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Grenzübergang Marienborn

Nach dem Zweiten Weltkrieg teilen die allierten Siegermächte Sowjetunion, Vereinigte Staaten von Amerika, Großbritannien und Frankreich – das besiegte Deutschland in Besatzungszonen. Auch Berlin wird in Sektoren geteilt.

Um den Verkehr zwischen den Zonen zu kontrollieren, richten die Allierten 1945 Kontrollpunkte ein. Der Kontrollpunkt Marienborn an der Autobahn Hannover-Berlin liegt unmittelbar an der Grenze zwischen britisch besetzter Zone im Westen und sowjetisch besetzter Zone im Osten.

Mit der Verschärfung der politischen Gegensätze zwischen den Westallierten und der Sowjetunion entwickelt sich der weltweite Ost-West-Konflikt. Der Kontrollpunkt Marienborn liegt an der Naht- stelle zweier feindlicher Machtblöcke – dem kommunistischen Herrschaftsbereich im Osten und den kapitalistischen Demokratien im Westen. Der Konflikt zwischen den Systemen führt zur Teilung Deutschlands in zwei Staaten: Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik.



Der Grenzübergang Marienborn in der DDR wird zum Ort der Grenzsicherung der kommunistischen Diktatur gegenüber dem Westen. Der einzige Zugang der westlichen Alliierten ins geteilte Berlin ent- wickelt sich rasch zur bedeutendsten Kontrollstelle an der innerdeutschen Grenze zur Bundesrepublik. Über sie wird der Reise- und Güterverkehr nach West-Berlin, in die DDR, nach Polen und in die damalige Tschechoslowakei abgewickelt. Für die Mehrheit der Menschen im Osten bleiben Reisen in den Westen ein Traum. Für sie ist die Grenze ein unüberwindbares Hindernis.

Schnell ist der Kontrollpunkt dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen. 1972 bis 1974 entsteht etwa 1,5 Kilometer vom Grenzverlauf entfernt eine neue Grenzübergangsstelle. Auf der nun deutlich großeren Flãche ist eine effektivere Abfertigung des ständig zunehmenden Reiseverkehrs möglich.

Marienborn Passkontrolle, Bespitzelung und Fluchtvereitelung

Prãmien und Auszeichnungen sind nicht nur Leistungsansporn, sie dienen auch der Loyalitätssicherung. Geld- oder Sachprãmien werden für besondere Kontrollerfolge vergeben. Die Medaille für treue Dienste in der Zollverwaltung der DDR erhalten die Mitarbeiter entsprechend ihrer Dienstjahre in Bronze, Silber und Gold

Im Einreisebereich führt der Zollkontrolleur eine Kassierertasche bei sich, um den Mindestumtausch für einen Tagesaufenthalt in der DDR einzuziehen. Die Reisenden müssen mitgeführte Gegenstände und Zahlungsmittel in entsprechende Formulare eintragen, die nach der Abfertigung abgestempelt werden. Während einer Kontrolle nutzen die Zöllner Taschenlampen zum Ausleuchten der Pkw. Lebensmittel und Kosmetikartikel im Gepãck durchsuchen sie mit Sondiernadeln. Bei Transitreisenden beschaut der Zollkontrolleur das Fahrzeug nur von außen und fragt, ob Funkgeräte, Waffen oder Munition mitgeführt werden.



Fluchthelfer und Flüchtlinge nach der gescheiterten Flucht in der Kontrollgarage Ausreise. Nach § 213 Ungesetzlicher Grenzübertritt des DDR-Strafgesetzbuches sind die Vor- bereitung und der Versuch einer Flucht strafbar. Das gilt auch für die Fluchthilfe nach §10. Im Amtsdeutsch Staatsfeindlicher Menschenhandel.

Die Körperdurchsuchung

Das körperliche Durchsuchen von Personen gehört zu den im Zollgesetz der DDR festgelegten Befugnissen der Zollverwaltung. Die Entscheidung für eine solche Kontrolle trifft der Zollamtsleiter, wenn der Verdacht auf einen groben Zoll- und Devisenverstoß vorliegt oder nach einem aufgedeckten Fluchtversuch.
Der Körperdurchsuchungsraum ist ein separierter Bereich, in dem zwei männliche oder zwei weibliche Zollner Reisende abtasten und kontrollieren, die im Verdacht stehen, verbotene Waren oder Gegenstände bei sich zu tragen. Alle mitgetragenen Gegenstände müssen den Zollmitarbeitern ausgehändigt werden. Die Zöllner tasten die verdächtigte Person nach Geld, Waffen oder anderen versteckten Gegenständen ab. Danach muss sie sich ausziehen und sich nach der Kontrolle ihrer Kleidung einer Leibesvisitation unterziehen. Ausgehändigte oder entdeckte Gegenstände können als Beweismittel eingezogen werden.

