn Israel die Besatzung beende und einen palästinensischen Staat zulasse.

Mit den von den USA vermittelten Abraham-Abkommen von 2020 gingen vier arabische Staaten noch einen Schritt weiter: Obwohl der israelisch-palästinensische Friedensprozess seit langem stagnierte, einigten sich die Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain, Marokko und Sudan mit Israel auf eine gegenseitige Anerkennung und den Ausbau der Beziehungen. Gleichzeitig gibt es nach wie vor in vielen arabischen und muslimischen Ländern eine hohe Solidarität der Bevölkerung mit den Palästinenser:innen.

Nicht zuletzt ist die Regelung von Konfliktfragen, wie die der Flüchtlinge oder des Umgangs mit Wasserressourcen, nur auf der regionalen Ebene möglich.

Fazit von Naike Juchem

Die Weltgemeinschaft hatte mit der Gründung des Staates Israel einem fatalen Fehler gemacht, der sich bis heute auswirkt – und wohl ewig zu Konflikten führen wird. Man unterstützt seit Jahren Israel in Infrastruktur, Forschung und Wissenschaft, während in Palästina noch nicht einmal überall fließendes Trinkwasser vorhanden ist. Das dies zu einem Hass und Unmut gegen Israel führt, ist eigentlich klar.
Auch ist die massive Siedlungspolitik seitens Israel ein ständiger Konfliktpunkt, welcher noch mehr Wut auf der Seite der Palästinenser hervorbringt.

In diesem Kessel von Ungleichheit kann man als Weltgemeinschaft nicht des einen Freund und des anderen Feind sein. Wenn man endlich den Palästinenser die gleiche Rechten und auch Infrastruktur gibt, könnte es schon mal einen Anfang für Frieden sein.
Der Weltsicherheitsrat muss beide Konfliktparteien an einen Tisch bringen, und gemeinsam nach Lösungen suchen. Wenn man in Palästina eine vernünftige Wirtschaft aufbaut, hätten die Menschen auch eine Perspektive für ihr Leben.
Ferner muss auch der gegenseitige Hass abgebaut werden. Es kann doch nicht sein, wenn man bereits in israelischen Kindergärten sagt, wer der Feind ist.
Die Menschen in Palästina wollen genauso den Frieden wie die Menschen in Israel.
Wenn israelische Soldaten und Polizisten mit Gewalt gegen unbewaffnete palästinensische Kinder vorgeht, ist eine Grenze der Menschenrechte schon weit überschritten.

Naike Juchem, 13. Februar 2024

Quelle: Der Beitrag beruht auf Dr. Muriel Asseburg/Jan Busse: Der Nahostkonflikt. Geschichte, Positionen, Perspektiven, 4. Aufl., München 2021 sowie Muriel Asseburg: Palästina und die Palästinenser. Eine Geschichte von der Nakba bis zur Gegenwart, 2. Aufl., München 2022.

Fotos: Hanita-Carolin Hendelman

Zur Stellung der Frau im Islam

Photo by: My stealthy freedom

Zur Stellung der Frau im Islam ( kleiner Auszug)

Um es gleich vorweg zu nehmen, ich verurteile KEINE Religion, denn auch Frauenrechte waren in der christlichen Gesellschaft und westlichen Ländern auch lange nicht da, wo sie heute sind.
Nur, leben wir im 21. Jahrhundert und man könnte sich schon mal so langsam von einem überalterten Weltbild befreien.

Photo by Iran Journal from the Facebook Page „Ex-Muslims of North America

In den islamischen Ländern beinhaltet das Familienrecht heute zahlreiche die Frauen diskriminierende Bestimmungen, da das Familienrecht auf einem hierarchischen Rollenverständnis von Mann und Frau basiert. Zwar wurden in den letzten Jahren in diversen muslimischen Ländern verschiedene Reformversuche unternommen. Doch diese wurden von konservativen Kräften oft als Angriff auf das islamische Recht und seine Werte zurückgewiesen, und so bleibt das Familienrecht bis heute Gegenstand kontroverser Debatten um kulturelle, rechtliche und religiöse Identität. Die Islamisierung in Afghanistan, Irak, Iran, Syrien oder Türkei, um nur einige der Länder zu nennen, erschwert eine Reform des Familienrechts und somit auch die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zusätzlich.

