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Die Lügen von Vorurteile

Der Fremdenhass in Deutschland wird seit Jahrzehnten auf völlig falsche Behauptungen aufgebaut, weil man nach einem Feindbild sucht. Ob nun gegen den Staat, den Kapitalismus oder Migranten.

Autorin Naike Juchem

Es gab und gibt bereits seit den frühen 1960er Jahre Gruppierungen die sich dem Terror oder Nationalsozialismus verpflichtet fühlen. Diese Gruppierungen haben von einer handvoll bis mehrer tausende Mitglieder. Ihre Motive sind immer gleich: Schuld sind die anderen.

Mit dem Fall der Mauer im Jahr 1989 begann eine neue Ära des Rassismus in Deutschland, der bis heute anhält. Warum aber im Osten?

Als die DDR als Sozialistischer Staat zusammenbrach, standen viele Bürger vor offenen Fragen. Wem 40 Jahre und fast 12 Monate das Denken vorgegeben wurde, musste sich plötzlich mit der immer gewünschten Freiheit auseinandersetzen. Hinzu kamen auf einen Schlag die fast 300.000 Mitarbeiter und Spitzel der Stasi. Diesen Menschen wurde von einem auf den anderen Tag eine Ideologie genommen, für die sie gelebt hatten.
Ihr Feindbild war schnell gefunden: Die anderen.

Ich erinnere mich noch an die Meldungen aus Hoyerswerda im Jahr 1991. Im September kam es zu rassistisch motivierten Angriffen auf ein Flüchtlingswohnheim und Wohnheim für Vertragsarbeiter, dies waren Arbeitnehmer:innen aus anderen sozialistischen Ländern, wie zum Beispiel Vietnam, Mosambik, Kuba oder Angola.
Die Ausschreitungen dauerten mehrere Tage und wurden von hunderten Menschen unterstützt, die die Angriffe teilweise bejubelten. 

In Rostock-Lichtenhagen kam es im August 1992 zu massiven Angriffen auf die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und ein Wohnheim für vietnamesische Vertragsarbeiter wurde mit Molotowcocktails in Brand gesteckt, während sich noch Menschen darin befanden! Auch hier jubelte der Mob und sabotierte sogar die Löscharbeiten der Feuerwehr.

Das aufkommen von Rassismus gerade in Ostdeutschland geht mit der Ergophobie einher. „Die Ausländer nehmen uns die Jobs weg“ wird oft als Grund genannt.
Es folgt die Xenophobie. Hierbei handelt es sich um eine übersteigerte Angst oder Abneigung gegenüber Menschen, die als fremd oder anders wahrgenommen werden. Die BILD und auch die Medien haben dies in den Köpfen der Menschen manifestiert. Schlagwörter wie: Die Islamisierung von Deutschland, oder auch bei der großen Flüchtlingeskrise 2015 wurden die Schlagwörter immer eine Stufe höher. Was anfangs eine Flüchtlingeswelle war, wurde schnell zu einer Welle, dann Flut und später Invasion. Man beachtet die Steigerungsform von einem Wort.
Die Xenophobie griff immer mehr.

Im August 2015 las ich auf Facebook eine Meldung von RTL. Es ging um Flüchtlinge die in der Stadt Hattersheim untergebracht werden sollten. Damals titelte RTL dies mit den Worten: Landrat von Hattersheim ruft wegen Flüchtlinge den Katastrophenalarm aus.
Binnen Minuten überschlugen sich User:innen mit sinnfreien und rassistischen Äußerungen gegen Flüchtlinge.
Niemand der User:innen machte mich Gedanken was der Katastrophenalarm überhaupt ist. Das Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) regelt die Aufgaben des Bundes im Bereich des Bevölkerungsschutzes, sowohl im Verteidigungsfall (Zivilschutz) als auch bei Katastrophen in Friedenszeiten. In einem Passus steht u.a. die bauliche Beschaffenheit von Gebäuden. Es ging einzig und alleine um die Anzahl von Toiletten und Brandschutzverorsnung – also die Anzahl der Türen oder Fluchtwege. Mehr nicht. Der Landrat hatte völlig richtig gehandelt, um Menschen schnellstmöglich eine Unterkunft zu geben. Aus einer banalen Meldung wurde ein Hysterie ausgelöst.