In der Planwirtschaft der DDR werden die Preise für Grundnahrungsmittel und bestimmte Versorgungsgüter durch staatliche Subventionen niedrig gehalten. Andererseits besteht ein Mangel an hochwertigen Konsumgütern. Die Ausfuhr vieler Waren im Reiseverkehr ist deshalb entweder verboten oder wird mit hohen Zöllen belegt.
Da die eigene Währung nur auf dem Binnenmarkt als Zahlungsmittel dient, benötigt die DDR Devisen, um auf dem freien Weltmarkt einkaufen zu können. Auf die Einfuhr von westlichen Waren werden daher hohe Zolle erhoben.

Bei der Ausfuhr von bestimmten Waren aus der DDR müssen Reisende Genehmigungsgebühren zahlen. Diese werden in DM erhoben und betragen zwischen 50 und 100 % des DDR-Einzelhandelspreises. Dazu gehoren vor allem staatlich subventionierte Konsumartikel wie Spielwaren, Uhren oder Elektrokleingeräte für den Haushalt.
Ein generelles Ausfuhrverbot besteht u. a. für Mark der DDR, Fotoapparate und hitzebeständiges Haushaltsglas sowie für preislich gestützte Waren wie Bettwäsche, Hand- und Tischtücher, Schuhwaren aller Art oder auch für Kartenmaterial.

Besteht der Verdacht, dass bei der Ausreise aus der DDR genehmigungspflichtige Waren von den Reisenden nicht genannt bzw. vorgeführt worden sind, werden Gepäckstücke in einem separaten Raum mithilfe eines Röntgengerätes kontrolliert.



Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit

Die Zollverwaltung zählt zu den bewaffneten Organen der DDR. Damit kommt ihr eine wichtige Rolle bei der Absicherung der SED-Herrschaft nach außen und innen zu. Wegen des ständigen Kontaktes zu westlichen Reisenden, stellen die Zollmitarbeiter für die SED-Führung auch ein Sicherheitsrisiko dar.
Daher wirbt das Ministerium für Staatssicherheit einzelne Zollner als Inoffizielle Mitarbeiter (M) an, um von ihnen Informationen über Gespräche und Verhaltensweisen her Kollegen zu erhalten. 1979 sind alle wichtigen Positionen im Führungsstab des Grenzzollamtes Marienborn mit lM besetzt.

Angehõrige der Zollverwaltung bespitzeln als InoffizileMitarbeiter ihre Kollegen bei der Arbeit und im Privatleben. Dadurch sollen sie, so der Auftrag der Staatssicherheit, „politische Aufweichung, labile Verhaltensweisen, Anzeichen der Korruption und verdächtige Kotakte“ aufdecken und verhinden helfen.

Der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke überreicht das Ehrenbanner des Zentralkomitees der SED an das Grenzzollamt Marienborn. In seiner Rede betont Mielke die enge Zusammenarbeit der Passkontrolleinheit und des Zolls. Im Jahr 1975 sind an der Grenzübergangsstelle Marienborn 21 Menschen an der Flucht gehindert worden, in den ersten Monaten des Jahres 1976 sind es bereits 27.

Tausende DDR-Bürger versuchen trotz der Gefahr von Verhaftung und Tod, in den Westen zu fliehen. Sie wollen die DDR aus politischen, wirtschaftlichen und persönlichen Gründen verlassen. Wichtige Motive sind die fehlende Reise- und Meinungsfreiheit in der DDR sowie die Aussicht auf bessere Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik.
Mit Inkrafttreten des Transitabkommens 1972 dürfen Pkw auf der Durchreise von und nach West-Berlin nur noch bei begründetem Verdacht kontrolliert werden. Viele versuchen nun, in einem Auto versteckt, auf dem Transitweg in den Westen zu gelangen. Entdeckte Flüchtlinge müssen mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu acht Jahren rechnen, ihren Helfern drohen sogar von zwei bis zu 15 Jahre Haft.