Photo by Iran Journal from the Facebook Page „Ex-Muslims of North America

Familienrecht in islamischen Ländern

Die Ehe im Islam ist ein Vertrag zwischen Mann und Frau. Dieses Verständnis gilt eigentlich auf der ganzen Welt als Ehe; und eine Einwilligung von beiden Seiten ist grundsätzlich erforderlich.
Die Heiratsfähigkeit wird im klassisch-islamischen Recht mit der Pubertät erreicht. Allerdings gibt es verschiedene Ansichten darüber, wann dieses Alter erreicht ist. Das positive Recht kann ein höheres Alter vorsehen. Die Altersschranken vor allem für Mädchen bleiben in vielen islamischen Staaten jedoch tief und geht mitunter auf ein Alter von 10 Jahren der Mädchen aus. Auch wenn das positive Recht ein höheres Heiratsalter vorsieht, bleibt eine Ehe, die bereits zuvor nach islamischem Recht geschlossen wurde, oftmals gültig. Somit bleiben Kinderehen weiterhin möglich. Arrangierte Ehen sind in den Städten und gut florierenden Provinzen der Länder in dem der Islamische Glaube vorherrschend ist, seltener geworden, in ländlichen Gebieten jedoch immer noch oft praktiziert.
In Artikel 16 Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht: Die Ehe darf nur auf Grund der freien und vollen Willenserklärung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden. Zwangsverheiratung ist und bleibt eine Form von Gewalt im Namen der Ehe.
Um es gleich vorweg zu nehmen, Zwangsehen gibt es NICHT nur in de Islamischen Welt. Darauf habe ich in anderen Text auch schon öfter hingewiesen.

Das Familienrecht in islamischen Ländern stützt sich grundsätzlich auf drei Rechtsquellen; das positive Recht, das klassisch-islamische Recht und das Gewohnheitsrecht. Ähnlich anderen Rechtsbereichen wie das Strafrecht wurde das Familienrecht zwar in den letzten Jahren als positives Recht kodifiziert, enthält aber inhaltlich so viele Verweise auf das klassisch-islamische Recht wie kein anderer Rechtsbereich.
In den islamischen Ländern beinhaltet das Familienrecht noch heute zahlreiche diskriminierende Bestimmungen für Mädchen und Frauen, da das Familienrecht auf einem hierarchischen Rollenverständnis von Mann und Frau basiert.

Masih Alinejad, eine der bekanntesten Kämpferinnen für die Frauenrechte im Iran. Photo from Facebook Page

Polygamie in der Religion

Nächstes ist die Polygamie in der Religion des Islams. Ein Mann hat nach dem Koran das Recht, vier Frauen zu heiraten, wenn er fähig ist, sie gleich zu behandeln. Im Zuge der Reformierungsbemühungen haben Ägypten, im Jahr 2000, und Marokko, 2004, Einschränkungen im Familienrecht eingefügt, die zum Beispiel die Einwilligung der ersten Frau verlangen. Ausserdem muss gerichtlich überprüft werden, ob ein Mann die ökonomischen Voraussetzungen erfüllt, um eine polygame Ehe einzugehen. Fraglich bleibt dabei oftmals, ob bei der Einwilligung der ersten Ehefrau eine tatsächliche Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die Konsequenzen besteht oder bestanden hat. In der Türkei und in Tunesien ist die Polygamie gesetzlich verboten.
Die umstrittene und viel diskutierte Sure 4:34 des Korans sieht ein Züchtigungsrecht des Ehemannes vor, das er kraft seiner Autorität gegenüber seiner Ehefrau im Falle von Ungehorssam habe. Dies verstößt schon gegen Menschenrechtsverletzungen in den Artikel 1 bis 5 der AEMR ( Allgemeine Erklärung der Menschenrechte).
Entsprechend hat die Ehefrau dem Ehemann gegenüber die Pflicht zum Gehorsam, auch dies verstößt eindeutig gegen Menschenrechte.
Die „Pflichten“ beinhaltet die Führung des Haushalts, die Kindererziehung, aber auch das Ersuchen um Erlaubnis, falls sie arbeiten oder reisen möchte. Falls der Ehemann seinen Pflichten zum Unterhalt nicht nachkommt, kann die Frau ihm ihren Gehorsam verweigern. Dies gilt auch umgekehrt: Kommt die Frau ihren Pflichten nicht nach, ist der Ehemann nicht verpflichtet, für ihren Unterhalt zu sorgen. Auch hier finden wir weiter Verstöße gegen Artikel 18, 19, 22 und 23 der AEMR.
Artikel 6 der AMER ist auch ein oft kontrover geführter Grundsatz von Menschenrechtskonvention. Je nach Land bestehen für Frauen zudem eine Bekleidungsvorschriften oder gar Vorschriften zur Geschlechtersegregation etwa im Bildungsbereich. Teilweise werden Frauen vom öffentlichen Leben bzw. von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. In Gerichtsverfahren, so etwa bei Zeugenaussagen oder der Bemessung einer Kompensationszahlung, hat eine Frau eine deutlich geringere Position als ein Mann. Oft wiegt ihre Aussage nur halb so viel wie die des Mannes.
Weitere Vorbehalte gegenüber der UN-Frauenrechtskonvention ist
das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ist von fast allen Staaten weltweit ratifiziert worden. Die meisten islamischen Länder haben jedoch zahlreiche Vorbehalte angebracht bzw. den Vorrang des islamischen Rechts reklamiert, so etwa das Königreich Saudi Arabien wörtlich: «In case of contradiction between any term of the Convention and the norms of islamic law, the Kingdom is not under obligation to observe the contradictory terms of the Convention.» Auch wenn die Zulässigkeit solch genereller Vorbehalte höchst umstritten ist, zeigt sich damit klar der Unwille vieler muslimischen Staaten, den Frauen Rechte einzuräumen, die über das islamische Recht hinausgehen.