Um nun noch mal auf die Xenophobie zurück zu kommen, liest man ständig in den sozialen Netzwerken Aussagen wie: „Die kriegen alles – wir kriegen nichts.“
Es werden Schlagwörter wie: Bürgergeld, Wohnungen und Renten aufgeführt.

Ich war im September 2015 vor Ort in mehreren Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge gewesen. Diese Fotos sind aus einer Aufnahmeeinrichtung in Trier

Flüchtlinge und Asylbewerber bekommen kein Bürgergeld! Die Menschen bekommen nach dem Asylbewerbergesetz rund 460 Euro im Monat. Auch ist es völliger Unsinn, dass diese Menschen Wohngeld, eine freie Wohnortwahl oder gar Renten bekommen.
Die meisten Asylbewerber und Flüchtlinge leben in ehemaligen Kasernen oder Container die irgendwo in einem Industriegiebt stehen.
Das Thema Rente ist auch so eine Sache, bei der sehr viel falsches geäußert wird.
Nur mal zur Einordnung: Wenn man den Zusammenfall der DDR im Jahr 1990 nimmt, also vor 35 Jahren, haben viele der Ostdeutschen Arbeitnehmer:innen in das Rentensystem nichts einbezahlt – und bekommen trotzdem Rente. Gleiches gilt auch für Kindergeld, Elterngeld und Wohngeld.

Eine „Wohlfühltatmosphäre“ sieht anders aus

Westdeutschland hat seit der Wiedervereinigung etwa 1,6 Billionen Euro an öffentlichen Geldern in den Osten Deutschlands transferiert, um den Aufbau Ost zu unterstützen. Diese Mittel flossen in verschiedene Bereiche wie Infrastruktur, Wirtschaftsförderung, Sanierungen und soziale Projekte. Auch wurde von westdeutschen Arbeiternehmer:innen ein Solidaritätszuschlag vom Lohn abgezogen.
Das die Treuhand und viele Konzerte in Ostdeutschland verbrannte Erde hinterlassen hat, ist hinlänglich bekannt. Dafür kann aber die vorherige Regierung unter Merkel und nachfolgende Politik nichts. Es wurden viele gemacht, bei denen es nicht um das Wohl der Menschen ging. Sich dann aber ein Feindbild zu suchen, dass noch viel weniger dafür kann, ist äußerst primitiv und dumm.

Im Osten von Deutschland ist die mittlerweile rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland sehr stark. In manchen Regionen sogar bei 30–40 Prozent. Gerade die AfD die ständig gegen unsere Demokratie und Sozialstaat sich ereifert, wird dort gefeiert weil sie ihre Propaganda auf Angst aufbaut.
Die Psychologie mit der Ergophobie und der Xenophobie greifen sehr gut. Einfache Wörter, die ständig wiederholt werden bleiben in den Köpfen hängen – auch wenn dies alles nur gelogen ist. Es wird Stimmung und Wahlpropaganda mit der Angst gemacht. Das gleiche Prinzip machen auch Versicherungen mit Hausratversicherungen, Feuer- Wasser oder Elementarversicherungen.

Die AfD macht mit Angst Stimmung bei ihren Wähler:innen



Es sind auch immer die Wähler:innen und Anhänger:innen der AfD die von Manipulation durch die „Staatsmedien“ schreien. Nur weil dort deren Meinung nicht vertreten wird, ist es noch lange keine Manipulation. Die AfD Fans werden von ihrer ach so geliebten Partei manipuliere und merken es gar nicht.
Auffallend ist auch, dass sich ausnahmslos nicht sehr kluge Menschen der AfD verbunden fühlen, weil sie die Komplexität von Politik und Wirtschaft nicht begreifen. Sie sehen nur Punkte die für sie sprechen. Meist sind es dann die Migranten, Flüchtlinge, Asylbewerber, Klimawandel oder EU.