Vor der islamischen Revolution von 1979 gab es im Iran keinen staatlich verordneten Kleiderzwang. Photo by Iran Journal

Die Revolution der Frauen

Seit den 1980er Jahren hat sich neben der schon existierenden säkularen feministischen Bewegung in verschiedenen islamischen Ländern eine islamische Frauenrechtsbewegung entwickelt, die versucht, durch Neuinterpretation der religiösen Quellen für eine Gleichstellung von Mann und Frau im Islam zu argumentieren. Eine andere Argumentationsstrategie greift auf ein „goldenes Zeitalter“ im Islam zurück und möchte damit frauenfeindliche Interpretationen und Praktiken als unislamisch darstellen. Dazu gab es erst vom 25. November, der Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember, dem Tag der Internationalen Menschenrechte, in Afghanistan sehr viele Kundgebungen und Veranstaltungen. Die „Orange Days“ fanden 2019 in 70 Länder der Welt statt. Die Hauptthemen der islamischen Feministinnen beziehen sich auf rechtliche Fragen wie die Gleichstellung der Ehepartner, Zwangsehe, Kinderehe, Scheidung bzw. Verstossung, die männliche Vormundschaft einer Frau und das Sorgerecht, sowie auf Kleidervorschriften der Frau Kopftuch Hijab bzw. Gesichtsschleier Niqab. Auf Fragen zur Sexualität der Frau und insbesondere sexuellen Gehorsam, Gewalt gegen Frauen, wie das Züchtigungsrecht oder die Einbindung von Frauen in religiösen Berufen und in der Moschee, Frau als Vorbeterin, etc.

Im Iran ist es Frauen gesetzlich vorgeschrieben, aufgrund des religiösen Glaubens einen Hidschab zu tragen. Trotzdem begannen Frauen damit, sich dem zu widersetzen. Photo by Iran Journal

Der islamische Feminismus stösst wie der säkulare Feminismus in der islamischen Welt zwar manchmal auf Zustimmung, aber auch vielfach auf Ablehnung. Gerade muslimische Traditionalisten und islamische Fundamentalisten lehnen die Neuinterpretation der religiösen Quellen ab. Unter Umständen werden Vorwürfe wie Verwestlichung und Häresie, also eine verdammende Meinung, gegen islamische Feministinnen angeführt.

Naike Juchem, 28 Dezember 2019

Quellen
– Prof. Dr. Susanne Schröter
– Iran Journal, Women’s rights in Islam
– UN- Frauenrechtskonvention CEDAW 
– Laurel Zwissler, Feminism and Religion: Intersections between Western Activism, Theology and Theory. First published: 16 August 2012
– Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)

Weiterführender Link

https://www.google.com/url?sa=t&source=web&cd=&ved=2ahUKEwiwoJimqKb6AhWoSvEDHSCbBs0QFnoECAYQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.igfm.de%2Ffrauen-im-iran%2F&usg=AOvVaw3s1tMyAEkRc3ROZz3zia8f

Auch ist die Seite My Stealthy Freedom zu empfehlen.