Dokumente über die Bespitzelung von Menschen in der DDR


Fazit
Noch nie war Deutschland so sehr gespalten wie in den vergangenen Jahren.
Das Deutschland eine so hohe Staatsverschuldung hat, liegt auch daran, dass wir eine völlig marode und überschuldete DDR übernommen haben.
Ich war immer für ein vereintes Deutschland. Wenn ich aber den Hass und Hetze sehe, der aus dem Osten von Deutschland kommt und auch immer mehr auf das gesamte Land übergreift, bin ich mir nicht so sicher ob der Fall der Mauer zu verhindern gewesen wäre. Unter dem aktuellen Machthaber von Russland hättet ihr nichts zu lachen.

Naike Juchem, 27. Juli 2025

Zum (Reichs)parteitag der AfD

Auf dem (Reichs)parteitag der AfD am 11. und 12. Januar 2025 in Riesa zeigte die Kanzlerkandidatin Weidel mal wieder ihr wahres Gesicht.

Das Intro, der offizielle Wahlwerbespot der Partei, glich einer Hollywood Inszenierung.
„Wir waren mal ein reiches, ein glückliches Land“, wird in dem Clipp gesagt. Es wird von Klimageld geredet, dem Geld für Flüchtlinge und natürlich werden die Radwege in Peru angesprochen.

Dies reicht offensichtlich aus, um die Wählerschaft von der einzigen Alternative für Deutschland zu überzeugen.
Das es in Deutschland mehrere Menschen gibt, die soziale Unterstützung bekommen, wir großflächig ausgespart. Über die wirre Klimapolitik der AfD will ich jetzt gar nicht schreiben.

Die Radwege in Peru ist offenbar einer der größten Punkte, über den sich der deutsche Michel aufregen kann. Es wird nie die andere Seite der Medallie genannt.

Die KfW ist eine der führenden Förderbanken der Welt. Seit 1948 setzt sie sich im Auftrag des Bundes und der Länder dafür ein, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lebensbedingungen weltweit zu verbessern. Allein 2023 hat sie dafür ein Fördervolumen von 111,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Der Unterschied zwischen „zur Verfügung gestellt“ und „geschenkt“ sollte wohl jedem klar sein.

In Peru leben mittlerweile knapp 80 % der Bevölkerung in Städten. Ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung urbaner Zentren und die Versorgung der Bevölkerung dort sind unzureichende Mobilitätsangebote. Der Verkehrssektor in Peru ist für nahezu 26 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr verantwortlich das entspricht etwa 40 % der Gesamtemissionen des Landes. Die KfW unterstützt das Land daher beim Aufbau nachhaltiger klima- und umweltfreundlicher Mobilitätssysteme. Insgesamt wurden für dieses Programm bisher rund 308 Millionen Euro durch die KfW zugesagt. Rund 288 Millionen Euro davon werden in Form von Krediten bereitgestellt, die zurückgezahlt werden müssen. Darüber hinaus sind mehrere deutsche Unternehmen im Rahmen von den „Radwegen“ mit Beauftragungen in Höhe von insgesamt circa 100 Millionen Euro mit am Start. Also sind dadurch Arbeitsplätze in Deutschland gesichert.

In ihrer radikalen und aggressiven Rede kündigte Weidel auch an, sämtliche Subventionen und Förderprogramme für den Klimaschutz abzuschaffen und das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu streichen.
„Wenn wir am Ruder sind, reißen wir alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!“, brüllt Weidel von der Bütt.

Wenn man sich die Angaben des Statistischen Bundesamtes für das vergangene Jahr anschaut, hat Deutschland rund 142 Terawattstunden Strom aus Windenergieanlagen erzeugt. Dies entspricht einem Anteil von rund 29 Prozent an der gesamten Bruttostromerzeugung in Deutschland.
Na, ob dies mit dem Abriss von Vorteil ist, sei mal in den Raum der Ahnungslosen gestellt.

Das Lieblingsthema der AfD durfte natürlich auch nicht fehlen. So künftige die lesbische Weidel, die mit Sarah Bossard, einer Singhalesein in der Schweiz lebt, vollmundig an, dass Deutschland unter Führung der AfD in der Europäischen Union aus dem Asylsystem aussteigen werde. Selbstverständlich durfte auch ihre Remigration nicht fehlen.