Menschenrechte sind nicht automatisch Menschenrechte

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

So steht es im 1. Artikel der AEMR (Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)


Am 10. Dezember vor 72 Jahren wurde dieser entscheidende und wichtigste Artikel in der Charta der UN (Vereinte Nationen) als Resolution der Generalversammlung im Palais de Chaillot in Paris verabschiedet und festgelegt.

Vor 72 Jahre wurde die Menschenrechtscharta verabschiedet und seit 2011 haben die Vereinten Nationen 193 Mitgliedersstaaten. Man sollte davon ausgehen, dass jeder dieser Staaten jene Charta schon einmal gelesen hat und auch bestrebt ist, diese einzuhalten. Leider ist dies bis heute nicht der Fall. Ob nun von staatlicher oder zivilen Seite aus, Hass, Verfolgungen und Mord gibt täglich gegen LSBTI’s.
Ob nun Afghanistan, Ägypten, Albanien, Angola, Bahrain, Belarus, Brasilien, China, Griechenland, Iran, Jemen, Liberia, Pakistan, Russland, Sudan oder Türkei, um nur mal einige Staaten zu nennen, wo Menschenrechte nicht all zu sehr genau gesehen werden.
Verfolgungen von Minderheiten – ob ethische oder sexuelle sind an der Tagesordnung. Diese reichen von Diskriminierung über Verurteilung bis hin zu Hinrichtungen.

Die EU hat ihr menschenrechtliches Fundament nach und nach verscherbelt

Am 18. März 2020 jährte sich das Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens zum vierten Mal. Seit sechs Jahren sorgt die EU dafür, dass tausende Menschen, die über die Türkei auf den griechischen Inseln ankommen, unter dramatischen Bedingungen in vollkommen überfüllten Flüchtlingslagern leben müssen. Seit dieser Zeit wird der Zugang zu rechtsstaatlichen Asylverfahren für die Ankommenden erschwert. Seit sechs Jahren warnen Menschenrechtsaktivist*innen vor einer Verschlimmerung der Lage in den Flüchtlingeslager und seit sechs Jahren verschlimmert sich diese täglich. Der Preis dafür, dass die Türkei einen Großteil der Flüchtlinge jahrelang von der Weiterreise nach Europa abgehalten hat, ist nicht nur ein finanzieller. Eine unausgesprochene Prämisse des EU-Türkei-Deals war von Anfang an, die mit der Schließung von Grenzen einhergehenden Menschenrechtsverletzungen gegen Geflüchtete an die Türkei zu delegieren. Nichts anderes hat die EU zuvor schon mit einigen afrikanischen Ländern gemacht, die zum Beispiel über die Zahlung von Entwicklungshilfegeldern zur Kooperation beim »Migrationsmanagement«, also bei der Verhinderung von Flucht und Migration nach Europa, gebracht wurden. Gerade nordafrikanische Länder wie Ägypten oder Libyen, von wo aus vor allem Geflüchtete aus Afrika die Überfahrt nach Europa wagen oder wagten, profitieren von Zahlungen aus Europa. Obwohl in diesen Ländern nachweislich gefoltert wird, investiert die EU in die dortigen Sicherheitsapparate, wenn dafür Flüchtlinge und Migrant*innen von der Überfahrt abgehalten werden. Diese Menschenrechtsverletzungen sahen und sehen wir immer wieder in den Medien und es wird von staatlichen Seiten nichts dagegen unternommen. Artikel 1 der AEMR wird selbst von dem höchsten Parlament in Europa nicht beachtet.

Nun ein paar Worte von Soussan Sarkosh aus dem iz3w (Informationenszentrum 3. Welt) der UN von Mai/ Juni 2020 Ausgabe 378.