Nun fasse ich den letzten Absatz mal für jene zusammen, die keinen Hauptschulabschluss und Oligophrenie – also Intelligenzminderung haben.
Ihr wollt eine rassistische Kanzlerin, die ihren Wohnsitz in einem anderen Land hat und nicht dem Familiären AfD Mutter-Vater-Kind Idol entspricht.
Herzlichen Glückwunsch für so viel Dummheit.

Naike Juchem, 19. Januar 2025

Die AfD macht immer Stimmung gegen Randgruppen

Viele Bürger in diesem Land sind mit der aktuellen Regierung nicht zufrieden und gar empört.
Ich kann dies alles auch verstehen und nachempfinden.
Eine Partei, die sich als Alternative für Deutschland brüstet, ist alles andere als alternativ.
Wer trotzdem meint sich benachteiligt zu fühlen und Parolen glaubt, wie zum Beispiel: „Die bekommen…“, sollte sich mal die Mühe machen und das Parteiprogramm jener „Alternative“ durchlesen.
Niemand kann heute sagen: „Ich habe es nicht gewusst.“
Dank Internet ist dies sogar vom Sofa aus möglich.

Da fehlen einem die Worte

Der Deutschen Bundestag wird bei einem regulärem Verlauf der Wahlperiode voraussichtlich im Herbst 2025 gewählt. Also noch eineinhalb Jahre – voraussichtlich.

Solche „Meinung“ kann man öffentlich an den Straßen lesen.

Die AfD macht immer Stimmung gegen Randgruppen und hat in den vergangenen Jahren nichts – aber auch gar nichts an konstruktiver Politik gezeigt. Es wird nur blockiert. Kann man sogar im Internet bei der oft zitierten Lügenpresse nachlesen.

Ich hätte da doch mal eine Frage. Was ist die Lügenpresse überhaupt? Mir fällt da nur eine Boulevardzeitung mit vier Buchstaben ein. Jenes Fachblatt für Hass, Hetzte und Übertreibung soll plötzlich der Maßstab der Presse sein? Sorry, ich wickel dort noch nicht einmal einen Fisch ein.

Mit Angst macht man Stimmung

Mit Angst macht man Stimmung in der Bevölkerung. Dies kann man jeden Morgen in schwarzen Großbuchstaben für ein paar Cent auf jenem Fachblatt sehen.
Die AfD schlägt in die gleiche Kerben. Nur bezahlen wir diese „Abgeordneten“ jeden Monat für ihren Hass, Hetzte und Lügen.

Wer sich mal die Geschichte anschaut, wird parallelen zu der dunkelsten Epoche in Europa sehen. Der Flächenbrand an Rechtspopulismus greift in Europa immer weiter um sich.
Wollen wir ins Jahr 1938 wieder zurück?

Es ist immer leicht, Migranten und Randgruppen für alles verantwortlich zu machen. Das die Politik und der Kapitalismus durch irrsinnige Subventionen Länder in Afrika oder Asien an die Wand drückt, sehen viele Mitbürger nicht. Länder und Menschen werden ausgebeutet und zerstört. Wenn dann jene Menschen bei uns vor der Tür stehen, ziehen wir die Grenzen und bauen höhere Zäune. Wir wollen deren Bodenschätze und liefern im Gegenzug unseren Müll oder nicht gebrauchte Lebensmittel(teile) die selbst McDonalds oder andere Fastfood Ketten nicht möchte.
Wir zerstören die Landwirtschaft in Westafrika und sorgen für noch mehr Armut in jenen Ländern, weil man diesen Menschen die Existenz zerstört.

Es werden Kriege geführt, die außer Leid, Tod und Vertreibung nichts bringen. Die Rüstungsindustrie freut sich und so werden immer weiter Waffen exportiert und Flüchtlinge importiert.

Gehen wir mal ins Jahr 2015 zurück, als viele Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien sich auf den Weg nach Europa machten.
Am Anfang war es Flüchtlingsstrom, dann eine Welle, dann eine Flut und am Ende sogar eine Invasion.
Die Konjugation ist der Schlüssel für diese Angst der Bevölkerung.
Es gab und gibt immer eine Steigerung, um noch mehr Angst zu schüren.

Fazit:
Aus Angst wird Wut. Aus Wut wird Hass. Der Hass ist die Lunte am Pulverfass.

Naike Juchem, 4. Februar 2024

Alles wird gut

Hab‘ keine Angst vor Dunkelheit
Frag nicht wohin wir gehen
Wir stolpern einfach vorwärts
Durch ein weiteres Jahrzehnt

Mit vollem Bauch und leerem Kopf
Auf einem Auge blind
Auf der Suche nach Zufriedenheit
Und irgendeinem Sinn

Wir sind auf dem Weg in ein neues Jahrtausend
Bald werden Wunder am Fließband hergestellt
Auf dem Weg in ein neues Jahrtausend

Über Nacht wird alles anders, eine schöne neue Welt

Mit einem Stein in der Hand
Als Souvenir von der Mauer in Berlin
Klopfen wir an die Hintertür vom neuen Paradies
Es ist ein Reich der Träume, in dem Milch und Honig fließt
In dem alle Menschen glücklich sind und jeder jeden liebt

Songwriter: Andreas Frege / Andreas Von Holst (Toten Hosen)

Dieser Text ist von Anfang der 90er Jahre, als sich Europa neu geordnet hatte. Viele von uns haben den Fall der Berliner Mauer im Fernsehen verfolgt. Viele von uns haben den Zusammenbruch des Ostblocks und Fall des Eisernen Vorhang erlebt.
Menschen aus Ostdeutschland und Osteuropa flohen in den heiligen Westen  – wo Milch und Honig fließt.
Wir erlebten plötzlich einen aufkommenden Rassismus und brennende Häuser. Dies nur, weil Menschen auf der Suche nach Zufriedenheit waren – und andere nach einem Sinn.

Die Grenzen der Länder haben Menschen gezogen. Wir hatten einst gefeiert als die Grenze fiel. Im neuen Jahrtausend wird nach höheren Grenzen gebrüllt. Schöne neue Welt.
Die Industriestaaten dieser Welt beuten die sogenannte Dritte Welt aus, damit in diesen unseren Ländern Milch und Honig fließt.
Plötzlich merkt man, dass diese Menschen fliehen und man spricht von ein Flüchtlingsstrom. Dann von einer Welle, einer Flut und am Ende von einer Invasion.

Durch die Steigerungsform wurde und wird eine immer größer werdende Angst und Panik verbreitet. Mit vollem Bauch und leerem Kopf und auf beiden Augen blind, wurde mal wieder ein Feindbild geschaffen. Jene Migranten die randalieren rücken immer in den Fokus der Öffentlichkeit. Jene Menschen sollen dann lieber dorthin zurück gehen wo sie herkommen.
Es gibt aber auch viele Migranten die nicht auffallen, sich integrieren und ihren Teil für unser staatliches System beitragen. Es gibt aber auch genügend einheimische die lieber in der sozialen Hängematte liegen.

Leider haben auch im neuen Jahrtausend viele Menschen einen leeren Kopf und sind auf einem Auge blind, denn sie wollen nur das sehen, was sie sehen wollen und in ihr eigenes Weltbild passt. Sie stolpern einfach vorwärts durch ein weiteres Jahrzehnt.
Die politische Lage in Europa macht vieles nicht besser. Wir sollten aufpassen, dass wir nicht wieder Jahrzehnte zurückstolpern.

Alles wird gut  – irgendwann

Naike Juchem, 27. September 2023

Nie wieder Nationalsozialismus

KZ Dachau. Fotos: Naike Juchem

Wir sehen den Anstieg von Rechtspopulisten in Frankreich, Österreich, Polen, Italien, Ungarn und anderer europäischen Staaten. Die neuen Höhenflüge solcher Parteien resultiert sehr oft aus Unkenntnis der Menschen  und die gleichsame Verbreitung von Fake News via Sozialen Netzwerken. Mit vielem sind die Menschen überfordert und schnappen alles auf, was ihnen Angst macht oder sie nicht zuordnen können/ wollen. Die Boulevardpressen in Europa tun ihr bestes dafür, dass dies auch so bleibt.