„Nach der Islamischen Revolution 1979 wurde vieles verboten: Musizieren, Gesang der Frauen, Tanzen, Feste mit beiden Geschlechtern, der Konsum von Alkohol und vieles mehr. In all den Jahren seither kam es oft vor, dass die Sittenpolizei eine Wohnung stürmte, in der gefeiert wurde, egal ob es ein Kindergeburtstag war oder eine sonstige Familienfeier. Wehe, wenn Jugendliche feierten, sie wurden verhaftet und erst nach Peitschenhieben oder Geldstrafe freigelassen. Wobei nach den eigenen Bekundungen des Regimes die private Sphäre (Harim) im Islam heilig sein soll. Das öffentliche Leben ist stark eingeschränkt, Literatur, Film und Kunst unterliegen der Zensur, Zeitungen werden geschlossen. Wenn wir heute dennoch im Radio und Fernsehen Musik hören können und trotz großer Ein-schränkungen sogar Konzerte veranstaltet werden, wenn Frauen heute Sport treiben können und zu internationalen Wettkämpfen gehen, wenn Frauen farbig gekleidet und nur mit einem leichten Kopftuch bedeckt in den Straßen promenieren, verdanken wir all das dem kulturellen Kampf von mehreren Generationen junger Menschen. Viele von ihnen haben teuer dafür bezahlt: Mit Gefängnis, mit Verlust des Studien- oder Arbeitsplatzes, mit erzwungener Flucht aus dem Land – und nicht wenige sogar mit dem Leben. Macht das alles eine*n nicht wütend?“

Amsterdam Rainbow Dress Foto: Pinterest

Dies sind zwei Beispiele von „Nur“ Menschenrechtsverletzungen innerhalb der UN. Dieses Thema könnte ich auf alle 193 Mitgliedersstaaten ausweiten. Nun möchte ich aber zu dem eigentlichen Punkt kommen: die Verfolgungen von Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche Menschen – kurz LSBTI

Hasskriminalität

Um erstmal eine Einordnung zu diesem Thema zu schaffen, fange ich mit der Hasskriminalität an.
Die Hasskriminalität ist ein Oberbegriff für politisch motivierte Straftaten und umfasst Straftaten, die ebenso in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, jedoch ideologisch motiviert sind. Das heißt, dass im Gegensatz zur Allgemeinkriminalität politisch motivierte Straftaten vor allem die demokratischen Grundwerte unseres Gemeinwesens und die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte bedrohen.

Das Opfer wird dabei stellvertretend für eine zugeschriebene Gruppe angegriffen, d.h. die Tat gilt eigentlich der ganzen Gruppe. Werden diese Taten öffentlich bekannt, schüchtert und verunsichert dies letztlich eine ganze Gruppe. Dazu zählen auch Taten, die nicht unmittelbar gegen eine Person, sondern im Zusammenhang gegen eine Institution oder Sache verübt werden, z.B. Vandalismus und Sachbeschädigungen an einem Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen.

Erschreckende Zahlen an Übergriffe an LSBTI’s in Deutschland

Laut Bundesinnenministerium wurden für 2020 insgesamt 204 Straftaten dem zum 1. Januar 2020 neu eingerichteten Themenfeld „Geschlecht/Sexuelle Identität“ zugeordnet. Damit sind transphob motivierte Taten gemeint. Bei den dort registrierten 40 Gewaltdelikten handelte es sich in 35 Fällen um Körperverletzungen. Im Unterthemenfeld „Sexuelle Orientierung“ wurden insgesamt 578 Straftaten, davon 114 Gewaltdelikte, mit 109 Körperverletzungen registriert. Diese Taten gelten als homophob motiviert. 

Insgesamt wurden folglich 782 Straftaten von Hasskriminalität gegen LSBTI registriert, darunter 154 Gewalttaten (144 Körperverletzungen). Das ist ein Anstieg von 36% gegenüber 2019. Drei schwulenfeindlich motivierte Morde sind nicht in die Statistik eingegangen.

Laut der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Ulle Schauws (Bündnis 90/ Die Grünen) wurden 2021 dem Unterthemenfeld „sexuelle Orientierung“ insgesamt 870 Fälle zugeordnet, davon 164 Gewaltdelikte.

Dem Unterthemenfeld „Geschlecht/sexuelle Identität“ 340 Fälle, davon 57 Gewalttaten. Aufgrund von Mehrfachnennungen können diese Zahlen nicht einfach addiert werden. So ergeben sich insgesamt 1.051 Straftaten im Bereich der Politisch-Motivierten Kriminalität Unterthemenfeld „Geschlecht/Sexuelle Identität“ UND/ODER „Sexuelle Orientierung“ registriert, davon sind 190 Gewalttaten.

In diesem Jahr gab es allein in Münster, Augsburg und Bremen drei brutale Übergriffe auf LSBTI’s. In Münster endet ein solcher Angriff auf einen Transmann tödlich. Malte C. hatte sich am Rande des CSD in Münster schützend vor eine Gruppe lesbischer Frauen gestellt, die von einem Mann bedrängt und beleidigt wurden. Dieser schlug daraufhin auf ihn ein, Malte C. schlug auf den Asphalt und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Er starb nach sechs Tagen im Koma an seinen Verletzungen.

Nun ein Artikel vom Auswärtigen Amt vom 18. September 22 aus Buenos Aires

Dieses Kleid ist uns eine Nummer zu groß. Das liegt aber nicht an seinem Durchmesser von fast 16 Metern. Sondern: Das „Amsterdam Rainbow Dress“ steht für all die Länder, in denen LGBTQI+ mit Unterdrückung, Verhaftung, Folter und sogar der Todesstrafe rechnen müssen. Es besteht aus mehr als 70 Flaggen – symbolisch für die über 70 Länder, in denen es bis heute strafbar ist, LGBTQI+ zu sein. Das sind mehr als 70 Staaten, in denen eine freie Selbstentfaltung und geschlechtsunabhängige Liebe immer noch gesetzlich verboten sind.

Wir finden, das muss sich ändern. Passend dazu hat Deutschland gerade gemeinsam mit Mexiko den Co-Vorsitz der Equal Rights Coalition übernommen. Aus diesem Anlass „durften“ – wenn man das bei der Symbolik des Kleides überhaupt so sagen kann – unsere Kolleg*innen in Buenos Aires das Kleid vor Ort zeigen.

Wir hoffen, dass das Kleid möglichst bald noch viel bunter ist. Denn: Wenn die betreffenden Länder ihre diskriminierende LGBTQI+ – Gesetzgebung abschaffen, werden die Landesfahnen durch Regenbogenflaggen ersetzt.


Quelle:
– Auswärtiges Amt
– Bundesinnenministerium: Straf- und Gewalttaten im Bereich Hasskriminalität 2019 und 2020 (04.05.2021)
– Dr. phil. Ramona Lenz, medico international. 
– Dr. Soussan Sarkosh, Teheran
– Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) 

Kindersoldaten als Akteure der neuen Kriege

Kindersoldat in Nordvietnam Wikilmages, Pixabay, 5. Dezember 2021.
Pixabay License. Freie kommerzielle Nutzung. Kein Bildnachweis nötig.

Eines vorweg, für den Begriff „Kindersoldaten“ gibt es keine international verbindliche Definition. In Artikel 38 der UN Kinderrechtskonvention ist zwar die Altersgrenze von 18 Jahren für die Rekrutierung in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen festgeschrieben, aber eine Einhaltung jener Resolution gibt es nicht – selbst in Deutschland. Dazu später mehr.

Kinder für den bewaffneten Kampf zu rekrutieren ist kein neues Phänomen. Die Geschichte zeigt, dass es selbst in der Antike bereits Kindersoldaten gab.
UNICEF oder amnesty international, bezeichnen als Kindersoldaten: alle Kämpfer und deren Helfer, die unter 18 Jahre alt sind. Die Cape Towns Principles von 1997 schließen in ihre Definition nicht nur minderjährige Kämpfer, sondern auch Träger, Köche, Informanten und Sexsklavinnen mit ein.

Kindersoldat in den 70er in Afrika Foto Printerest

Als internationales Schutzabkommen zur Verhinderung der Rekrutierung von Minderjährigen trat im Jahr 2002 das UN-Fakultativprotokoll über Kinder in bewaffneten Konflikten als Ergänzung zur UN- Kinderrechtskonvention in Kraft. Von Deutschland wurde es im Jahr 2004 mit einer Klausel zur freiwilligen Aufnahme von 17jährigen ratifiziert. Die Rekrutierung von Minderjährigen unter 15 Jahren gilt nach dem Römisches-Statut  vom 17. Juli 1998  nach dem IStGH ( Internationaler Strafgerichrtshof) in Den Haag als Kriegsverbrechen.