Europa hat seit 76 Jahren Frieden und eine Stabilität erreicht, die in vielen Ländern der Welt mit Neid betrachtet wird. Leider ist diese Sicherheit und Stabilität durch immer neueres anfeuern von Nationalismus gefährdet und Menschen mit einer anderen Hautfarbe, Herkunft und Religion werden öffentlich angegriffen, verfolgt und sogar ermordet.
Vielen Einwohner in Europa ist offensichtlich nicht mehr bewusst, in welch einem Zustand Europa nach dem zweiten Weltkrieg war. Niemals dürfen wir eine solche Zeit noch einmal zulassen.

All jene die seit Jahren auf die Straßen gehen um lauthals gegen Ausländer, Flüchtlinge und Migranten ihren Hass öffentlich zeigen, die Häuser anzünden und sogar noch weiter gehen und Menschen umbringen, möchte ich sagen: Nationalismus und Rassismus TÖTET!

Haben die Staaten der Europäische Union nicht genug Leid mit dem Aufstieg der NSDAP erlebt? Wollen so viele Menschen in jene Zeit von 1933 zurück? Wer Krieg erleben möchte, kann dies doch gerne mal in Afghanistan, Syrien, Irak oder nun ganz aktuell in der Ukraine erleben.

Es ist leicht in einem sicheren Land mit all den Vorzügen von Infrastruktur zu leben um andere Menschen zu wünschen, sie sollen doch bitte in ihre Heimat zurückkehren. Wohin? Viele Länder die einst weiter entwickelt waren als Europa wurde und werden täglich zerbombt. Kein Mensch flieht ohne Grund!

Ich möchte nun über eine Begegnung berichten, welche nun 29 Jahre zurückliegt und mir immer wieder vor Augen hält, wie wichtig es ist, sich gegen Antisemitismus, Faschismus und Nationalismus zu stellen.
Jene Begegnung mit Rosemarie wird auch in einem Buch stehen, welches ich noch am schreiben bin.

Am Dienstagnachmittag waren sie am Viktualienmarkt und kamen spontan auf die Idee ins Kino zu gehen.
Am Isartor fanden sie ein Kino welches zu dieser Uhrzeit geöffnet hatte. Im Aushang sahen sie sich die Plakate für die Filmvorführung an. Das Plakat von Schindlers Liste fiel ihnen ins Auge.
„Möchtest du in diesen Film?“    Hannes sah zu Nescha und zog die Schultern hoch „Ich weiß nicht. Die anderen Filme interessieren mich nicht besonders.“
Mit Nescha schaute er über drei Stunden die Abgründe der Deutschen Geschichte.
Der Saal im Kino war etwa zur Hälfte besetzt. Diesen Film in einer vollkommenen Ruhe zu sehen, wirkte auf beide. Kein rascheln, kein räuspern – nichts. Nur Stille.

Nach dem Film mussten Nescha und Hannes sich erst einmal sammeln.
Sie standen im Foyer des Kinos und waren Sprachlos – die Bilder wirkten nach!
An einem Stehtisch neben ihnen erging es einem älteren Ehepaar genau so. Sie kamen mit dem Ehepaar ins Gespräch.

Nach einiger Zeit verließen sie gemeinsam das Kino und gingen in die Stadt einen Cappuccino trinken. In den Gesprächen kam Nescha und Hannes auf ihre Berufe und Einsätze in Kambodscha zu sprechen. Die älteren Herrschaften hörten sehr aufmerksam zu und stellten viele Fragen. Rosemarie und Paul Herrmann waren sehr angenehme Menschen.
Es wurde immer später und die Gespräche nahmen kein Ende, so ging die kleine Gruppe in ein Restaurant in der Nähe der Heiliggeistkirche.

Beim warten auf das bestellte Essen merkte Hannes dass Rosemarie seit länger Zeit etwas bedrückte und sie offensichtlich nicht wusste wie sie es sagen sollte. Immer wieder sah sie zu Paul und dann sagte sie ganz unverhohlen in die kleine Runde, dass sie Jüdin sei und ein KZ überlebt habe. Diese Worte traf Nescha und Hannes wie ein Faustschlag ins Gesicht. Da waren sie nun fünf Stunden mit diesen beiden Herrschaften unterwegs und dann kam so ein Schlag.