Kindersoldat in Südamerika 2008 Foto Kim Pezz, Pixabay

Präambel von A/CONF.183/9

„Die Vertragsstaaten dieses Statuts –
im Bewusstsein, dass alle Völker durch gemeinsame Bande verbunden sind und ihre Kulturen ein gemeinsames Erbe bilden, und besorgt darüber, dass dieses
zerbrechliche Mosaik jederzeit zerstört werden kann, eingedenk dessen, dass in diesem Jahrhundert Millionen von Kindern, Frauen und Männern Opfer unvorstellbarer Gräueltaten geworden sind, die das Gewissen der Menschheit zutiefst erschüttern, in der Erkenntnis, dass solche schweren Verbrechen den Frieden, die Sicherheit und das Wohl der Welt bedrohen, bekräftigend, dass die schwersten Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, nicht unbestraft bleiben dürfen und dass ihre wirksame Verfolgung durch Maßnahmen auf einzelstaatlicher Ebene und durch verstärkte internationale Zusammenarbeit gewährleistet werden muss, entschlossen, der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu setzen und so zur Verhütung solcher Verbrechen beizutragen, daran erinnernd, dass es die Pflicht eines jeden Staates ist, seine Strafgerichtsbarkeit über die für internationale Verbrechen Verantwortlichen auszuüben,
in Bekräftigung der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und insbesondere des Grundsatzes, dass alle Staaten jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der UN unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen haben, in diesem Zusammenhang nachdrücklich darauf hinweisend, dass dieses Statut nicht so auszulegen ist, als ermächtige es einen Vertragsstaat, in einen bewaffneten Konflikt oder in die inneren Angelegenheiten eines Staates einzugreifen…“
Soweit das Präambel der 38-seitigen Resolution.

Robert, Patrick, Child Soldier – National  Patriotic Front – Monrovia, Liberia, 1996. Foto: Printerest

Ein altes Phänomen in neuen Kriegen

Erst seit Anfang 1990 werden diese Misshandlungen an Kinder durch Hilfsorganisationen oder Journalist_innen hin und wieder öffentlich gemacht.
Im 21. Jahrhundert gibt es mindestens 16 Länder in denen Kindersoldaten im täglichen Einsatz sind.
Nach UNICEF Angaben gibt es allein im Südsudan ungefähr 10.000 und der Zentralafrikanischen Republik 17.000 Kindersoldaten, die zwangsrekrutier sind.
Auch in Kolumbien, Mexiko, Uganda, Nigeria, Sudan, Burkina Fasso, Irak und Syrien, Burma oder Afghanistan Kinder greifen nicht freiwillig zu einer Waffe – sie werden gezwungen.

Im Jahr 2015 missbrauchte die Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria laut den Vereinten Nationen 21 Mädchen als Selbstmordattentäterinnen. Die VN gehen weiterhin davon aus, dass Boko Haram in Nigeria und den angrenzenden Staaten allein im Jahr 2016 rund 2.000 Kindersoldaten zwangsrekrutiert hat.
Die UN haben auch im Jemen, nach der Eskalation des Konfliktes ab März 2015, einen starken Anstieg der Rekrutierung von Kindersoldaten festgestellt und mindestens 1.500 Fälle dokumentiert.

Darüber hinaus ist bekannt, dass Rebellengruppen, wie die Lord Resistance Army in der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo, sowie Terrormilizen, wie Al-Shabaab in Somalia zahlreiche Kindersoldaten für ihre Zwecke missbrauchen.

Junge im Bürgerkrieg in Salvador. Foto: Carlo Bussi, Salvadoren Civil War. Printerest

Die Gründe einer Rekrutierung

Die Armut wird auf der Welt immer größer und folglich steigt der Analphabetismus. Ohne Bildung und Hunger sind Menschen  – insbesondere Kinder sehr leicht zu führen und manipulieren. Milizen, Armee und Terrorgruppen verfügen über Geld, Macht und Lebensmittel. Dies eben durch ihre Gewalt am eigenen Volk oder Ethnischen Minderheiten.

Kindersoldaten werden gezwungen zu töten und zu plündern. Sie werden an die Front geschickt und durch Minenfelder getrieben. Mehr als eine Viertel Million Kinder und Jugendliche werden weltweit als Soldaten missbraucht – sowohl von regulären Armeen wie auch von Rebellengruppen. Darunter sind je nach Konflikt und Land auch fünf bis 20 Prozent Mädchen.

Kinder sind in vielen bewaffneten Kriegsparteien fester Bestandteil der militärischen Infrastruktur. Ihr Alltag ist geprägt durch Gewalt, ihre Erziehung basiert auf bedingungslosem Gehorsam. Kinder sind einfacher zu manipulieren und gehorsamer als Erwachsene.