Rosemarie erzählte von ihrer Kindheit, von der Willkür der NSDAP, den Demütigungen und auch die Deportation. Hannes hatte das Gefühl als ob sein Hirn einfror. Ein Film zu schauen war etwas völlig anderes, als wenn ein Mensch gegenüber sitzt und das Leben – sein Leben erzählt.
Es wurde ein sehr langer Abend und man verabredete sich für den nächsten Tag. Der Besuch im KZ Dachau.

Hannes lag auf dem Sofa von Nescha und konnte nicht einschlafen. Nescha kam zu ihm ins Wohnzimmer.
„Bist du noch wach?“ „Ja. Nescha, wir stehen vor der Ohnmacht der Geschichte und wissen nicht wie wir damit umgehen sollen. Du und ich kennen die Orte der Killing Fields. Vor drei Jahre sagte ich zu Patricia, ich weiß nicht wie ich reagiere, wenn ich beim graben mit dem Bagger ein Massengrab finde. Dieser Alptraum ließ mich lange nicht los. Zum Glück fahre ich heute kein Bagger mehr, aber was ist, wenn andere aus meinem Team auf ein solches Grab stoßen? Weiter machen? Wir müssen den Zeitplan einhalten. Wie gehe ich damit um?“

Nescha setzte sich zu ihm und umarmte ihn. Sie suchte nach Worten und schüttelte immer wieder stumm den Kopf. „Hannes, mir fehlen gerade die Worte. Wir beide haben in Kambodscha wahrlich genug an Armut und Tod gesehen. Ist es eine gute Idee mit den beiden heute nach Dachau zu fahren?“
Hannes zog die Schultern hoch, er wusste es auch nicht. „Zuviel was wir nicht begreifen können. Zuviel an Demut, Schuld und Scham. Zuviel an Fragen. Nescha, was können wir beide für diese dunkelste Epoche von Deutschland? Du kommst aus der Schweiz und ihr hattet nicht all zu viel mit dem Nationalismus zu tun. Wir sitzen hier mit unserer Jugend und reden über etwas, an dem wir gar nicht Schuld sind und trotzdem haben wir Schuldgefühle. Können wir den Genozid in Kambodscha begreifen? Diese Gräueltaten waren um ein vielfaches mehr, als das was wir von den Nazis kennen. Die Auswirkungen haben wir beide mehr als genug gesehen. Ich bin viel in dem Land unterwegs und sehe 15 Jahre später noch diese grausamste Epoche der Roten Khmer.“

Nescha nickte. Er sah, dass ihr seine Worte oder die Erlebnisse auch zum Denken gaben.
„Darf ich bei dir schlafen?“ „Natürlich. Es wird zwar etwas eng auf deinem Sofa – wird aber schon gehen.“
Nescha lag ihm gegenüber an den Füßen, so war etwas Platz für beide.
Bis früh in den Morgen sprachen sie über die Ohnmacht der Geschichte – für die sie beide nichts konnten.

Um 10 Uhr fuhr Hannes mit dem VW Golf von Nescha am Hotel, am Randgebiet von München, vor. Rosemarie und Paul standen schon am Eingang.
Zusammen tranken sie noch einen Kaffee auf der Terrasse.
Nescha sprach offen die Gedanken der vergangenen Nacht an. „Rosemarie, willst du wirklich nach Dachau fahren? Wir müssen dort nicht hin. Wir beide hatten diese Nacht noch sehr lange über den Film und die Ohnmacht vor der Geschichte gesprochen. Hannes sieht es auch wie ich – wir müssen nicht nach Dachau.“
Mit fester Stimme sagte Rosemarie. „Ich will abschließen. Seit Jahren quäle ich mich und nie hatte ich den Mut der Vergangenheit zu begegnen. Der Film von gestern war ein kleiner Schritt, auch wenn er sehr weh getan hatte. Dann haben wir euch getroffen. Ihr seid auf der Welt unterwegs im Einsatz für Menschen und seht auch genügend Leid und den Tod. Ihr beide versteht es besser als jeder andere Mensch auf der Welt. Mit euch schaffe ich diesen letzten Schritt.“

Es gibt Momente die prägen ein ganzes Leben. Die Begegnung mit Rosemarie zählt dazu. Nescha nickte Hannes zu „Okay, wir gehen mit dir diesen letzten Schritt.“

Hannes fuhr aus München die 20 Kilometer nach Dachau. Je näher er diesem Ort kam, umso größer wurde die Angst in ihm. Was ist, wenn Rosemarie dies nicht schafft? Er dachte an einen Nervenzusammenbruch oder gar an einen Herzinfarkt. Als Medizinstudentin könnte Nescha sofort Erste Hilfe leisten, wenn die Sorgen von Hannes bei Rosemarie eintreten sollten.
Im Rückspiegel sah er Rosemarie und Paul Hand in Hand sitzen. Eine surrealistische Situation. Wie ein junges Liebespaar, welches sich nicht traut sich zu küssen und trotzdem vom Leben gezeichnet und dennoch fest entschlossen war, einen unglaublichen Weg zu gehen.

Die Wegweiser zum KZ kamen immer häufiger, der Puls von Hannes war an seiner Belastungsgrenze und er hörte sein Herz schlagen.
Auf dem Parkplatz angekommen, sah Nescha zu Rosemarie und Paul „Wir müssen dort nicht hin!“ „Doch! Für euch. Für mich und für die Zukunft.“

Nescha nahm die Hand von Hannes. Auch für sie war es eine Belastung. Jeden Schritt näher zu diesem Ort war ein Schritt in die Ohnmacht der Geschichte.
Auch wenn Dachau kein Vernichtungslager war, die Grausamkeiten, die Entgleisung der Menschlichkeit war spürbar und zu sehen: Die Gebäude, Skulpturen, Erinnerungstafeln, die Krematorien.

Mit einer Gruppe von ungefähr 30 Personen wurden sie durch die Anlage geführt. Sie vier, eine Schulklasse der Oberstufe eines Gymnasium aus Unterfranken und noch drei Ehepaare.
Der Mann der die Führung machte, erklärte sachlich und ruhig. Er beantwortete Fragen aus der Gruppe und tat dies mit dem allergrößten Respekt an die Opfer von dem Nationasoziallismus.

Mit der Zeit merkte die Gruppe das Rosemarie mit dem Mann länger sprach und auch sie das ein oder andere beitragen konnte. Irgendwann merkte die Gruppe, dass Rosemarie keine gewöhnliche Touristin war und so bildete sich eine kleine Traube von Menschen um Rosemarie. Rosemarie kamen bei den Erzählungen aus ihrer Kindheit immer wieder die Tränen und Nescha fragte, wie es ihr geht. Von der Gruppe kaum beachtet, hielt Nescha die Hand von Rosemarie und fühlte unauffällig – aber gekonnt ihren Puls. Hannes sah in den Augen von Nescha und diese sagte ihm, dass alles in Ordnung sei.

Nach dieser doch sehr speziellen Führung, zeigten die anderen Besucher aus der Gruppe ihren größten Respekt an Rosemarie und stellten auch Fragen.
Auf einer der Bänke auf dem Gelände saß Rosemarie, Nescha und Paul.
Rosemarie beantwortete ruhig die Fragen der anderen. Hannes stand hinter der Bank und beobachtet die Regungen der Jugendlichen und auch Erwachsenen auf die Schilderungen von Rosemarie. Es tat ihr gut, unter dieser Anteilnahme von Ehrfurcht und Respekt ihre Vergangenheit endlich abzuschließen.

Trotz der angenehmen Temperatur an diesem Tag, war es Hannes kalt. Was Menschen in ihrem Leben erlebt haben, war für ihn nicht zu begreifen. Er dachte an die Bilder von Kampang Rou im Januar 90. Er sprach mit Patricia von einem realen Alptraum. Ein Kinderkarussell war dies gegen das Erlebte von Rosemarie.

Auf dem Rückweg zum Hotel bedankte sich Rosemarie und Paul immer wieder bei ihnen und ließ es sich nicht nehmen, beide zum gemeinsam Essen einzuladen.