Diese Kinder werden entführt oder mit falschen Versprechungen und einem geringen Sold gelockt und militärisch gedrillt. Oft werden sie durch Misshandlungen, Drogen oder Geld gefügig gemacht. Mädchen und Jungen werden häufig sexuell missbraucht. Die langfristigen Folgen der Psyche sind katastrophal: Sie werden zu absolutem Gehorsam gezwungen, das Selbstbewusstsein schwindet, sie stumpfen gegenüber Grausamkeiten ab, werden traumatisiert und seelisch schwer verletzt.

Kindersoldat in Kambodscha bei der Roten Khmer. Foto:Sou Vichith, Gamma-Rapho via Getty Images

Was wird gegen den Einsatz von Kindersoldaten unternommen?

In New-York fand vom 8. bis 10. Mai 2002 eine Sonderkommission der
UNO-Generalversammlung zur Lage der Kinder statt. Dabei sollte überprüft werden, ob die beim Weltkindergipfel im Jahr 1990 gesteckten Ziele erreicht worden sind, und wie die Lebensbedingungen für Minderjährige in den nächsten zehn Jahren weiter verbessert werden können. Zum Abschluss der Sondersession wurde ein 21 Punkte umfassendes Dokument mit konkreten Zielen zur Verbesserung der Lage der Kinder und Jugendlichen verabschiedet.

Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, forderte die internationale Gemeinschaft auf, das Zusatzprotokoll nicht nur zu ratifizieren, sondern sich auch aktiv für die Eindämmung dieses Missstandes einzusetzen. Bis bis heute habe lediglich 105 Staaten das Protokoll ratifiziert – die USA gehören nicht dazu.

Foto: Printerest

Verstoß gegen das Völkerrecht

Das humanitäre Völkerrecht ächtet grundsätzlich den Einsatz von Kindersoldaten. In den Zusatzprotokollen I und II der Genfer Konventionen von 1977 wurde festgelegt, dass keine Kinder unter 15 Jahren für den Armeedienst rekrutiert oder bei Kampfhandlungen eingesetzt werden dürfen. Für Minderjährige zwischen 15 und 18 Jahren gelten dagegen Einschränkungen. So sollen zunächst nur die Ältesten zum Militärdienst eingezogen werden.

Die Internationale Arbeitsorganisation der UN definiert mit der Konvention Nummer 182 von 1999 die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten zum Einsatz in bewaffneten Konflikten als eine der schlimmsten Formen von Kinderarbeit.

Das Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention über die Rechte von Kindern und ihrer Beteiligung an bewaffneten Konflikten versucht ebenfalls, Kinder zu schützen. So wird die Beteiligung von Minderjährigen (unter 18 Jahren) an Kampfhandlungen und die erzwungene Rekrutierung von Minderjährigen zum Militärdienst untersagt. Das fakultative Kindersoldaten-Protokoll wurde im Jahr 2000 vereinbart und trat im Februar 2002 in Kraft. Das Protokoll wurde bis Ende 2016 von 166 Staaten unterzeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland hat es am 13. Dezember 2004 ratifiziert.

Kindersoldat in Äthiopien, 11. November 2015. Foto Didier Ruef, Pixabay

Red Hand Day – eine ständige Erinnerung

Der sogenannte Red Hand Day (zu Deutsch: „Tag der roten Hand“) am 12. Februar ist der jährliche Internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten. Dieser Tag erinnert an das Fakultativprotokoll über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten, das am 12. Februar 2002 in Kraft trat.

Kindersoldaten in Deutschland

In Deutschland werden jedes Jahr unter 18-jährige Jungen und Mädchen für die Bundeswehr rekrutiert, im Jahr 2018 waren es insgesamt 1.679. Somit verstößt Deutschland gegen eine Resolution die es selbst 2004 unterzeichnet hat.

Quellen:
– bmvg.de
– IStGH Statut A/CONF.183/9
– terres des homes
– UNICEF
– UNTC (United Nations Treaty Collection)

Fotos
– Wikilmages, Pixabay, 5. Dezember 2021.
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– Sou Vichith, Gamma-Rapho via Getty Images
–  Robert, Patrick, Child Soldier – National  Patriotic Front – Monrovia, Liberia, 1996
– Kindersoldat in Äthiopien, 11. November 2015. Foto Didier Ruef
– Kim Pezz, Kindersoldat in Südamerika 2008
– Carlo Bussi, Salvadoren Civil War